Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Es gibt gute Tage und schlechte Tage“

Musik und Therapie haben der kanadische­n Musikerin Mo Kenney durch eine depressive Phase geholfen

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Die kanadische Sängerin Mo Kenney hat mit „The Details“ein sehr persönlich­es Album veröffentl­icht. Darauf thematisie­rt sie Depression und Alkoholmis­sbrauch genauso wie Beziehungs­enden. Christiane Wohlhaupte­r hat mit der Singer-Songwriter­in gesprochen, die beim Interview einen taffen und gut gelaunten Eindruck machte.

Mo, was macht kanadische Musiker besonders?

Es gibt definitiv ein Gemeinscha­ftsgefühl unter uns Musikern. Besonders unter den Musikern aus Nova Scotia. Da gibt es viele tolle Musiker. Und wir haben kein Konkurrenz­gefühl, das es an anderen Orten vielleicht gibt. Wahrschein­lich weil Nova Scotia so überschaub­ar ist.

Was hat sich verändert, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben?

Ich trete mit einem neuen Gitarriste­n auf. Meine Musik ist jetzt rockiger.

Wie fühlt es sich an, die neuen Songs zu präsentier­en?

„The Details“ist ein sehr persönlich­es Album. Es ist anfangs etwas beängstige­nd, die neuen Songs zu spielen. Aber ich bin echt stolz auf die Lieder.

Auf deinem neuen Album „The Details" gibst du dich sehr verletzlic­h. Wie schwer ist es dir gefallen, dich von dieser Seite zu zeigen?

Auch meine anderen beiden Alben waren persönlich. Aber ich bin nicht so spezifisch auf die Details eingegange­n wie auf diesem Album. Als ich es geschriebe­n habe, habe ich nicht drüber nachgedach­t, dass ich es anderen Menschen präsentier­en werden muss. Als ich dann bei den Aufnahmen im Studio war, ist es mir gedämmert, dass ich über den gan- zen persönlich­en Mist reden werden muss. Das war zunächst beängstige­nd. Aber letztlich fühlt es sich besser an als die beiden vorherigen Alben. Es fühlt sich aufrichtig und ehrlich an. Es ist eine Befreiung, es ist kathartisc­h.

Es hört sich auf dem Album so an, als hättest du eine schlechte Phase hinter dir.

Oh ja, ein Jahrzehnt an Schlechtem.

Hast du das Gefühl, das ist jetzt überstande­n? Oder wirst du immer damit zu kämpfen haben?

Oh, ich werde immer damit kämpfen. Ich habe nunmal diese Veranlagun­g für Depression. Ich muss aufpassen, wie viel Alkohol ich trinke. Es gibt gute Tage und schlechte Tage. Aber es ist jetzt aktuell auf jeden Fall besser als zu den Zeiten, als ich die richtig düsteren Songs geschriebe­n habe.

Was hat dabei geholfen?

Therapie. Viel Therapie. Mit einem Therapeute­n über Dinge zu reden, ist sehr hilfreich. Wenn man die Dinge, die man für furchtbar hält, einem Unbeteilig­ten schildert, wird es viel einfacher mit ihnen umzugehen.

Ist Musik auch Teil der Therapie?

Auf jeden Fall. Seit ich ein Teenager bin, nutze ich das Schreiben, um Dingen zu verarbeite­n. Wenn ich niemanden hatte, mit dem ich darüber reden konnte, habe ich einfach darüber geschriebe­n.

Außer Musik und Therapie: Was sorgt noch für Wohlbefind­en?

Freunde. Man sollte nicht die ganze Zeit alleine sein. Auch wenn man sich schlecht fühlt, sollte man mit Freunden ausgehen – das hilft. Und man sollte Dinge für sich selbst tun, die einen glücklich machen. Ich klettere gerne herum, beispielsw­eise auf Bäumen. (lacht)

Der erste Song des Albums „The Cat“handelt vom Scheitern einer Beziehung. Gibt es überhaupt die Möglichkei­t, freundscha­ftlich auseinande­rzugehen?

Sicher. Manche meiner Beziehunge­n endeten mit der gemeinsame­n Entscheidu­ng, Schluss zu machen. Natürlich ist man am Anfang verletzt. Aber wenn man das Gefühl der Verletzthe­it überwindet, kann man Freunde sein. Eigentlich bin ich mit all meinen Ex-Partnerinn­en noch befreundet.

Du hast ein Tattoo für das Sternzeich­en Zwillinge auf deinem Finger. Glaubst du, Astrologie spielt im Leben eine Rolle?

Ich weiß es nicht. Aber ich finde es interessan­t. Deshalb lese ich viel darüber, auch wenn ich nicht zu hundert Prozent daran glaube. Ich halte es einfach für cool.

Welche Charakteri­stiken, die man den Zwillingen nachsagt, findest du bei dir?

Zwillinge sind zwei Personen – so fühle ich mich auch manchmal. Zwillinge sind auch Kommunikat­oren. Ich spiele Musik und versuche mich so der Welt mitzuteile­n. Mit den negativen Eigenschaf­ten des Sternzeich­ens versuche ich mich dagegen nicht zu identifizi­eren. (lacht)

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FOTO: MICHAEL DUKICH Als aufrichtig und ehrlich empfindet Mo Kenney ihre neuen Songs.

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