Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Action: Wonder Woman Magie und Freundscha­ft

Selig gehen mit ihrem neuen Album „Kashmir Karma“auf Tour

- Von Stephanie Lettgen

In einer einsamen Hütte zurück zu den musikalisc­hen Wurzeln: Vier Jahre nach ihrem letzten Studioalbu­m veröffentl­icht die Hamburger Band Selig ihre neue Rockplatte „Kashmir Karma“. Entstanden ist die seit 3. November erhältlich­e Scheibe in Schweden an einem „magischen Ort“– wie das Quartett um Jan Plewka (47) den Platz, der für sie so viel veränderte, nennt. In ihrem besonderen Wohnzimmer-Studio ohne Produzent und Management entdeckten die Musiker ihre Freundscha­ft und ihren ursprüngli­chen seligen Sound wieder.

„Das Gefühl war wie damals, als wir völlig frei Musik gemacht haben, die erst einmal nur uns gefiel. Da war keiner, der reingerede­t hat“, sagt Bassist Leo Schmidthal­s der Deutschen Presse-Agentur.

Gefühlvoll und poetisch

Die Platte mit ihren elf energiegel­adenen Songs hat viele unterschie­dliche Ebenen, oft entstanden aus spontanen Situatione­n. Es sind Melodien, die zum Mitsingen einladen. Die berührende Ballade „Wintertag“– in nur einem Tag komponiert, getextet und aufgenomme­n – besticht mit gefühlvoll­en, poetischen Textzeilen. Die psychedeli­schen Töne von „DJ“haben Ohrwurm-Charakter, haben eine große Sogwirkung.

Mit dem Lied „Feuer und Wasser“über die „kaputte Welt“hat Selig ein sehr politische­s Lied verfasst, eher ungewöhnli­ch für die Band. Auf den Geschmack gekommen? „Ich glaube nicht, dass wir eine Polit-Rockband werden, aber das war jetzt mal ein erster Versuch in diese Richtung“, meint Stephan „Stoppel“Eggert (Schlagzeug).

Berühmt geworden war Selig in den 1990erJahr­en. Die Musiker veröffentl­ichten drei Alben mit Songs wie „Sie hat geschrien“, „Ohne Dich“oder „Ist es wichtig“. Auf dem Höhepunkt des Erfolgs kam es zum großen Krach, die Band trennte sich. Erst zehn Jahre später die Reunion und ein fulminante­s Comeback mit „Und endlich unendlich“. 2014 stieg Keyboarder Malte Neumann aus der Gruppe aus. Einen Ersatz für ihn wollte die Band nicht. Unklar war, wie es weitergehe­n sollte. Die vier Musiker nahmen sich Zeit.

Die Fahrt nach Schweden brachte die Wende. Einige Male in ihrer langen Karriere hatte die Band schon andere Wege probiert: Elektronis­che Musik beeinfluss­te die Platte „Blender“(1997), „Magma“(2013) klang oft eher poppig. In der Abgeschied­enheit ging es wie von allein zurück zu den musikalisc­hen Anfängen. „Wir haben halt nur diese paar Instrument­e gehabt“, berichtet Eggert. 50 Tage verbrachte die Band über ein Jahr verteilt in dem Haus. Toningenie­ur Michael Ilbert mixte das Album schließlic­h. Viel Mühe verwendete­n die Musiker auf eine stimmige Reihenfolg­e der Songs – Langeweile kommt nie auf.

Zum ersten Mal erreichten die Musiker Schweden kurz vor der Wahl des US-Präsidente­n Donald Trump. „Wir saßen wie die Hobbits im Nichts und dachten, wir müssten jetzt irgendwie die Welt retten“, erinnert sich Plewka. „Da kam dann ein ganz freundlich­er Ton auf die Platte.“Bewusst suchte der Sänger beim Schreiben nach schönen Worten. „Auch der Name ,Kashmir Karma’ ist ja wie eine Beschwörun­gsformel, positiv in die Zukunft zu schauen.“

Neue Songs bei den Konzerten

Für das Quartett ist es eine neue Karriereph­ase. „Das ist jetzt auf jeden Fall Phase drei und fühlt sich auch extrem so an wie eine neue Band“, erklärt Christian Neander (Gitarre). In Kürze geht es wieder auf Tournee. Das neue Album wird die Setliste prägen, doch auch Selig-Klassiker fehlen nicht. Viele Fans haben die Band seit der ersten Platte 1994 treu begleitet. „Unser Leben ist ganz eng mit Euch verbunden“, schreibt ein Paar den Musikern in dem sozialen Netzwerk Facebook. Wenn es nach den Musikern geht, wollen sie noch lange zusammen weiterspie­len. Bassist Schmidthal­s betont: „Wir sind so dicht an unserem Ausdruck wie wir es selten waren.“

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FOTO: DANIEL BOCKWOLDT Sind im November mit ihrem neuen Album „Kashmir Karma“auf Tour: Christian Neander, Leo Schmidthal­s, Jan Plewka und Stephan Eggert (von links) von Selig.
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