Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Silphie wird deutschlandweit angebaut
Hahnennester Landwirte experimentieren mit der Energiepflanze aus Nordamerika
HAHNENNEST - Ein Aushängeschild des Energieparks Hahnennest ist die Durchwachsene Silphie, eine Energiepflanze, die das Unternehmen unter dem Namen „Donau-Silphie“vermarktet. Dass es dazu kam, ist einem Zufall zu verdanken. Vor genau zehn Jahren ist Landwirt Ralf Brodmann beim Quartettspielen mit seinen Töchtern auf das Gewächs aufmerksam geworden. „Es war ein Quartett aus der Zeitschrift Geolino“, berichtet er. Bei dem Spiel sei eine Anbaufläche von fünf Hektar angegeben worden – in diesem Punkt also eine schwache Karte. Doch diese Daten sind inzwischen nicht mehr aktuell:
2017 hat der Energiepark Hahnennest in der gesamten Bundesrepublik
1100 Hektar angepflanzt – Tendenz steigend.
Ralf Brodmann war von der Silphie sofort fasziniert. Von überall her besorgte er sich Samen, um sie in seinem Garten in Burgweiler zu ziehen.
2012, ein Jahr, nachdem die Biogasanlage in Hahnennest gebaut wurde, pflanzte er zu Versuchszwecken einen Hektar der gelb blühenden Pflanzen an. „Damals hatten wir die Pflanzen vorgezogen, weil die Keimfähigkeit des Saatguts bei nur 15 bis
20 Prozent liegt“, berichtet er. Das habe gut funktioniert, doch ein Problem sei Unkraut gewesen. „Das liegt daran, dass die Silphie im ersten Jahr sehr langsam wächst und nur eine bodennahe Rosette bildet“, sagt er. Deshalb habe Unkraut viel Licht und Platz zum Gedeihen.
Im Folgejahr pflanzte er erneut einen Hektar an, diesmal pflanzte er aber keine Setzlinge, sondern verwendete Saatgut. Das habe dann zwar schon gut funktioniert, doch finanziell war der Anbau der Silphie uninteressant. Denn im ersten Jahr, in dem die Pflanze nur eine Rosette bildet, kann sie nicht geerntet werden. Für den Bauern bedeutet das, dass er mit dem Feld keinen Ertrag erwirtschaften kann. „Wir waren kurz davor, die Sache zu beenden“, sagt Brodmann.
Mais ist die Lösung
Doch dann fanden die Landwirte aus Hahnennest eine Lösung für das Problem. Sie säten nochmal aus, diesmal aber weniger Samen. Dafür säten sie auf dem selben Acker in einem zweiten Durchgang zusätzlich Mais an. „Die Kombination Mais und Silphie funktioniert sehr gut“, sagt Brodmann. Weil der Mais schnell wächst, wächst kein Unkraut zwischen den Silphien. Außerdem brachte Mais trotz geringerer Aussaatstärke 80 Prozent seines üblichen Ertrags. Das heißt: Ein Feld, auf dem die Silphie ausgesät wird, kann auch schon im ersten Jahr einen Ertrag bringen.
2015 entschlossen sich die Landwirte aus Hahnennest, den Anbau auf ihrem eigenen Gelände auf 50 Hektar auszuweiten. Hinzu kamen
30 Hektar, die sie mit einem Anbauvertrag für andere Landwirte aussäten. „Wir verfeinern es immer noch, aber die Silphie ist inzwischen praxistauglich und wird großflächig angebaut“, berichtet Brodmann. 2016 waren es 400 Hektar in ganz BadenWürttemberg und Bayern, 2017 schon 1100 Hektar in ganz Deutschland. Inzwischen melden sich schon Interessenten aus dem europäischen Ausland. Außerdem haben die Hahnennester Landwirte eine neue Aussaattechnik entwickelt, mit der nur noch ein Arbeitsgang notwendig ist, um Silphie und Mais gleichzeitig zu säen.
Die Silphie wird über die Brodmann und Metzler GmbH vermarktet. Das Unternehmen übernimmt nicht nur die Aussaat, sondern begleitet auch den Anbau und berät die Kunden beim Umgang mit der Energiepflanze. „Abgesehen davon, dass die Silphie so eine tolle Pflanze ist, macht einen Großteil des Erfolgs die Bestandsgarantie aus, die wir geben“, sagt Brodmann. „Das bedeutet, dass der Landwirt erst zahlt, wenn die Silphie im Feld steht.“Das berge zwar unternehmerisches Risiko, doch es gebe den Kunden Sicherheit. Drei Traktoren fahren also durch ganz Deutschland, von Hahnennest bis nach Kiel, um die Felder nach und nach abzuarbeiten.
Ralf Brodmann hat die Erfahrung gemacht, dass die Silphie kaum Nachteile hat. Ökonomisch sei es zwar schwierig, weil man eine Anbausicherheit von fünf Jahren benötige, bis die relativ hohen Kosten für den Anbau wieder eingenommen werden. Dafür hat die Pflanze in seinen Augen aber weit mehr Vorteile.
„Die Silphie ist eine ökologisch wertvolle Pflanze, vor allem für Insekten“, sagt er. Sie bilde Humus und fördere das Bodenleben, sodass die Flächen fruchtbarer werden. Über ihre 1,5 bis zwei Meter tiefen Wurzeln binde sie Nitrat im Boden und trage so zur Verbesserung der Wasserqualität bei. Chemischer Pflanzenschutz sei in der Regel nur im ersten Anbaujahr notwendig, obwohl sie viele Jahre geerntet werden kann. Weil ihre Pflege recht unkompliziert sei, eigne sich ihr Anbau auch für ungünstig zugeschnittene Flächen. „Außerdem ist sie nicht invasiv. Sie bildet keine Ableger und vermehrt sich nur über Samen“, sagt er. Angst vor einer unkontrollierten Ausbreitung müsse man also nicht haben.