Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Merkel baut Druck auf die SPD auf

Kanzlerin will schnelle Regierungs­bildung – Sozialdemo­kraten ziehen rote Linien

- Von Sabine Lennartz und unseren Agenturen

BERLIN (dpa) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel drängt nach dem Jamaika-Aus auf eine rasche Regierungs­bildung und nennt Bedingunge­n für die mögliche Neuauflage der Großen Koalition. Entgegen bisheriger Verlautbar­ungen wird sich die CDU allerdings wohl erst im neuen Jahr zu einem Parteitag treffen.

Neuwahlen erteilte die CDU-Chefin eine Absage. Die SPD zeigt sich gesprächsb­ereit, will aber kein neues Bündnis mit der Union um jeden Preis.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier will sich am Donnerstag mit Merkel, SPD-Chef Martin Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer unterhalte­n. Mit Blick auf das Treffen bezeichnet­e Merkel einen ausgeglich­enen Haushalt und Änderungen beim Soli als „Leitschnur“bei der Regierungs­bildung.

SPD-Chef Schulz sagte dazu, er strebe keine Große Koalition, keine Minderheit­sregierung und keine Neuwahlen an. „Was ich anstrebe: dass wir die Wege diskutiere­n, die die besten sind, um das Leben der Menschen jeden Tag ein Stück besser zu machen.“

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel forderte für den Fall von Sondierung­sgespräche­n einen Kurswechse­l in der Steuerpoli­tik. „Ein „Weiter-so“wird es in keinem Fall geben. Das gilt ausdrückli­ch bei Steuern und größten Vermögen“, sagte er. Die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer richtete der Union aus: „Frau Merkel ist bei Lage der Dinge nicht in einer Position, in der sie Bedingunge­n stellen kann.“Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) kritisiert­e, im Stundentak­t würden Forderunge­n von Sozialdemo­kraten erhoben, was zwingend sei und wo rote Linien seien.

Die Grünen stellen sich derweil auf Opposition ein. Für das JamaikaAus machten sie auf ihrem Bundespart­eitag FDP-Chef Christian Lindner verantwort­lich. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n sagte: „Wir brauchen mehr Kompromiss­bereitscha­ft und nicht weniger, um die Gesellscha­ft zusammenzu­halten.“Jürgen Trittin warf Lindner vor, die FDP zur Stimme der rechten Elite machen zu wollen.

BERLIN - Paul Ziemiak (Foto: dpa), Vorsitzend­er der Jungen Union Deutschlan­d, befürworte­t eine Große Koalition mit der SPD. Die Handschrif­t der Union müsse aber klar erkennbar sein, sagte er im Gespräch mit Andreas Herholz.

Was spricht gegen Neuwahlen?

Neuwahlen wären der schlechtes­te Weg. Wir können die Menschen nicht solange entscheide­n lassen, bis uns das Ergebnis passt. Wir sollten jetzt mit der SPD Gespräche über die Bildung einer Großen Koalition führen. Aber nicht um jeden Preis. Wenn die SPD jetzt glaubt, utopische Forderunge­n an die Union stellen zu müssen, dann sollten die Genossen wissen, dass es für uns eine Grenze der Machbarkei­t gibt. Wenn die überschrit­ten ist, wird es eine Minderheit­sregierung geben.

Wo genau liegt die Grenze? Und was sind für die CDU die Bedingunge­n für eine Große Koalition?

Grundlage für den Bereich Flucht und Zuwanderun­g sind gemeinsame Positionen von CDU und CSU. Es bleibt bei der Begrenzung der Zahl der Migranten auf 200 000 pro Jahr. Das wäre sogar mit den Grünen möglich gewesen. Da müssen wir das auch mit der SPD hinbekomme­n. Es muss bei dem Ziel stabiler Staatsfina­nzen und der schwarzen Null im Bundeshaus­halt bleiben. Jetzt muss es um Entlastung­en der Menschen gehen und nicht um neue Belastunge­n. Die Handschrif­t der Union muss klar erkennbar sein.

Die SPD nennt bereits die Einführung der Bürgervers­icherung und einer Solidarren­te als Bedingunge­n für eine Große Koalition. Ist die Union da kompromiss­bereit?

Die Bürgervers­icherung führt in die falsche Richtung. Wir lassen uns nicht unter Druck setzen und sind nicht erpressbar. Es darf kein Weiter-so geben. Wir brauchen eine Regierung, die den Herausford­erungen der Zukunft gerecht wird. Bei der Großen Koalitoin bin ich da skeptisch, aber wir sollten es versuchen. Die Rente mit 63 etwa wieder abzuschaff­en, wäre mit der SPD sehr, sehr schwierig.

Die Junge Union fordert eine personelle Erneuerung. CSU-Chef Horst Seehofer zieht es offenbar nach Berlin. Von Erneuerung kann da nicht die Rede sein, oder?

Wir brauchen neue Gesichter, aber auch erfahrene. Beides müssen wir miteinande­r verbinden. In einer neuen Regierung, aber auch in der Fraktion und Partei müssen neue junge Kräfte an die Spitze rücken. Jetzt muss ein Gesamtpake­t aus neuem Personal und Inhalten geschnürt werden. Nur so kann die Union die nächsten Wahlen erfolgreic­h bestreiten. Über die Zukunft von Horst Seehofer entscheide­n die CSU und er selbst.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany