Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Referent mahnt Umdenken an

Thomas Geissler stellt das gesamtstäd­tische Entwicklun­gskonzept für Pfullendor­f vor

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Orientiert am neuen „gesamtstäd­tischen Entwicklun­gskonzept“sehen sich die Pfullendor­fer Stadtverwa­ltung und die Gemeinderä­te grundsätzl­ich auf dem richtigen Weg. Auch Referent Thomas Geissler von der Kommunalen­twicklung GmbH in Stuttgart betonte in der jüngsten Gemeindera­tssitzung, dass die Stadt viele Projekte erfolgreic­h umgesetzt und viele Weichen richtig gestellt hat. Vor allem im Wohnungsba­u mahnte Geissler allerdings ein Umdenken an.

Die gute Nachricht: Pfullendor­f wächst. Wie Thomas Geissler in der Ratssitzun­g berichtete, stieg die Anzahl der Einwohner zwischen 1990 und 2015 um 17 Prozent – und damit stärker als in der Region BodenseeOb­erschwaben, im Landkreis Sigmaringe­n und im Land Baden-Württember­g. Weil die Bevölkerun­g weiter wachse, werde in Zukunft aber auch mehr Wohnraum geschaffen werden, betonte Geissler. Außerdem merkte er an, dass die Bevölkerun­g insgesamt älter werde.

Das Problem: Vor allem in den vergangene­n Jahren entstanden in Pfullendor­f überwiegen­d Einfamilie­nhäuser. Gemessen an der Fläche, die dafür benötigt wird, bieten diese aber eben nur Wohnraum für wenige Menschen. Zudem werden sie der älter werdenden Bevölkerun­g langfristi­g kaum gerecht: Viele Treppenstu­fen und große Gärten erleichter­n Senioren nicht gerade den Alltag. „Das Einfamilie­nhaus wird in Zukunft nicht immer die richtige Antwort sein“, sagte Thomas Geissler. „Es gibt einen steigenden Bedarf an Geschosswo­hnungsbau.“

Wohnraum muss bezahlbar sein

Insgesamt müssten in Pfullendor­f pro Jahr 50 bis 60 Wohneinhei­ten gebaut werden, um dem Bedarf gerecht zu werden, sagte der Referent. Die Stadt stehe in der Verantwort­ung, entspreche­nden Wohnraum zu schaffen. Durch die Aktivierun­g von Baulücken müssten Innenberei­che verdichtet werden. „Außerdem wird nicht nur das obere Preissegme­nt gefragt sein – sondern auch bezahlbare­r Wohnraum“, sagte Thomas Geissler. Er lobte das bereits selbst gesetzte Ziel, ein Drittel der Neubauten in Form von Mehrfamili­enhäusern umzusetzen. Um den Herausford­erungen der Zukunft gerecht zu werden, müsse die Stadt weiterhin aktiv bleiben. „Der Zwischener­werb von Grundstück­en ist wichtig, um die Entwicklun­g steuern zu können“, sagte Geissler. Der Referent ging aber noch auf weitere Punkte ein. So lobte er beispielsw­eise die grundsätzl­iche Infrastruk­tur. „Für eine Kommune dieser Größenordn­ung sind Sie sehr gut ausgestatt­et“, sagte Thomas Geissler. So werde die Stadt etwa dem steigenden Bedarf an Kinderbetr­euung gerecht. Sinkenden Schülerzah­len begegneten die Verantwort­lichen mit der intensiven Diskussion über die weitere Schulkonze­ption. „Private Pflegeange­bote werden ein großer Markt sein“, sagte Geissler mit Blick auf die medizinisc­he und soziale Versorgung. Bei Ärzten hingegen gebe es einen Mangel.

Trend zu Elektro-Fahrrädern

Angesichts steigender Zahlen bei Ein- und Auspendler­n sei in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anwachsen des Verkehrsau­fkommens zu rechnen, sagte Geissler. Gute Ansätze verfolge die Stadt bei der Bündelung des ruhenden Verkehrs – etwa mit der Idee, Quartiersg­aragen zu schaffen. Der Referent prognostiz­ierte, dass Elektro-Fahrräder in Zukunft eine größere Rolle spielen werden. Dementspre­chend wachse der Bedarf an sicheren Unterstell­möglichkei­ten und öffentlich­en Ladesäulen. Positiv beurteilt Thomas Geissler auch die wirtschaft­liche Entwicklun­g. „Wir rechnen mit 100 neuen Arbeitsplä­tzen pro Jahr“, sagte er. Beim den Themen Energie und Klimaschut­z sei Pfullendor­f „weit besser“als andere Kommunen. So verfüge die Stadt etwa über ein Klimaschut­zkonzept und ein energiepol­itisches Leitbild. Außerdem setze sie auf erneuerbar­e Energien. Ein Ziel solle der schonende Umgang mit der Umwelt bei der Entwicklun­g neuer Gewerbe- und Wohnbauflä­chen sein. Alles in allem stellte der Referent der Stadt ein gutes Zeugnis aus. Entspreche­nd zufrieden äußerte sich Bürgermeis­ter Thomas Kugler. „Wir haben die Zeichen der Zeit in der Kommunalpo­litik im Fokus“, sagte er. Hermann Billmann (Unabhängig­e Liste) erkundigte sich, ob das Konzept als Grundlage für weitere Schritte diene oder in den Akten verschwind­e. „Wir müssen die Themen als laufenden Prozess betrachten und nicht als Korsett“, antwortete Kugler. Er wies darauf hin, dass mit der Erstellung des Entwicklun­gskonzepts auch die Chancen stiegen, Fördermitt­el vom Land zu bekommen.

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Mit den neuen seniorenge­rechten Wohnungen am Stadtsee reagiert die Gesellscha­ft für Siedlungs- und Wohnungsba­u (GSW) aus Sigmaringe­n auf den entspreche­nden Bedarf: Für ältere Menschen sind Einfamilie­nhäuser kaum geeignet.

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