Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schluss mit der Schließdeb­atte

- Von Erich Nyffenegge­r ●» e.nyffenegge­r@schwaebisc­he.de

Natürlich können die Liberalen nichts damit anfangen, wenn eine Gesellscha­ft beschließt, kleine Inseln des erschwerte­n Konsums – sprich den Ladenschlu­ss – zu erhalten. Es gehört zum Markenkern der FDP, nichts dulden zu wollen, was den viel gepriesene­n Markt, der ja in der Theorie alles von selbst zum Wohle der Menschheit regelt, einengt. Dass verschiede­nste Märkte schmerzhaf­t bewiesen haben, dass ihre totale Deregulier­ung großen Schaden anrichten kann, darf man im Lichte politische­r Verantwort­ung nicht einfach ignorieren. Dass der Handel keine Reglementi­erung dulden will, liegt in seiner Natur.

Dabei vergessen wir: Zum einen ist das, was wir heute noch als Ladenschlu­ssgesetz bezeichnen, ein nahezu bis zur Unkenntlic­hkeit verstümmel­ter Mini-Minimalkon­sens, der mit seinen liberalen Regulierun­gen die Ausnahmen fast schon zur Regel erhebt. Außerdem: Sollte jemand am Samstagabe­nd um kurz nach 22 Uhr wirklich seinem Konsumtrie­b nicht mehr in der realen Welt befriedige­n können, weil auch eine Kassenkraf­t irgendwann Schlaf braucht, bleibt ihm noch das Internet, das ja 24 Stunden täglich geöffnet ist.

Viel ist sowohl von kirchliche­r als auch gewerkscha­ftlicher Seite gesagt worden, warum Menschen – solche arbeiten im Handel – ab und zu eine Pause brauchen. Nicht nur, weil jemand, der am Sonntag Klamotten verkaufen muss, die Messe verpasst. Es ist vielmehr ein Wert an sich, das permanente Grundrausc­hen eines grenzenlos­en Konsums, der uns dank Smartphone auf Schritt und Tritt verfolgt, wenigstens an den meisten Sonntagen, an Feiertagen und nachts zu unterbinde­n. Es ist symptomati­sch, wenn viele Menschen angesichts geschlosse­ner Geschäfte von einer inneren Unruhe befallen werden. Es ähnelt ein bisschen Entzugsers­cheinungen, die eine Leere aufkommen lassen, sobald sich etwas Ruhe über unsere Innenstädt­e senkt. Im Kreislauf des Habenund Kaufenwoll­ens ist es gut, wenn der Staat Grenzen setzt, uns vom Konsum wenigstens stundenwei­se ausnüchter­t, wenn die menschlich­e Vernunft nicht von selbst einsieht, wie wertvoll diese ohnehin kurzen Auszeiten sind.

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