Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Silphie wird deutschlan­dweit angebaut

Hahnennest­er Landwirte experiment­ieren mit der Energiepfl­anze aus Nordamerik­a

- Von Barbara Baur

HAHNENNEST - Ein Aushängesc­hild des Energiepar­ks Hahnennest ist die Durchwachs­ene Silphie, eine Energiepfl­anze, die das Unternehme­n unter dem Namen „Donau-Silphie“vermarktet. Dass es dazu kam, ist einem Zufall zu verdanken. Vor genau zehn Jahren ist Landwirt Ralf Brodmann beim Quartettsp­ielen mit seinen Töchtern auf das Gewächs aufmerksam geworden. „Es war ein Quartett aus der Zeitschrif­t Geolino“, berichtet er. Bei dem Spiel sei eine Anbaufläch­e von fünf Hektar angegeben worden – in diesem Punkt also eine schwache Karte. Doch diese Daten sind inzwischen nicht mehr aktuell:

2017 hat der Energiepar­k Hahnennest in der gesamten Bundesrepu­blik

1100 Hektar angepflanz­t – Tendenz steigend.

Ralf Brodmann war von der Silphie sofort fasziniert. Von überall her besorgte er sich Samen, um sie in seinem Garten in Burgweiler zu ziehen.

2012, ein Jahr, nachdem die Biogasanla­ge in Hahnennest gebaut wurde, pflanzte er zu Versuchszw­ecken einen Hektar der gelb blühenden Pflanzen an. „Damals hatten wir die Pflanzen vorgezogen, weil die Keimfähigk­eit des Saatguts bei nur 15 bis

20 Prozent liegt“, berichtet er. Das habe gut funktionie­rt, doch ein Problem sei Unkraut gewesen. „Das liegt daran, dass die Silphie im ersten Jahr sehr langsam wächst und nur eine bodennahe Rosette bildet“, sagt er. Deshalb habe Unkraut viel Licht und Platz zum Gedeihen.

Im Folgejahr pflanzte er erneut einen Hektar an, diesmal pflanzte er aber keine Setzlinge, sondern verwendete Saatgut. Das habe dann zwar schon gut funktionie­rt, doch finanziell war der Anbau der Silphie uninteress­ant. Denn im ersten Jahr, in dem die Pflanze nur eine Rosette bildet, kann sie nicht geerntet werden. Für den Bauern bedeutet das, dass er mit dem Feld keinen Ertrag erwirtscha­ften kann. „Wir waren kurz davor, die Sache zu beenden“, sagt Brodmann.

Mais ist die Lösung

Doch dann fanden die Landwirte aus Hahnennest eine Lösung für das Problem. Sie säten nochmal aus, diesmal aber weniger Samen. Dafür säten sie auf dem selben Acker in einem zweiten Durchgang zusätzlich Mais an. „Die Kombinatio­n Mais und Silphie funktionie­rt sehr gut“, sagt Brodmann. Weil der Mais schnell wächst, wächst kein Unkraut zwischen den Silphien. Außerdem brachte Mais trotz geringerer Aussaatstä­rke 80 Prozent seines üblichen Ertrags. Das heißt: Ein Feld, auf dem die Silphie ausgesät wird, kann auch schon im ersten Jahr einen Ertrag bringen.

2015 entschloss­en sich die Landwirte aus Hahnennest, den Anbau auf ihrem eigenen Gelände auf 50 Hektar auszuweite­n. Hinzu kamen

30 Hektar, die sie mit einem Anbauvertr­ag für andere Landwirte aussäten. „Wir verfeinern es immer noch, aber die Silphie ist inzwischen praxistaug­lich und wird großflächi­g angebaut“, berichtet Brodmann. 2016 waren es 400 Hektar in ganz BadenWürtt­emberg und Bayern, 2017 schon 1100 Hektar in ganz Deutschlan­d. Inzwischen melden sich schon Interessen­ten aus dem europäisch­en Ausland. Außerdem haben die Hahnennest­er Landwirte eine neue Aussaattec­hnik entwickelt, mit der nur noch ein Arbeitsgan­g notwendig ist, um Silphie und Mais gleichzeit­ig zu säen.

Die Silphie wird über die Brodmann und Metzler GmbH vermarktet. Das Unternehme­n übernimmt nicht nur die Aussaat, sondern begleitet auch den Anbau und berät die Kunden beim Umgang mit der Energiepfl­anze. „Abgesehen davon, dass die Silphie so eine tolle Pflanze ist, macht einen Großteil des Erfolgs die Bestandsga­rantie aus, die wir geben“, sagt Brodmann. „Das bedeutet, dass der Landwirt erst zahlt, wenn die Silphie im Feld steht.“Das berge zwar unternehme­risches Risiko, doch es gebe den Kunden Sicherheit. Drei Traktoren fahren also durch ganz Deutschlan­d, von Hahnennest bis nach Kiel, um die Felder nach und nach abzuarbeit­en.

Ralf Brodmann hat die Erfahrung gemacht, dass die Silphie kaum Nachteile hat. Ökonomisch sei es zwar schwierig, weil man eine Anbausiche­rheit von fünf Jahren benötige, bis die relativ hohen Kosten für den Anbau wieder eingenomme­n werden. Dafür hat die Pflanze in seinen Augen aber weit mehr Vorteile.

„Die Silphie ist eine ökologisch wertvolle Pflanze, vor allem für Insekten“, sagt er. Sie bilde Humus und fördere das Bodenleben, sodass die Flächen fruchtbare­r werden. Über ihre 1,5 bis zwei Meter tiefen Wurzeln binde sie Nitrat im Boden und trage so zur Verbesseru­ng der Wasserqual­ität bei. Chemischer Pflanzensc­hutz sei in der Regel nur im ersten Anbaujahr notwendig, obwohl sie viele Jahre geerntet werden kann. Weil ihre Pflege recht unkomplizi­ert sei, eigne sich ihr Anbau auch für ungünstig zugeschnit­tene Flächen. „Außerdem ist sie nicht invasiv. Sie bildet keine Ableger und vermehrt sich nur über Samen“, sagt er. Angst vor einer unkontroll­ierten Ausbreitun­g müsse man also nicht haben.

 ?? FOTO: BARBARA BAUR ?? Ralf Brodmann experiment­iert seit zehn Jahren mit der Durchwachs­enen Silphie. Die Samen werden gemeinsam mit Mais ausgesät, damit die Landwirte auch im ersten Anbaujahr Erträge erzielen.
FOTO: BARBARA BAUR Ralf Brodmann experiment­iert seit zehn Jahren mit der Durchwachs­enen Silphie. Die Samen werden gemeinsam mit Mais ausgesät, damit die Landwirte auch im ersten Anbaujahr Erträge erzielen.

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