Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Es fehlt an Tagesmüttern im Kreis
Nachfrage nach flexibler Kinderbetreuung für über Dreijährige steigt.
SIGMARINGEN - Kommunen und Kreis müssen sich in Sachen Kinderbetreuung dringend an die demografische und gesellschaftliche Entwicklung anpassen. Das geht aus einem Bericht über die Betreuungssituation im Kreis Sigmaringen durch Philipp Bürkle und Hubert Schatz vom Fachbereich Jugend hervor. Der Ausbaustand müsse bis 2030 weiterentwickelt werden. Danach sei jedoch mit einer Abnahme des Bedarfs zu rechnen. Vor allem an Tagespflegepersonen und Betreuungsplätzen, auch in Kindergärten, mangele es.
Der Betreuungsbedarf für Kinder unter sechs Jahren und speziell von drei bis sechs Jahren wird steigen. „Die Kinder sind bereits geboren“, so Philipp Bürkle. Er appellierte an die Kommunen, flexible Betreuungsangebote zu schaffen. Zudem seien längere Betreuungszeiten stärker nachgefragt, weil die Eltern zunehmend berufstätig sind.
Das sei auch am Ausbau der Kindergartengruppen mit verlängerten Öffnungszeiten von 16 im Jahr 2012 auf 20 im Jahr 2017 und an einem Rückgang von sechs Regelgruppen in diesem Zeitraum zu sehen. Kleinere Kommunen würden auf altersgemischte Gruppen setzen, um den Bedarf decken zu können. Damit werde auch der Landestrend im Kreis spürbar.
Nur die Hälfte der Tagesmütter ist aktiv
Von 140 Tagesmütter und -vätern im Vermittlungspool seien lediglich 70 aktiv. Sie betreuen 252 Kinder von null bis 14 Jahren. Problematisch werde es, wenn eine Tagespflegeperson ausfalle: Da nicht mehr als vier Kinder gleichzeitig betreut werden dürfen, verfüge eine andere Tagespflegeperson unter Umständen über nicht genügend Kapazität, auszuhelfen. Derzeit betreuen immer weniger Kindertagespflegepersonen immer mehr Kinder, institutionelle Betreuungslücken können so nicht mehr ausgeglichen werden. 2016 gab es noch 154 Tagespflegepersonen im Kreis, 2017 noch 152 und für 2018 ist mit einem weiteren Rückgang um acht Personen zu rechnen. Auch ein zweimal angebotener Qualifikationskurs habe nicht genügend Interessenten gewinnen können. „Bislang konnte noch jedem Kind ein Platz in einer Kita oder bei einer Tagespflegeperson angeboten werden“, sagt Hubert Schatz vom Fachbereich Jugend. Doch darauf könne man nicht weiter hoffen. Der Betreuungsschlüssel liege derzeit bei 1:1,36 Kindern pro Tagesmutter oder -vater statt 1:1,25 wie noch 2015. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen könnte laut Bürkle durch die Erhöhung des Leistungsentgeltes für Tagesmütter und -väter erzielt werden, die Verhandlungen der Spitzenverbände dauern an. Der Kreis richtet sich mit der Bezahlung nach der Landesvorgabe. Außerdem sollten Gemeinden Anreize wie Platzpauschalen schaffen.
22,6 Prozent der Kinder unter drei Jahren sind im Kreis in Betreuung – damit liegt der Kreis unter dem Landesschnitt von 26,2 Prozent. Im Kreis gibt es 60 Kinderkrippen. 2012 waren es noch 37, was zeige, dass sich der Kreis bereits an die Bedürfnisse angepasst habe. Damals wurden 616 Kinder unter drei Jahren im Kreis betreut. 2017 sind es bereits 805, also 30 Prozent mehr.