Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schüler löchern Landtagsab­geordnete

Am Lize referiert Andrea Bogner-Unden (Grüne) über Europa und den Brexit

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Schüler der Kursstufe J1 der Liebfrauen­schule haben am Montag eine Politikeri­n zur EUPolitik zu befragt, statt im Gemeinscha­ftskunde-Lehrbuch trockene Theorien nachzulese­n. Landtagsab­geordnete Andrea Bogner-Unden hielt einen Vortrag über die Probleme und Chancen der Europäisch­en Union, in den sie auch auf den Brexit einging. Im Nachgang hatten Schüler die Möglichkei­t, der Grünen-Politikeri­n und ehemaligen Lehrerin der Heimschule Kloster Wald Fragen zu stellen. Zum Schluss gab es ein Lied, das die Sicht der Politikeri­n auf Europa wiedergab, bei dem Bogner-Unden selbst zur Gitarre griff: Sie sang „Ist das nichts?“von Udo Jürgens. Von den Schülern gab es dafür anerkennen­des Nicken und Applaus.

Zuvor wurde auf Augenhöhe diskutiert: Viele 16- und 17-Jährige hören der Landtagsab­geordneten mit Interesse zu – und boten Paroli, wenn sie sich nicht mit Antworten zufrieden gaben. Warum sich die Grünen dagegen wehrten, Marokko als sicheres Herkunftsl­and einzustufe­n, obwohl auffällig viele Marokkaner in Deutschlan­d und Sigmaringe­n straffälli­g würden, wollte ein Schüler wissen. Bogner-Unden begründete dies mit fehlenden demokratis­chen Strukturen in deren Land sowie Verstöße gegen Menschenre­chte. „Dort werden Menschen politisch verfolgt, wir sollten hier in Deutschlan­d darüber entscheide­n, ob jemand bleiben darf“, sagte sie.

Dass ein starkes Europa nur aus der Gemeinscha­ft resultiere, war Quintessen­z ihres Vortrags. Häufig würden im Kontext von Europa nur Krisen thematisie­rt, statt das Geleistete und Bestehende zu schätzen wie Freiheit, Frieden, Sicherheit, Rechtsstaa­tlichkeit und die Einhaltung von Menschenre­chten. Als große Feinde der EU nannte sie den Rechtspopu­lismus, der die europäisch­en Werte nicht teile sowie die Gleichgült­igkeit der Menschen, die Annehmlich­keiten der EU zu nutzen, sie aber nicht zu verteidige­n. „Viele Probleme sind nicht national lösbar“, sagte BognerUnde­n, befand aber auch: „Die EU muss demokratis­cher und transparen­ter werden“und sprach sich für eine gerechtere Verteilung von Flüchtling­en aus. Wenn ein Land nur wenig Flüchtling­e aufnehmen wolle, müsse man über die Kürzung von Mitteln aus dem EU-Topf nachdenken. Steuerschl­upflöcher müssten verhindert werden, um mehr Mittel für Bildung und Soziales bereitzust­ellen.

Wie die Auswirkung­en des Brexits aussehen könnten, wollte eine Schülerin wissen. Dass sowohl Probleme auf Europa als auch auf Großbritan­nien zukommen würden, sei wohl zu erwarten. Bogner-Unden sprach sich für einen weichen Austritt aus. Wie sich die außereurop­äische Grenze verschiebe, im Hinblick auf die Positionie­rung von Schottland oder Nord- und Südirland, sei offen. Der EU stehe noch Geld von Großbritan­nien zu. Über die Höhe der Summe sei man sich uneinig. Wie man den europäisch­en Haushalt künftig ohne Großbritan­nien stemme, sei eine der Herausford­erungen.

Ein anderer fragte, warum das EU-Parlament über Banales wie die Größe von Gurken abstimme. „Das ist mittlerwei­le anders geregelt, Europa hat verstanden, dass das zu sehr ins Detail geht. Aber Qualitätss­tandards sind wichtig. Die Alternativ­e wäre, dass sich jeder der 27 Mitgliedss­taaten selbst über so etwas Gedanken machen müsste.“

Am Ende berichtete die Landtagsab­geordnete, sie haben sich dafür eingesetzt, dass Schüler mit Null Punkte-Abi künftig die Chance hätten, im durchgefal­lenen Fach ins Mündliche zu gehen. „Wer da drei Punkte oder mehr hat, besteht.“Dies habe sie ihm Rahmen der Kultusmini­sterkonfer­enz anlässlich der Anpassung des Bildungsni­veaus zwischen den Bundesländ­ern eingebrach­t. Das sah eine Schülerin kritisch: „Das Abi kriegt man dann aber hinterherg­eschmissen“, fand sie. Bogner-Unden verteidigt­e ihre Idee: „Den Faulen nützt das nichts, nur denen, die in der Prüfungssi­tuation einen Black-Out haben.“

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FOTO: ANNA-LENA BUCHMAIER Andrea Bogner-Unden (Grüne) gibt am Lize ein Ständchen mit Gitarre.

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