Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ein Altarraum würde mich reizen“
Seit 25 Jahren ist Christoph Stauß als Steinmetz- und Steinbildhauermeister selbstständig
RULFINGEN - Manchmal steht Christoph Stauß nachts in seiner Werkstatt in Rulfingen und fügt noch ein Detail zu einem Grabstein hinzu oder gibt einer Figur den letzten Schliff. „Der Auftrag muss am nächsten Tag fertig sein und ich bin unzufrieden mit mir, dass ich mir nicht mehr Zeit nehmen und ausgeschlafen und mit dem richtigen Licht an diese Arbeit gehen konnte“, sagt er. Dann denke er aber auch an die vielen Denkmäler, an deren Restauration er beteiligt war, und an durch eigene Kreativität geschaffene Dinge, auf die er stolz sein könne. „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich keinen anderen Beruf wählen.“In diesem Monat feiert der Steinmetzund Steinbildhauermeister das 25jährige Bestehen seines Betriebs. Schon früh hat sich Stauß fürs Mittelalter, für Burgen und Ruinen und gotisches Steinwerk interessiert. Als Schüler erhielt er einen Landespreis für Heimatkunde und entschied sich, das Mengener Gymnasium nach der zehnten Klasse zu verlassen, um mit 16 Jahren eine Lehre als Steinmetz und Steinbildhauer im Schwarzwald zu beginnen. „Ich bin ziemlich blauäugig an die Sache rangegangen“, sagt er heute. „Mein Vater war Beamter und hatte keinen Bezug zum Handwerk, und die Berufsberatung ist in der Schule heute viel intensiver als damals bei mir.“
Er folgte seinem Meister auf Baustellen und beim Anfertigen von Grabsteinen auf Schritt und Tritt, lernte so sein Handwerk und bestand
1986 die Gesellenprüfung. Während seines Zivildienstes in einem Lehrlingswohnheim in Freiburg beginnt er sich außerdem für den Beruf des Arbeitserziehers zu interessieren. „Ich habe mich lange in der katholischen Jugendarbeit und bei den Pfadfindern engagiert und hätte mir zu der Zeit auch gut vorstellen können, im sozialen Bereich zu arbeiten“, sagt Stauß.
Projekt mit Langzeitarbeitslosen
Da kam das Angebot des Landratsamts Sigmaringen im Anschluss gerade recht. „Es wurde ein Projekt für langzeitarbeitslose Jugendliche ins Leben gerufen, die die verfallene Burgruine Hornstein unter meiner Anleitung restaurieren sollten.“Unter der Federführung des neu gegründeten Fördervereins ging das Projekt ab 1989 mit Langzeitarbeitslosen weiter. Zehn Jahre lang übernahm Stauß dort die Fachbauleitung, am Ende ehrenamtlich, und sammelte dort eine Menge Erfahrungen im Denkmalbereich. Zweieinhalb Jahre lang arbeitete Stauß zusätzlich beim Bildhauer Stephan Busch und besuchte dann die Meisterschule in Freiburg. „Ich wollte einfach meinen eigenen Betrieb haben und ihn als Meister führen.“Er bestand die Meisterprüfung 1991, baute ab 1992 seinen eigenen Betrieb auf und leitete gleichzeitig die Arbeiten auf der Ruine Hornstein, bis diese 1997 abgeschlossen waren. „Ein Jahr habe ich noch in Inzigkofen gewohnt, bis ich mit meiner damaligen Frau das Pfarrhaus in Rulfingen kaufen und dort meine Werkstatt einrichten konnte“, erzählt Stauß. Leben und Arbeiten an einem Ort, das sei für ihn immer ein Ziel gewesen. „Ich möchte morgens mit der Tasse Kaffee herumgehen und die Arbeiten vom Vortag ansehen können.“
Große Projekte in der Region
In der Region hat sich Stauß schnell einen Namen gemacht. Heute wird er hinzugezogen, wenn es um die Restauration oder Sanierung von ganzen Kirchen, Feldkreuzen, Burgruinen oder Stadtmauern geht. „Etwas ganz Besonderes waren die Arbeiten im Weltkulturerbe in Mittelzell auf der Reichenau“, sagt er. In jüngster Zeit haben Stauß und sein vierköpfiges Team viele größere Projekte in der Nähe abschließen können: die Stadtmauer in Scheer, die Martinskirche und die Innensanierung der Kirche St. Michael in Hohentengen.
Aber auch das Alltagsgeschäft etwa im Bereich von Grabmalen sei mitunter sehr anspruchsvoll. „Es gibt Menschen, die wollen ihre Steine nicht in einem Katalog aussuchen, sondern mit mir etwas Individuelles besprechen oder erarbeiten“, so Stauß.
„Ich bin 50 Jahre alt, und es geht mir gesundheitlich gut“, sagt Christoph Stauß. Trotzdem mache er sich wie alle anderen Handwerker auch Gedanken, was ist, wenn der Beruf einem im Alter immer schwerer fällt. „Ich könnte mir vorstellen, irgendwann einmal nur beratend tätig zu sein und meine Erfahrungen im Bereich Restaurierung und Gestaltung weiterzugeben“, sagt er. Vorher wäre es aber schön, wenn er an einem Wettbewerb für eine Altarraumgestaltung teilnehmen könnte. „Das würde mich schon sehr reizen“, sagt er.