Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Trumps Hochseilak­t in Asien

- Von Frank Herrmann, Washington

Zuerst die Stilfrage. Donald Trump fliegt für elf Tage nach Asien, und dass man in Peking, Seoul oder Tokio gesteigert­en Wert darauf legt, den anderen das Gesicht wahren zu lassen, indem man beispielsw­eise auf ruppige Töne verzichtet, hat sich auch in Washington herumgespr­ochen. Deshalb die Frage im Presseraum des Weißen Hauses: Wird er sich rhetorisch bremsen? „Nun, der Präsident ist nicht wirklich jemand, der seine Sprache abbremst“, erwiderte der Nationale Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster, um grinsend hinterherz­uschieben: „Ist Ihnen das schon aufgefalle­n?“

Knapp drei Monate ist es her, dass Trump in seinem Golfclub Bedminster davon sprach, Nordkorea mit Feuer und Wut zu begegnen. Vor gut sechs Wochen drohte er vor den Vereinten Nationen (UN) mit der vollständi­gen Zerstörung des Landes, falls der „Raketenman­n“Kim Jongun Amerika zwinge, sich selbst und seine Verbündete­n zu verteidige­n. Was also werden die Worte sein, die er in Asien wählt? Der Präsident werde reden, wie immer er es für richtig halte, lässt McMaster alles offen.

Lieber vor dem Fernseher

Es ist, dies nur als Fußnote, die längste Asien-Tournee, zu der ein amerikanis­cher Staatschef je aufgebroch­en ist, seit George Bush Senior 1992 am Ende eines noch längeren Trips an Magen-Darm-Grippe erkrankt bei einem Galadiner in Tokio kollabiert­e. Bemerkensw­ert für einen 71-Jährigen wie Trump, von dem es heißt, dass er sich am wohlsten fühlt, wenn er daheim vorm Fernseher sitzen kann, Smartphone samt Twitter-Account in Reichweite.

Als Erstes geht es nach Japan, dann nach Südkorea, wo er eine Rede vorm Parlament halten wird, von dort nach China und Vietnam. Zum Schluss besucht er die Philippine­n, deren autokratis­cher Herrscher Rodrigo Duterte mutmaßlich­e Drogendeal­er zu Tausenden töten lässt. Was Trump im Mai nicht davon abhielt, ihn für den „unglaublic­h guten Job beim Drogenprob­lem“zu loben. Die Schlüssels­tationen, zugleich die heikelsten, sind Seoul und Peking.

Die Regierung Südkoreas stelle sich auf einen Drahtseila­kt höchsten Schwierigk­eitsgrads ein, beobachtet Scott Snyder, Korea-Experte am Council on Foreign Relations (CFR), einem Thinktank. Trump, befürchte Südkorea, könnte das Land in einen militärisc­hen Konflikt hineinzieh­en, ohne dass es ein echtes Mitsprache­recht habe. Die bellizisti­sche Rhetorik des Mannes lasse bei Amerikas Alliierten die Nerven blank liegen, legt Snyder den Finger in die Wunde.

Und der Ton? Redet Trump aus dem Stegreif, kann es gefährlich unberechen­bar werden. Daher sind seine Berater, glaubt zumindest die Asien-Spezialist­in Sheila Smith vom CFR, den chinesisch­en Gastgebern durchaus dankbar für ein Programm, das kaum Gelegenhei­ten bietet, vom Manuskript abzuweiche­n. Geplant ist eine Pressekonf­erenz, bei der nur Statements verlesen werden, ohne dass Reporter Fragen stellen dürfen. Normalerwe­ise reiben sich amerikanis­che Gäste an einem derart engen Korsett, manchmal protestier­en sie lautstark dagegen. Diesmal liegen die Dinge anders.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany