Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Lieder handeln von Gottvertra­uen

Franz Wohlfahrt und Quint-Essenz thematisie­ren Religion und Spirituali­tät

-

MENGEN (vr) - Über Grenzen zu gehen und dabei zu sich selber zu finden ist ein Abenteuer, zu dem Franz Wohlfahrt und die Musikerinn­en von Quint-Essenz nach Mengen eingeladen haben. Das geistliche Konzert in der Martinskir­che reihte sich in das Programm des Kreiskultu­rforums ein, das in diesem Jahr kreisweit Veranstalt­ungen zum Schwerpunk­tthema „Religion und Spirituali­tät“anbietet. Kooperatio­nspartner war die Volkshochs­chule Mengen: Leiterin Monika Hapke hieß die vielen Konzertbes­ucher willkommen.

Franz Wohlfahrt hat den Zuhörern in Texten und Gedichten viel von seiner Lebenserfa­hrung geschenkt. Offen sprach er über sein religiöses Tun, seine Gottesbezi­ehung, die Herausford­erungen in der Begegnung mit Menschen und den Tod, die letzte Grenzübers­chreitung. Wenn man älter werde, bekomme man den Blick für die zweite Hälfte des Lebens, für die nicht geheilten Erfahrunge­n und brüchigen Stellen, für die letzte Grenze, erklärte er. Mit einem Instrument­alstück stimmten er, Stefany Wohlfahrt, Marita Bodon und Gisela Hecht das Publikum ein. Sie gaben Zeit, anzukommen und hineinzuhö­ren. So begann ein eindrucksv­oller Abend, in dem existenzie­lle Fragen und letzte Dingen zur Sprache kamen.

Hügel sind Heimat

Die Kindheit habe ihn geprägt: Der spärliche naturverbu­ndene Alltag mit den vielen Geschwiste­rn im Allgäu auf einem Hof, den langen Wintern, der Angst vor Gewittern und mit Vaters Tod, als das Kind gerade neun Jahre alt war. Und doch seien diese Hügel Heimat. Die Tiefe der Empfindung­en kam durch die lyrischen Texte und die sinnerfüll­ten Lieder zum Ausdruck.

Während einer persönlich­en Krise im Erwachsene­nalter fand Franz Wohlfahrt Kraft in einem privaten Bibelkreis, zu dem ein Freund ihn mitnahm. Das Wort Gottes habe neues Vertrauen in ihm geweckt, erzählt der Künstler. Auf die wichtigste­n Dinge habe man ja keinen Einfluss. Eltern, Geschwiste­r, Heimatort, Religion, Lehrer und Ehepartner werden einem vom Leben gegeben.

Quint-Essenz und Franz Wohlfahrt sangen zu den schweren Gedanken Lieder, die von einem unerschütt­erlichen Gottvertra­uen und unbeirrbar­en Mut geprägt waren. Franz Wohlfahrt übte aber auch scharfe Kritik am Kapitalism­us, an der Gier und Ruhelosigk­eit der Menschen. Auf einer langen Tapete hatte er die Worte „immer höher, immer weiter, immer mehr“unendliche Male wiederholt. Das kapitalist­ische System spalte die Menschheit, setze Werte außer Kraft. Aber dann gehe doch jeder mit leeren Händen aus der Welt, machte Franz Wohlfahrt bewusst.

Zeit zu haben sei die große Sehnsucht der Menschen. „Mol nix macha müssa. Aber dann macht man doch ebbes, weil ma es itt aushalta ka“, stellte Franz Wohlfahrt fest. Der Abend war wohltuend und warmherzig. Wohlfahrt hat die Härte der conditio humana angesproch­en und sie künstleris­ch verarbeite­t. Am Ende mutete sein bekanntes Lied „Oifach leaba“wie eine Art Credo an, dem sich viele Besucher singend anschlosse­n.

 ?? FOTO: VR ?? Franz Wohlfahrt und Quint-Essenz singen in der Martinskir­che.
FOTO: VR Franz Wohlfahrt und Quint-Essenz singen in der Martinskir­che.

Newspapers in German

Newspapers from Germany