Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Ein Altarraum würde mich reizen“

Seit 25 Jahren ist Christoph Stauß als Steinmetz- und Steinbildh­auermeiste­r selbststän­dig

- Von Jennifer Kuhlmann

RULFINGEN - Manchmal steht Christoph Stauß nachts in seiner Werkstatt in Rulfingen und fügt noch ein Detail zu einem Grabstein hinzu oder gibt einer Figur den letzten Schliff. „Der Auftrag muss am nächsten Tag fertig sein und ich bin unzufriede­n mit mir, dass ich mir nicht mehr Zeit nehmen und ausgeschla­fen und mit dem richtigen Licht an diese Arbeit gehen konnte“, sagt er. Dann denke er aber auch an die vielen Denkmäler, an deren Restaurati­on er beteiligt war, und an durch eigene Kreativitä­t geschaffen­e Dinge, auf die er stolz sein könne. „Wenn ich die Zeit zurückdreh­en könnte, würde ich keinen anderen Beruf wählen.“In diesem Monat feiert der Steinmetzu­nd Steinbildh­auermeiste­r das 25jährige Bestehen seines Betriebs. Schon früh hat sich Stauß fürs Mittelalte­r, für Burgen und Ruinen und gotisches Steinwerk interessie­rt. Als Schüler erhielt er einen Landesprei­s für Heimatkund­e und entschied sich, das Mengener Gymnasium nach der zehnten Klasse zu verlassen, um mit 16 Jahren eine Lehre als Steinmetz und Steinbildh­auer im Schwarzwal­d zu beginnen. „Ich bin ziemlich blauäugig an die Sache rangegange­n“, sagt er heute. „Mein Vater war Beamter und hatte keinen Bezug zum Handwerk, und die Berufsbera­tung ist in der Schule heute viel intensiver als damals bei mir.“

Er folgte seinem Meister auf Baustellen und beim Anfertigen von Grabsteine­n auf Schritt und Tritt, lernte so sein Handwerk und bestand

1986 die Gesellenpr­üfung. Während seines Zivildiens­tes in einem Lehrlingsw­ohnheim in Freiburg beginnt er sich außerdem für den Beruf des Arbeitserz­iehers zu interessie­ren. „Ich habe mich lange in der katholisch­en Jugendarbe­it und bei den Pfadfinder­n engagiert und hätte mir zu der Zeit auch gut vorstellen können, im sozialen Bereich zu arbeiten“, sagt Stauß.

Projekt mit Langzeitar­beitslosen

Da kam das Angebot des Landratsam­ts Sigmaringe­n im Anschluss gerade recht. „Es wurde ein Projekt für langzeitar­beitslose Jugendlich­e ins Leben gerufen, die die verfallene Burgruine Hornstein unter meiner Anleitung restaurier­en sollten.“Unter der Federführu­ng des neu gegründete­n Fördervere­ins ging das Projekt ab 1989 mit Langzeitar­beitslosen weiter. Zehn Jahre lang übernahm Stauß dort die Fachbaulei­tung, am Ende ehrenamtli­ch, und sammelte dort eine Menge Erfahrunge­n im Denkmalber­eich. Zweieinhal­b Jahre lang arbeitete Stauß zusätzlich beim Bildhauer Stephan Busch und besuchte dann die Meistersch­ule in Freiburg. „Ich wollte einfach meinen eigenen Betrieb haben und ihn als Meister führen.“Er bestand die Meisterprü­fung 1991, baute ab 1992 seinen eigenen Betrieb auf und leitete gleichzeit­ig die Arbeiten auf der Ruine Hornstein, bis diese 1997 abgeschlos­sen waren. „Ein Jahr habe ich noch in Inzigkofen gewohnt, bis ich mit meiner damaligen Frau das Pfarrhaus in Rulfingen kaufen und dort meine Werkstatt einrichten konnte“, erzählt Stauß. Leben und Arbeiten an einem Ort, das sei für ihn immer ein Ziel gewesen. „Ich möchte morgens mit der Tasse Kaffee herumgehen und die Arbeiten vom Vortag ansehen können.“

Große Projekte in der Region

In der Region hat sich Stauß schnell einen Namen gemacht. Heute wird er hinzugezog­en, wenn es um die Restaurati­on oder Sanierung von ganzen Kirchen, Feldkreuze­n, Burgruinen oder Stadtmauer­n geht. „Etwas ganz Besonderes waren die Arbeiten im Weltkultur­erbe in Mittelzell auf der Reichenau“, sagt er. In jüngster Zeit haben Stauß und sein vierköpfig­es Team viele größere Projekte in der Nähe abschließe­n können: die Stadtmauer in Scheer, die Martinskir­che und die Innensanie­rung der Kirche St. Michael in Hohentenge­n.

Aber auch das Alltagsges­chäft etwa im Bereich von Grabmalen sei mitunter sehr anspruchsv­oll. „Es gibt Menschen, die wollen ihre Steine nicht in einem Katalog aussuchen, sondern mit mir etwas Individuel­les besprechen oder erarbeiten“, so Stauß.

„Ich bin 50 Jahre alt, und es geht mir gesundheit­lich gut“, sagt Christoph Stauß. Trotzdem mache er sich wie alle anderen Handwerker auch Gedanken, was ist, wenn der Beruf einem im Alter immer schwerer fällt. „Ich könnte mir vorstellen, irgendwann einmal nur beratend tätig zu sein und meine Erfahrunge­n im Bereich Restaurier­ung und Gestaltung weiterzuge­ben“, sagt er. Vorher wäre es aber schön, wenn er an einem Wettbewerb für eine Altarraumg­estaltung teilnehmen könnte. „Das würde mich schon sehr reizen“, sagt er.

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FOTO: JEK Steinmetz- und Steinbildh­auer Christoph Stauß mit seinem Meisterstü­ck, das er vor 25 Jahren für seine Meisterprü­fung angefertig­t hat.

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