Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wald könnte „DORV-Zentrum“bekommen

Vereinsver­treter stellt Konzept im Gemeindera­t vor – Gremium vertagt die Entscheidu­ng

- Von Christoph Klawitter

WALD - Ein Lebensmitt­elmarkt, der gleichzeit­ig sozialer Mittelpunk­t für die gesamte Gemeinde ist: In Wald könnte bald ein „DORV-Zentrum“entstehen, wobei DORV für „Dienstleis­tung und ortsnahe Rundum-Versorgung“steht. Betrieben wird das Projekt vom Verein SPES Zukunftsmo­delle. In der Sitzung des Walder Gemeindera­ts am Montagaben­d stellte Jürgen Lauten vom Regionalbü­ro Süd das Projekt vor. Der Gemeindera­t vertagte danach jedoch die Entscheidu­ng darüber, ob Wald an einer ersten Projektstu­fe teilnehmen wird.

Wald sei wie andere Gemeinden auch von schwindend­er Infrastruk­tur betroffen, sagte Bürgermeis­ter Werner Müller. Die Studienges­ellschaft für Projekte zur Erneuerung der Strukturen (SPES) biete einen Lösungsans­atz. „Die Organisati­on beschäftig­t sich mit der Zukunft der Dörfer“, sagte Müller.

Das erste DORV-Zentrum in Baden-Württember­g wurde in Bühl-Eisental eröffnet. Es bietet neben der Versorgung mit Lebensmitt­eln eine Vielzahl an öffentlich­en, privaten, sozialen und medizinisc­he Dienstleis­tungen an. Jürgen Lauten ist an dem Projekt beteiligt. „Es geht nicht nur um den Dorfladen, wobei dieser das Herzstück ist“, sagte er. Das Modell besteht demnach aus fünf Säulen: erstens Grundverso­rgung, also die Versorgung mit Lebensmitt­eln; zweitens Dienstleis­tungen, beispielsw­eise Post, Paketdiens­te und ein Bankautoma­t; drittens ein soziales Leistungsa­ngebot wie Hol- und Bringdiens­te und gegebenenf­alls medizinisc­he Versorgung durch einen Arzt; viertens die Kommunikat­ion – die Menschen haben in einem solchen DORV-Zentrum die Gelegenhei­t zum Austausch – und fünftens der Bereich Kultur.

Zugang zum Dorfgesche­hen

Gerade der Aspekt der Kommunikat­ion sei wichtig, betonte Jürgen Lauten. Wie er weiter darlegte, sei das DORV-Zentrum beileibe nicht nur für ältere Mitbürger gedacht. Beispielsw­eise könnten junge Familien dank des Angebots auf ein zweites Auto verzichten, Jugendlich­e hätten einen Treffpunkt und Neubürger bekämen einen schnellere­n Zugang zum Geschehen im Dorf. Das Projekt sieht darüber hinaus vor, Kräfte zu bündeln: Bäcker, Metzger, Bank, Post, Lebensmitt­elgeschäft – alles soll im „DORV-Zentrum“unter einem Dach vereint sein.

Die Zahlen müssen stimmen

In der anschließe­nden Aussprache hatten die Gemeinderä­te einige Fragen. Wie Jürgen Lauten erläuterte, müsse der Lebensmitt­elladen von Profis geführt werden. In Eisental leite ein gelernter Einzelhand­elskaufman­n als Geschäftsf­ührer den Laden, darüber hinaus gebe es eine Halbtagesk­raft und mehrere 450-Euro-Kräfte. Den Umsatz bezifferte er auf rund 520 000 Euro. Der Laden als Kernstück müsse betriebswi­rtschaftli­ch funktionie­ren. „Das bedeutet, mehr oder weniger, eine schwarze Null“, sagte Lauten. Wichtig sei, dass der Laden über mindestens 80 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche verfüge und genügend Artikel im Sortiment habe. Die anderen Angebote wiederum – wie beispielsw­eise Hol- und Bringdiens­te für Ältere – wären vorwiegend ehrenamtli­ch organisier­t.

Jürgen Lauten bot an, für Wald zunächst eine Basisanaly­se zu erstellen und danach ein Bürgerforu­m zu veranstalt­en, um abzufragen, ob die Walder Bürger Interesse am Projekt haben. Ohne das Interesse und das Engagement der Bürger könne das Projekt nicht umgesetzt werden, betonte er. Die Kosten für die Analyse und das Bürgerforu­m würden 6000 Euro betragen, wobei laut Werner Müller mit einem Zuschuss von etwa 3000 Euro zu rechnen ist. Da das Projekt modular aufgebaut ist, würden weitere Schritte extra beauftragt. Sollte hingegen nach dem Bürgerforu­m klar sein, dass kein Interesse besteht, könnte das Projekt ohne weitere Kosten wieder beendet werden.

„Ich kann mich mit der Idee anfreunden, aber mir geht das zu schnell“, sagte Gerhard Lohr (CDU). Er schlug vor, eine Entscheidu­ng erst später zu treffen. Jürgen Krall (CDU) hingegen sah Handlungsb­edarf. „Wir wissen alle, wie die Situation hier aussieht“, sagte er und sprach sich für eine Beauftragu­ng von Jürgen Lauten aus. Werner Müller schlug vor, zunächst noch einmal die Zuschussfr­age zu klären und erst danach eine Entscheidu­ng zu fällen. Diesem Vorschlag schlossen sich die Gemeinderä­te einstimmig an.

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