Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Polizei ermittelt gegen Kevin Spacey
Mitarbeiter der Filmbranche sprechen von „vergifteter Atmosphäre“am Set
LONDON (AFP) - Der Belästigungsskandal in Hollywood hat auch für Filmstar Kevin Spacey juristische Konsequenzen: Einem Bericht des britischen Fernsehsenders Sky News vom Freitag zufolge leitete die Londoner Polizei Ermittlungen gegen ihn ein. Derweil berichtete ein ehemaliger Schauspielschüler der Internetseite „Vulture“von einem Vergewaltigungsversuch Spaceys, als er
15 Jahre alt gewesen sei. Scotland Yard bestätigte am Freitag, nach einer entsprechenden Anzeige zu einem Vorfall aus dem Jahr
2008 im Süden Londons Ermittlungen eingeleitet zu haben. Namen nannte die Behörde nicht, nach dem Bericht von Sky News trug sich der Belästigungsfall jedoch in der Nähe des Londoner Theaters Old Vic zu, wo Spacey zwischen 2004 und 2015 künstlerischer Leiter war.
Der Streamingdienst Netflix hatte wegen der Anschuldigungen gegen Spacey bereits die Dreharbeiten zur sechsten Staffel von „House of Cards“gestoppt. Acht frühere und gegenwärtige Mitarbeiter der Serie berichteten nun dem Sender CNN von den Übergriffen des 58-Jährigen. Einer warf Spacey vor, ihn in der Anfangsphase der Serie sexuell belästigt zu haben. „Es war ein vergiftetes Umfeld für junge Männer in Reihen der Crew, des Casts und der Statisten, die mit ihm zu tun hatten“, sagte ein ehemaliger Produktionsassistent. „Kevin hatte wenig bis gar keine Skrupel, seinen Status und seine Position auszunutzen.“
Ein ehemaliger Schauspielschüler des Oscarpreisträgers, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte „Vulture“, er habe mit zwölf Jahren Spaceys Schauspielunterricht besucht und zwei Jahre später eine „sexuelle Beziehung“mit ihm angefangen. Nach dem Vergewaltigungsversuch in Spaceys Wohnung aber habe er das Verhältnis abgebrochen. Er bezeichnete Spacey als „Sextäter und Pädophilen“.
Auslöser der jüngsten Debatte sind Enthüllungen, denen zufolge der US-Filmproduzent Harvey Weinstein über drei Jahrzehnte hinweg Frauen sexuell belästigt hat. Mehr als 50 Frauen haben sich mit entsprechenden Vorwürfen gemeldet, darunter Stars wie Gwyneth Paltrow und Angelina Jolie. Mindestens acht Frauen werfen Weinstein Vergewaltigung vor, darunter nun auch Schauspielerin Paz de la Huerta.
Der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff nahm derweil den USSchauspieler Dustin Hoffman in der Wochenzeitung „Zeit“in Schutz. Hoffman soll in den 1980er-Jahren eine damals 17-Jährige während Dreharbeiten bedrängt haben. Schlöndorff nannte die Vorwürfe der heute 49-jährigen Autorin Anna Graham Hunter eine „lächerliche Anklage“. Schlöndorff sagte der „Zeit“, Hoffman sei damals während des Drehs von „Tod eines Handlungsreisenden“(1985) der „Kantinenclown“gewesen. Jeden Montagmorgen habe er das gesamte Team gefragt „Hattest du guten Sex am Wochenende?“, worüber jeder gelacht habe.
Ivanka Trump fordert null Toleranz
Zu Hunters Vorwürfen, Hoffman habe ihr auf dem Weg zu einer Limousine auf den Po gehauen, erklärte Schlöndorff, es sei ein Spiel gewesen, „auf das sie eingegangen ist“, indem sie ihn zurückgeschlagen habe. „30 Jahre später hätte die Betroffene das richtig einordnen können, statt Dustin Hoffman einen ‚Raubvogel‘ zu nennen“, warf der deutsche Filmemacher ihr vor.
Ivanka Trump, Tochter von USPräsident Donald Trump, forderte am Freitag bei der Weltversammlung der Frauen in Tokio null Toleranz bei sexueller Belästigung. Die Belästigungsdebatte war vor rund einem Jahr schon einmal hochgekocht, als zum Ende des US-Präsidentschaftswahlkampfs eine heimliche Aufzeichnung aus dem Jahr 2005 veröffentlicht wurde, in der Donald Trump sich in vulgären Worten mit seinen Übergriffen auf Frauen brüstet. Danach meldeten sich mehrere Frauen zu Wort, die ihm sexuelle Belästigung vorwarfen.