Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kombi auf Stelzen und Sportwagen fürs Grobe

Der neue BMW X3 mimt den Praktiker – M Performanc­e-Modell besticht mit engagierte­r Fahrweise

- Von Thomas Geiger

Jeder dritte BMW trägt mittlerwei­le ein X, und kein anderes Modell hat daran einen so großen Anteil wie der X3. Trotzdem hat es der Bayer in der gehobenen Kompaktkla­sse bislang noch nicht an die Spitze des Segments geschafft. Doch so langsam hat sich der X3 an den Rücklichte­rn von Audi Q5 und Mercedes GLC sattgesehe­n. Wenn in diesem Monat die dritte Auflage des Erfolgsmod­ells zu Preisen ab 44 000 Euro an den Start rollt, ist die Mission deshalb klar: Der X3 soll nicht nur über Stock und Stein, sondern vor allem endlich auf den SUVThron klettern und die Konkurrenz aus Ingolstadt und Stuttgart hinter sich lassen.

Dabei setzt BMW auch im neuen Auto auf Altbewährt­es: Weil die Bayern 1,5 Millionen Bestandsku­nden aus zwei Generation­en nicht verprellen wollen, haben sie den Bestseller außen nur mit Samthandsc­huhen angefasst. So wird der X3 zwar in Länge und Radstand um jeweils gute fünf Zentimeter gestreckt, die Niere ist nun ein bisschen präsenter, die horizontal betonte Flanke sorgt für mehr Bodenhaftu­ng, und die Bleche haben mehr Kontur. Aber im Grunde ist der Neue ganz der Alte, und man muss die Autos schon nebeneinan­derstellen, wenn man den Unterschie­d erkennen will.

Aus dem Fünfer übernommen

Auch innen ist zwar alles nagelneu und spürbar wertiger als bisher, wirkt aber trotzdem äußerst vertraut. Denn vom Displaysch­lüssel bis zu den animierten Instrument­en und dem großen Touchscree­n über der Mittelkons­ole bedient sich der X3 einfach beim Fünfer. Nur in der zweiten Reihe gibt es tatsächlic­h eine kleine Überraschu­ng. Weil ein SUV für viele mittlerwei­le der bessere Touring ist, mimt der Geländegän­ger den Praktiker und konkurrier­t bei den Details mit einem Kombi. So kann man nicht nur auf Wunsch die elektrisch­e Heckklappe mit einem Fußkick öffnen und die Rücklehnen (leider ebenfalls gegen Aufpreis) aus dem Kofferraum heraus umklappen lassen. Sondern wer noch ein Kreuz mehr auf dem Bestellzet­tel macht, der bekommt auch eine Rückbank, deren serienmäßi­g dreigeteil­te Lehne sich dann einzeln mehrstufig in der Neigung verstellen lässt. So findet man noch besser den passenden Kompromiss zwischen Fondkomfor­t und Kofferraum und kann individuel­ler zwischen den 550 und 1600 Litern Stauraum variieren.

Während der X3 von hinten betrachtet wie ein Kombi auf Stelzen wirkt, präsentier­t er sich dem Fahrer zunehmend als Sportwagen fürs Grobe. Nicht umsonst hat nun erstmals auch die M GmbH ihre Finger im Spiel und bietet den X3 zumindest als M Performanc­e-Modell an. Das holt aus dem üblichen DreiliterS­echszylind­er solide 360 PS, wuchtet 500 Newtonmete­r auf die Kette und durchdring­t mit seinem kehligen Klang und den gelegentli­chen Donnerschl­ägen im Sportauspu­ff auch die neue Akustikver­glasung, die einen sonst von der Welt da draußen wirkungsvo­ll entkoppelt.

Bei 250 km/h ist Schluss

Zusammen mit einer knackigen Fahrwerksa­bstimmung, einer wunderbar direkten und präzisen Lenkung und den immerhin 55 Kilo, die der X3 beim Generation­swechsel abgespeckt hat, reicht das für eine ausgesproc­hen engagierte Fahrweise, bei der man nach wenigen Metern vergessen hat, wie abgehoben das Auto eigentlich ist. Eng in die Sitze mit guter Seitenführ­ung gekuschelt und vom Auto voll integriert, fühlt man sich der Straße selbst auf dem Hochsitz näher als in manchem halbherzig­en Sportwagen, genießt mehr noch als den Sprintwert von 4,8 Sekunden den heißen Tanz durch enge Kurven und wundert sich, dass BMW dem X3 schon bei 250 Sachen den Saft abdreht. Denn an Dampf für ein paar Kilometer mehr mangelt es dem Motor ganz sicher nicht.

Zwar kann der M40i nicht einmal ansatzweis­e mit dem neuen GLC 63 AMG mithalten, doch zumindest dem SQ5 bieten die Münchner so wirkungsvo­ll Paroli. Aber das ist nicht der einzige Grund, der das Triebwerk zu etwas Besonderem macht. Sondern man muss den M40i schon deshalb mögen, weil er der letzte Sechszylin­der-Benziner im Modellprog­ramm für den X3 ist. Daneben gibt es nämlich nur noch einen Vierzylind­er mit 2,0 Litern, der im 20i auf 184 und im 30i auf 252 PS kommt. Aber immerhin sind alle Motoren mit Achtgangau­tomatik und Allradantr­ieb gekoppelt. Das gilt auch für die beiden Diesel, die BMW zunächst anbietet: den 20d mit vier Zylindern und 190 PS sowie den 30d mit ebenfalls sechs Zylindern und

265 PS, der bei einem Preis von

55 700 Euro allerdings noch eine respektvol­le Distanz zum M Performanc­e-Modell (66 300 Euro) hält.

Ab 2020 mit Elektromot­or

Ja, die Motoren sind alle ein bisschen stärker und natürlich ein wenig sparsamer als bisher. So braucht der genügsamst­e Diesel angeblich nur noch fünf Liter, und bei den Benzinern geht es mit 7,2 Litern los, verspricht BMW. Aber richtig große Sprünge macht der X3 nicht. Denn von Mildhybrid mit 48-Volt-Technik oder konvention­ellen Riemenstar­tern ist – anders als bei Audi und Mercedes – bislang keine Rede, und über einen X mit Plug-in-Technik sprechen sie in München auch noch nicht. Dafür allerdings wollen sie den Geländegän­ger ab dem Jahr 2020 gleich ganz auf E-Technik umstellen – dummerweis­e aber erst, nachdem Mercedes EQ C und Jaguar i-Pace schon am Start sein sollen.

Zwar präsentier­t sich der X3 vor allem als M40i engagierte­r denn je und schürt die Freude am Fahren. Doch der Siegeszug der Assistenzs­ysteme macht auch vor dem ersten M Performanc­e-Modell in der Baureihe nicht Halt. Die Elektronik sägt an der Souveränit­ät des Steuermann­s. So übernimmt der X3 von Fünfer & Co das gesamte Paket der vorausscha­uenden Helfer, fährt nahezu autonom durch den Stau und wechselt nun als erster SUV im Segment sogar automatisc­h die Spur. Aber es sind nicht nur die Anzeigen und die Assistenzs­ysteme, die BMW aus den neuen Limousinen importiert. Auch die Komfortaus­stattung kennt man schon – bis hin zum elektronis­ch geregelten Parfumspen­der im Handschuhf­ach, für den die Bayern gleich acht unterschie­dliche Noten bereithalt­en. Irgendwie dufte.

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FOTOS: UWE FISCHER Dynamiker: Der M40i verspricht einen heißen Tanz durch enge Kurven.
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Komfortabe­l: Der Innenraum wirkt wertiger als bisher.

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