Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Referent mahnt Umdenken an
Thomas Geissler stellt das gesamtstädtische Entwicklungskonzept für Pfullendorf vor
PFULLENDORF - Orientiert am neuen „gesamtstädtischen Entwicklungskonzept“sehen sich die Pfullendorfer Stadtverwaltung und die Gemeinderäte grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Auch Referent Thomas Geissler von der Kommunalentwicklung GmbH in Stuttgart betonte in der jüngsten Gemeinderatssitzung, dass die Stadt viele Projekte erfolgreich umgesetzt und viele Weichen richtig gestellt hat. Vor allem im Wohnungsbau mahnte Geissler allerdings ein Umdenken an.
Die gute Nachricht: Pfullendorf wächst. Wie Thomas Geissler in der Ratssitzung berichtete, stieg die Anzahl der Einwohner zwischen 1990 und 2015 um 17 Prozent – und damit stärker als in der Region BodenseeOberschwaben, im Landkreis Sigmaringen und im Land Baden-Württemberg. Weil die Bevölkerung weiter wachse, werde in Zukunft aber auch mehr Wohnraum geschaffen werden, betonte Geissler. Außerdem merkte er an, dass die Bevölkerung insgesamt älter werde.
Das Problem: Vor allem in den vergangenen Jahren entstanden in Pfullendorf überwiegend Einfamilienhäuser. Gemessen an der Fläche, die dafür benötigt wird, bieten diese aber eben nur Wohnraum für wenige Menschen. Zudem werden sie der älter werdenden Bevölkerung langfristig kaum gerecht: Viele Treppenstufen und große Gärten erleichtern Senioren nicht gerade den Alltag. „Das Einfamilienhaus wird in Zukunft nicht immer die richtige Antwort sein“, sagte Thomas Geissler. „Es gibt einen steigenden Bedarf an Geschosswohnungsbau.“
Wohnraum muss bezahlbar sein
Insgesamt müssten in Pfullendorf pro Jahr 50 bis 60 Wohneinheiten gebaut werden, um dem Bedarf gerecht zu werden, sagte der Referent. Die Stadt stehe in der Verantwortung, entsprechenden Wohnraum zu schaffen. Durch die Aktivierung von Baulücken müssten Innenbereiche verdichtet werden. „Außerdem wird nicht nur das obere Preissegment gefragt sein – sondern auch bezahlbarer Wohnraum“, sagte Thomas Geissler. Er lobte das bereits selbst gesetzte Ziel, ein Drittel der Neubauten in Form von Mehrfamilienhäusern umzusetzen. Um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden, müsse die Stadt weiterhin aktiv bleiben. „Der Zwischenerwerb von Grundstücken ist wichtig, um die Entwicklung steuern zu können“, sagte Geissler. Der Referent ging aber noch auf weitere Punkte ein. So lobte er beispielsweise die grundsätzliche Infrastruktur. „Für eine Kommune dieser Größenordnung sind Sie sehr gut ausgestattet“, sagte Thomas Geissler. So werde die Stadt etwa dem steigenden Bedarf an Kinderbetreuung gerecht. Sinkenden Schülerzahlen begegneten die Verantwortlichen mit der intensiven Diskussion über die weitere Schulkonzeption. „Private Pflegeangebote werden ein großer Markt sein“, sagte Geissler mit Blick auf die medizinische und soziale Versorgung. Bei Ärzten hingegen gebe es einen Mangel.
Trend zu Elektro-Fahrrädern
Angesichts steigender Zahlen bei Ein- und Auspendlern sei in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anwachsen des Verkehrsaufkommens zu rechnen, sagte Geissler. Gute Ansätze verfolge die Stadt bei der Bündelung des ruhenden Verkehrs – etwa mit der Idee, Quartiersgaragen zu schaffen. Der Referent prognostizierte, dass Elektro-Fahrräder in Zukunft eine größere Rolle spielen werden. Dementsprechend wachse der Bedarf an sicheren Unterstellmöglichkeiten und öffentlichen Ladesäulen. Positiv beurteilt Thomas Geissler auch die wirtschaftliche Entwicklung. „Wir rechnen mit 100 neuen Arbeitsplätzen pro Jahr“, sagte er. Beim den Themen Energie und Klimaschutz sei Pfullendorf „weit besser“als andere Kommunen. So verfüge die Stadt etwa über ein Klimaschutzkonzept und ein energiepolitisches Leitbild. Außerdem setze sie auf erneuerbare Energien. Ein Ziel solle der schonende Umgang mit der Umwelt bei der Entwicklung neuer Gewerbe- und Wohnbauflächen sein. Alles in allem stellte der Referent der Stadt ein gutes Zeugnis aus. Entsprechend zufrieden äußerte sich Bürgermeister Thomas Kugler. „Wir haben die Zeichen der Zeit in der Kommunalpolitik im Fokus“, sagte er. Hermann Billmann (Unabhängige Liste) erkundigte sich, ob das Konzept als Grundlage für weitere Schritte diene oder in den Akten verschwinde. „Wir müssen die Themen als laufenden Prozess betrachten und nicht als Korsett“, antwortete Kugler. Er wies darauf hin, dass mit der Erstellung des Entwicklungskonzepts auch die Chancen stiegen, Fördermittel vom Land zu bekommen.