Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Papstbesuch im Schatten der Rohingya-Krise
Noch nie zuvor war ein Oberhaupt der katholischen Kirche in Myanmar – Bangladesch erwartet klare Worte von Franziskus
ROM (dpa) - Papst Franziskus macht gerne komplizierte Reisen. Doch der Besuch in Myanmar und Bangladesch ist für den Vatikan „ein Abenteuer“, wie Papst-Sprecher Greg Burke sagte. Vor allem die Krise um die verfolgte muslimische Minderheit Rohingya lastet schwer auf der Reise, die heute in Myanmar beginnt und am 2. Dezember in Bangladesch endet.
Myanmars Militär hatte Ende August im Bundesstaat Rakhine eine „Räumungsoperation“begonnen, nachdem eine Rohingya-Miliz Posten der Sicherheitskräfte angriffen hatte. Hunderttausende Rohingya flohen aus Myanmar ins muslimische Nachbarland Bangladesch, wo sie meist unter furchtbaren Bedingungen leben. Geflüchtete Rohingya erzählen von niedergebrannten Dörfern, Exekutionen, Morden an Kindern und Vergewaltigungen. Die Vereinten Nationen nannten die Vertreibung ein „Paradebeispiel für ethnische Säuberung“.
Franziskus ist der erste Papst überhaupt, der ins mehrheitlich buddhistische Myanmar reist. „Für uns ist es ein historischer Moment“, sagt der einzige Kardinal des südostasiatischen Landes, Charles Bo. Der Besuch war schon vor der Zuspitzung des Konflikts geplant.
Die Frage ist nun, wie genau sich Franziskus äußern wird. Wird er sich an den Rat der katholischen Kirche vor Ort halten, das Wort „Rohingya“besser nicht zu benutzen? Denn Myanmar betrachtet die Rohingya als illegale Einwanderer, bezeichnet sie als „Bengalen“– und suggeriert damit, sie stammten aus Bangladesch. „Es ist kein verbotenes Wort“, sagte Papst-Sprecher Greg Burke. Man müsse nun abwarten, was Franziskus letztendlich sagen werde.
Treffen mit Aung San Suu Kyi
Franziskus ist nicht gerade bekannt dafür, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Vor allem, wenn es um Menschenrechte geht. Im August beklagte er bereits die Verfolgung „unserer Rohingya-Brüder und -Schwestern“. Spannend wird auch, wie das Treffen mit der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verlaufen wird. Die De-facto-Regierungschefin Myanmars ist in der Rohingya-Krise international stark in die Kritik geraten. Ihr wird vorgeworfen, das Militär gewähren zu lassen. Nach jahrzehntelanger Militärdiktatur ist sie aber dennoch in ihrem Land beliebt.
Das Militär hat sechs Jahre nach Ende der Diktatur noch immer viel Macht und mehrere wichtige Ministerien inne. Beobachter meinen deshalb, nur Armeechef Min Aung Hlaing könne die Gewalt gegen die Rohingya stoppen. In letzter Minute wurde ein privates Treffen zwischen dem Papst und dem Militärchef anberaumt. Doch was kann ein Katholiken-Oberhaupt in einem mehrheitlich buddhistischen Land überhaupt ausrichten, in dem Katholiken eine kleine Minderheit sind?
375 000 Katholiken in Bangladesch
In Bangladesch erwarten die Katholiken des Landes nach Ansicht von Aldrick Biswas von der dortigen Bischofskonferenz, dass der Papst die Ungerechtigkeit anspricht, die den Rohingya widerfährt. Papstbesuche sind auch in Bangladesch nicht Alltag, wo laut Vatikan nur 375 000 Menschen der rund 160 Millionen Einwohner Katholiken sind. Bisher war nur Papst Johannes Paul II. in dem Land. In Bangladesch werde vor allem das Thema Armut und der Zusammenhang mit dem Klimawandel im Vordergrund stehen, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der „Außenminister“des Papstes. Viele Menschen aus Bangladesch fliehen selbst vor der Armut in dem Land.