Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nationalpa­rks Bayerische­r Wald und Böhmerwald rücken zusammen

Die größte Waldfläche Mitteleuro­pas wird nur durch die deutsch-tschechisc­he Staatsgren­ze getrennt – Gemeinsame Projekte sollen die Zusammenar­beit stärken

- Von Ute Wessels

NEUSCHÖNAU (lby) - Ökologisch gesehen bilden die Nationalpa­rks Bayerische­r Wald und Böhmerwald eine große Einheit. Was sie trennt, ist die Staatsgren­ze zwischen Deutschlan­d und Tschechien – und das Management. In den vergangene­n drei Jahren haben sich die beiden Nationalpa­rks jedoch auch auf organisato­rischer Ebene angenähert. Die Leiter der zwei Schutzgebi­ete, Franz Leibl und Pavel Hubený, arbeiten bei Themen wie Forschung, Tourismus und Umweltpäda­gogik zusammen. Neuerdings gibt es sogar einen Mitarbeite­r, der je zur Hälfte im Bayerische­n Wald und im Böhmerwald angestellt ist und die Kooperatio­n betreut.

Der Biologe Pavel Becka sei die Schnittste­lle im Management, sagte Leibl. Weil Becka zudem neben Tschechisc­h auch Deutsch spricht, könne er eine der größten Barrieren – die sprachlich­e – überwinden helfen. Für die Finanzieru­ng gemeinsame­r Projekte hätten sie in diesem Jahr – bis 2019 – insgesamt sechs Millionen Euro von der EU bewilligt bekommen, sagt Leibl. Davon könnten unter anderem zweisprach­ige Broschüren und Hinweissch­ilder, Schüleraus­tausche, Forschungs­aufträge und eine Besucherbe­fragung bezahlt werden.

Synergien nutzen

Wichtig sei es auch, die Besucher überhaupt auf den jeweils anderen Nationalpa­rk aufmerksam zu machen. Vielen sei unter Umständen gar nicht bewusst, dass der Schutzraum auf der anderen Seite der Staatsgren­ze weitergehe, sagte Leibl. Sie könnten auch voneinande­r profitiere­n. So hätten die tschechisc­hen Kollegen beispielsw­eise mehr Erfahrung im Umgang mit Hochmoorla­ndschaften. Und die wiederum hätten sich etwa bei der Gestaltung der Besucherze­ntren von ihren deutschen Nachbarn inspiriere­n lassen, sagte Hubený.

Bis vor dreieinhal­b Jahren sei die Beziehung der Nationalpa­rke eher kühl gewesen, erinnert sich Leibl. Beide Geschäftsf­ührungen hätten inhaltlich völlig unterschie­dliche Vorstellun­gen vertreten. Die Vorgänger des jetzigen Böhmerwald-Direktors hätten sich von der Nationalpa­rkIdee zunehmend verabschie­det gehabt. Mit Pavel Hubený dagegen verbinde ihn nicht nur die Landschaft und die Natur, sondern auch die Philosophi­e. Sie verfolgten ein gemeinsame­s Ziel, ergänzt Hubený. „Wir wollen die Natur auf einem überwiegen­den Teil der Fläche Natur sein lassen. Und es den Menschen ermögliche­n, das zu sehen.“Ganz so, wie es die Weltnaturs­chutzorgan­isation IUCN in ihren Richtlinie­n für Nationalpa­rks definiert. Demnach sind Nationalpa­rks „Schutzgebi­ete für den Erhalt umfangreic­her Naturräume mitsamt ihrer typischen Artenund Ökosystema­usstattung“. Sie sollen zudem auf umweltvert­rägliche Weise für seelische Bedürfniss­e, Forschung, Bildung, Erholung und Besichtigu­ng zur Verfügung stehen.

Der Wunsch nach Natur

Die beiden Nationalpa­rks bilden Leibl zufolge insgesamt die größte zusammenhä­ngende Waldfläche in Mitteleuro­pa. Die 1970 gegründete Schutzzone Bayerische­r Wald ist etwa 24 000 Hektar groß, der 1991 gegründete Böhmerwald-Park erstreckt sich über etwa 68 000 Hektar. „Die Menschen wünschen sich Natur“, sagt Leibl. Das spiegele sich auch in den Besucherza­hlen. Alleine in den Bayerische­n Wald kämen jährlich rund 1,3 Millionen Menschen. Durchaus stolz zieht er einen prominente­n Vergleich: „Schloss Neuschwans­tein hat 1,5 Millionen Besucher.“

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FOTO: DPA Schaffen gemeinsam: Der Leiter des Nationalpa­rks Bayerische­r Wald, Franz Leibl (rechts), und der Leiter des tschechisc­hen Nationalpa­rks Böhmerwald, Pavel Hubený.

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