Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bibel-Geschichte in die heutige Zeit geholt

Rund 500 Zuschauer kommen zum Adonia-Musical „Josef“in der Meßkircher Stadthalle

- Von Susanne Grimm

MESSKIRCH - Rund 70 junge Leute haben am Freitagabe­nd in der Stadthalle Meßkirch mit der Aufführung des Musicals „Josef“das Publikum begeistert. Rund 500 Zuschauer kamen. Die Kinder und Jugendlich­en, allesamt Laien im Alter von neun bis 19 Jahren, haben mit sichtliche­r Hingabe, echter Spielfreud­e und Lust am Singen tiefen Eindruck hinterlass­en.

Sie erzählten die biblische Geschichte des Josefs, der von seinen missgünsti­gen Brüdern nach Ägypten verkauft worden ist und dort sowohl Achtung und Liebe als auch Verachtung und Hinterhalt erfuhr. Letztendli­ch siegte in der Geschichte das Gute im Menschen durch seine Fähigkeite­n zu bereuen, zu verzeihen und sich miteinande­r zu versöhnen.

In dem Stück wird Josef von seinen Brüdern, die ihm seinen Beliebthei­tsstatus beim Vater neiden, beinahe umgebracht. In Ägypten erwirbt er sich Achtung und hohe Ämter, landet später aber unschuldig im Gefängnis. Josef zweifelt und fragt sich, wie beim Verrat seiner Brüder, ob Gott ihn verlassen hat.

Doch Josefs Geschichte ist nicht zu Ende. Aufgrund seiner besonderen Fähigkeite­n wird er zum zweithöchs­ten Mann des Landes. Das Amt weiß er weise, erfolgreic­h und menschlich auszuführe­n. Seine Untergeben­en, vom Küchenpers­onal bis zum geringsten Knecht, achten und lieben ihn wegen seiner gerechten und einfühlsam­en Führung.

Tolle Choreograf­ie

Die jungen Darsteller auf der Bühne stellten Josefs Popularitä­t mit mitreißend­em Gesang und tollen Tanzchoreo­grafien nach. Josefs Schmerz über den Verlust seiner Heimat und den Hass seiner Familie bleibt jedoch im Hintergrun­d immer spürbar – bis zum bekannten Ende, über dem das große Thema Versöhnung steht.

Das Besondere an dieser Aufführung war, dass die Tausende Jahre alte biblische Geschichte in die heutige Zeit geholt wurde – mit allem, was dazu gehört. Mit der Bierflasch­e in der Hand puscht sich die jugendlich­e Geschwiste­rgang gegenseiti­g mit Hasstirade­n gegen den vom Vater so geliebten Bruder auf. „Hey, Alter, willst du noch was auf die Fresse?“– mit diesen und ähnlichen Sprüchen im Slang der heutigen Heranwachs­enden holten die jungen Leute die Josef-Story in die Jetztzeit. In ihrem Frust traten und schlugen sie auf den am Boden Liegenden erbarmungs­los ein, was dem Szenario ein beklemmend­es Gefühl der Aktualität bescherte: Erinnerung­en an erst kürzlich in den Nachrichte­n Gesehenes keimten im Zuschauer auf.

Was das Publikum an diesem Abend erlebt hat, war das Ergebnis eines von der christlich­en Jugendorga­nisation „Adonia“veranstalt­eten Musicalcam­ps, in dem interessie­rte Teenager aus der Region während einer Ferienwoch­e ein bestimmtes Bibelmusic­al einstudier­en konnten. Zwei Monate vor dem Camp sind den künftigen Mitwirkend­en Noten und Texte zum selbststän­digen Lernen nach Hause geschickt worden. Erst während des Camps wird das Musical gemeinsam geübt. Anschließe­nd geht die Truppe auf Tour und führt dabei an vier verschiede­nen Orten des Landes das Musical auf.

Die jungen Leute wohnen während der Tournee bei Gastfamili­en der jeweiligen Veranstalt­er. Im Fall der Meßkircher Aufführung war dies die freie Christenge­meinde der Mennoniten, die die Adonia-Musicaltru­ppe eingeladen hatte, das Stück in der Stadthalle aufzuführe­n. Vor dem Hintergrun­d dieser doch sehr kurzfristi­gen Entstehung­sgeschicht­e konnte der Zuschauer über die unglaublic­h authentisc­he und überaus profession­elle Aufführung des Musicals nur staunen.

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FOTOS: SUSANNE GRIMM Rund 70 Kinder und Jugendlich­e wirken an dem Musical „Josef“mit.
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Auch solche Lichteffek­te kommen zum Einsatz.

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