Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Militärputsch gegen Mugabe
Simbabwes 93-jähriger Staatschef steht unter Hausarrest
HARARE (dpa) - In Simbabwe ist der Kampf um die Nachfolge von Langzeitpräsident Robert Mugabe (93) eskaliert: Das Militär hat in einem Putsch die Macht an sich gerissen, der Staatschef wurde unter Hausarrest gestellt. Dennoch sagte Generalmajor Sibusiso Moyo am Mittwoch, es handle sich nur um eine zeitweise Machtübernahme, nicht um einen Putsch. Es gehe darum, eine „politische, soziale und wirtschaftliche“Krise zu überwinden und darum, Verbrecher in Mugabes Umfeld zur Strecke zu bringen: „Sobald wir unsere Mission erfüllt haben, erwarten wir eine Rückkehr zur Normalität.“Soldaten sollen Finanzminister Ignatius Chombo festgenommen haben.
Mugabe, der seit 1980 regiert, hat die frühere Kornkammer im Süden Afrikas heruntergewirtschaftet. Das verarmte Land leidet seit einer Wirtschaftskrise 2008 unter galoppierender Hyperinflation und einem Zerfall der Landeswährung.
HARARE (dpa) - Fast vier Jahrzehnte hat sich Simbabwes Präsident Robert Mugabe an der Macht gehalten. Selbst mit 93 Jahren schien der gewiefte Politiker noch alles und jeden im Land unter Kontrolle zu haben. Er wollte sogar noch eine weitere Amtszeit regieren. Doch über Nacht wurde ihm vom Militär das Heft des Handelns aus der Hand gerissen. Der Versuch, seine unbeliebte Frau Grace als Nachfolgerin zu installieren, kostet ihn wohl sein Amt. Nun muss er hoffen, sich und seiner Familie zumindest noch einen Abtritt mit der Zusicherung von Straffreiheit oder einen Weggang ins Exil zu sichern.
Die allermeisten Simbabwer haben nie einen anderen Präsidenten als Mugabe erlebt. Doch die Erklärung der Putschisten um vier Uhr morgens beendete die Ära Mugabe mit einem Handstreich. Er wurde unter Hausarrest gestellt, es gibt kein Zurück. „Das Militär hat die Machtstrukturen in Harare jetzt fest im Griff“, erklärte der Analyst Charles Laurie von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. Das krisengeschüttelte Land im südlichen Afrika steht wohl vor der größten Zäsur seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1980.
Unterstützung für Mnangagwa
Am Dienstagabend waren die Soldaten noch diskret in die Hauptstadt Harare vorgedrungen, am Mittwoch hatten sie bereits Parlament, Präsidialamt und andere wichtige Regierungsgebäude umstellt. Soldaten kontrollierten auch wichtige Verkehrsknotenpunkte. Doch die Putsch-Generäle beteuern, sie wollten die Macht nur zeitweise behalten um „Verbrecher“in Mugabes Umfeld auszusortieren, die dem Land schadeten. Experten vermuten, dass mit „Verbrechern“vor allem jene gemeint sind, die sich für die First Lady einsetzten. Finanzminister Ignatius Chombo, einer ihrer prominentesten Unterstützer, wurde noch in der Nacht festgenommen.
Relativ klar scheint auch, wen die Streitkräfte unterstützen: Den vergangene Woche geschassten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa, der lange als Nachfolger Mugabes gehandelt wurde. Der 75-Jährige, der in Simbabwe nur unter dem Spitznamen „das Krokodil“bekannt ist, ist eine Figur des Establishments, er gilt als Hardliner. Mnangagwas Hintergrund als früherer Geheimdienstchef und seine fragwürdige Menschenrechtsbilanz „bedeuten, dass Simbabwes Zukunft in einer gefährlichen Situation ist“, erklärte Analyst Laurie.
Eine lange Herrschaft des Militärs gilt als weniger wahrscheinlich, zumal die Streitkräfte in Simbabwe sehr nahe an der Regierungspartei Zanu-PF angegliedert sind. Das Militär könnte seine neue Machtposition aber nutzen, um Mugabe zu zwingen, Mnangagwa wieder als Vizepräsidenten einzusetzen und selbst zurückzutreten, erklärt Analyst Theophilus Acheampong von IHS Markit. „Mnangagwa wird wahrscheinlich eine Übergangsregierung führen“, erklärte er. Er würde mit dem Makel starten, seine Macht dem Putsch zu verdanken, könnte dann aber schnell Neuwahlen ausloben. Dank den staatlichen Ressourcen und einer zerstrittenen Opposition würde er sie wohl auch gewinnen. Eine bedeutende Kursänderung wäre von ihm nicht zu erwarten.
Nach seiner Absetzung war Mnangagwa nach Südafrika geflohen, inzwischen soll er aber wieder in Simbabwe sein.