Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bibel-Geschichte in die heutige Zeit geholt
Rund 500 Zuschauer kommen zum Adonia-Musical „Josef“in der Meßkircher Stadthalle
MESSKIRCH - Rund 70 junge Leute haben am Freitagabend in der Stadthalle Meßkirch mit der Aufführung des Musicals „Josef“das Publikum begeistert. Rund 500 Zuschauer kamen. Die Kinder und Jugendlichen, allesamt Laien im Alter von neun bis 19 Jahren, haben mit sichtlicher Hingabe, echter Spielfreude und Lust am Singen tiefen Eindruck hinterlassen.
Sie erzählten die biblische Geschichte des Josefs, der von seinen missgünstigen Brüdern nach Ägypten verkauft worden ist und dort sowohl Achtung und Liebe als auch Verachtung und Hinterhalt erfuhr. Letztendlich siegte in der Geschichte das Gute im Menschen durch seine Fähigkeiten zu bereuen, zu verzeihen und sich miteinander zu versöhnen.
In dem Stück wird Josef von seinen Brüdern, die ihm seinen Beliebtheitsstatus beim Vater neiden, beinahe umgebracht. In Ägypten erwirbt er sich Achtung und hohe Ämter, landet später aber unschuldig im Gefängnis. Josef zweifelt und fragt sich, wie beim Verrat seiner Brüder, ob Gott ihn verlassen hat.
Doch Josefs Geschichte ist nicht zu Ende. Aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten wird er zum zweithöchsten Mann des Landes. Das Amt weiß er weise, erfolgreich und menschlich auszuführen. Seine Untergebenen, vom Küchenpersonal bis zum geringsten Knecht, achten und lieben ihn wegen seiner gerechten und einfühlsamen Führung.
Tolle Choreografie
Die jungen Darsteller auf der Bühne stellten Josefs Popularität mit mitreißendem Gesang und tollen Tanzchoreografien nach. Josefs Schmerz über den Verlust seiner Heimat und den Hass seiner Familie bleibt jedoch im Hintergrund immer spürbar – bis zum bekannten Ende, über dem das große Thema Versöhnung steht.
Das Besondere an dieser Aufführung war, dass die Tausende Jahre alte biblische Geschichte in die heutige Zeit geholt wurde – mit allem, was dazu gehört. Mit der Bierflasche in der Hand puscht sich die jugendliche Geschwistergang gegenseitig mit Hasstiraden gegen den vom Vater so geliebten Bruder auf. „Hey, Alter, willst du noch was auf die Fresse?“– mit diesen und ähnlichen Sprüchen im Slang der heutigen Heranwachsenden holten die jungen Leute die Josef-Story in die Jetztzeit. In ihrem Frust traten und schlugen sie auf den am Boden Liegenden erbarmungslos ein, was dem Szenario ein beklemmendes Gefühl der Aktualität bescherte: Erinnerungen an erst kürzlich in den Nachrichten Gesehenes keimten im Zuschauer auf.
Was das Publikum an diesem Abend erlebt hat, war das Ergebnis eines von der christlichen Jugendorganisation „Adonia“veranstalteten Musicalcamps, in dem interessierte Teenager aus der Region während einer Ferienwoche ein bestimmtes Bibelmusical einstudieren konnten. Zwei Monate vor dem Camp sind den künftigen Mitwirkenden Noten und Texte zum selbstständigen Lernen nach Hause geschickt worden. Erst während des Camps wird das Musical gemeinsam geübt. Anschließend geht die Truppe auf Tour und führt dabei an vier verschiedenen Orten des Landes das Musical auf.
Die jungen Leute wohnen während der Tournee bei Gastfamilien der jeweiligen Veranstalter. Im Fall der Meßkircher Aufführung war dies die freie Christengemeinde der Mennoniten, die die Adonia-Musicaltruppe eingeladen hatte, das Stück in der Stadthalle aufzuführen. Vor dem Hintergrund dieser doch sehr kurzfristigen Entstehungsgeschichte konnte der Zuschauer über die unglaublich authentische und überaus professionelle Aufführung des Musicals nur staunen.