Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Auf hiesigen Buchen wachsen in Japan Pilze
Zur Shiitake-Produktion wird seit Jahren Holz aus dem Kreis exportiert
SIGMARINGENDORF - Buchen aus der Region sind in Japan äußerst begehrt – auch aus Sigmaringendorf stammende Bäume werden regelmäßig nach Ostasien verschifft: Sie werden dort zur Zucht von Shiitake-Pilzen eingesetzt. Forstbezirksleiter Jörg Scham vom Landratsamt Sigmaringen koordiniert den Verkauf der Bäume der Kommune an die Münchner Firma Transsylva, die das Holz dann nach Japan weitervermittelt.
„Geerntet werden die Buchen nördlich der Donau“, sagt Scham. Südlich der Donau wachse eher die Fichte. Insofern seien nicht nur Buchen aus Sig’dorf begehrt, sondern auch aus anderen Gemeinden, wie beispielsweise Beuron. Seit etwa 15 Jahren werde Holz aus dem Kreis verkauft, das als Nährboden für die asiatischen Pilze dienen soll. Die Buchen werden in Japan zu Dübeln verarbeitet, die in Pilzsporen gewälzt werden – in der Fachsprache heißt das „impfen“. Weil der Pilz jedoch besser auf Eichenholz gedeiht, das für die Sporen jedoch zu viele Gerbstoffe enthält, werden die Dübel aus Buche in Sägerest-Hölzer mit Rinde, sogenannte Schwarten von Eichenstämmen, gesteckt, wo die Pilzsporen keimen können. In den Hallen werden die Schwarten dann luftig kreuzweise aufgestapelt. Dort herrscht ein feuchtes, höhlenartiges Klima, sagt Scham. „Ich selbst war dort noch nie – für eine Dienstreise wäre das etwas weit“, sagt der Fortdirektor.
Die Buchen werden als Ganzes, als Rundholz, nach Japan transportiert. Die dort ansässigen Sägewerke übernehmen den Zuschnitt. „Auf der Heid“, zwischen Gammertingen und Engstingen, werden die Buchen in einen Hochseecontainer verladen. Mit der Bahn kommen sie ab Kornwestheim nach Rotterdam oder Mannheim, weiter geht es dann mit dem Schiff nach Japan.
Vor sechs Jahren sei der Markt kurzzeitig zusammengebrochen: „In Japan wurden auf einmal radioaktive Pilze geerntet“, berichtet Scham. „Wir mussten nachweisen, dass unsere Buchen nicht verseucht sind.“Ursache sei jedoch die Nuklearkatastrophe von Fukushima gewesen: „Der Fall-Out hatte sich damals in der Eichenrinde von japanischen Bäumen festgesetzt“, erklärt Scham. Seit zwei Jahren ist das Vertrauen in die Buchen aus dem Kreis wiederhergestellt. „Zum Glück – wir brauchen den Export.“
Die Ernte erfolgt nachhaltig, der Bestand der Buchen im Kreis ist durch das Geschäft mit Japan nicht gefährdet, betont Scham. Für die Gemeinden ist der Verkauf ein wichtiges Geschäft: „Es bleiben mehr als 95 Prozent der verkauften Buchen aus dem Kreis in Deutschland.“Jedoch erziele man mit den verbleibenden fünf Prozent einen höheren Gewinn. „Diese fünf Prozent entscheiden somit auch über den Preis für die Binnen-Kunden.“
„Für uns ist das auch exotisch und spannend“
Fünf Prozent, das sind etwa 500 Festmeter Buchenholz, schätzt Scham, was in etwa 400 Stämmen pro Saison entspricht. Erntezeit ist im Spätherbst, verschifft werden die Buchen aber nur bis Ende Januar, sonst wird es zu warm im Container und das Holz verdirbt. 74 Euro pro Kubikmeter Holz verdient die Kommune am „Pilzbuchen“-Geschäft, abzüglich der Holzerntekosten bleiben noch 54 Euro für die Buchenstämme übrig, die zum Teil älter als 100 Jahre sind. Nicht gerade viel, findet Scham, wenn man bedenkt, dass Brennholz
60 Euro kostet.
„Für uns ist das auch exotisch und spannend“, sagt der Forstmann, der jüngst auch im Gemeinderat Sigmaringendorf über den Verkauf des Holzes berichtet hatte. Drei bis vier Jahre lang wachsen die Pilze auf den Stämmen, nach ein paar Monaten können sie bereits geerntet werden.
„60 Tonnen Shiitake-Pilze essen die Japaner pro Tag“, erklärt Scham. Ob dabei einer an Sig’dorf denkt, bleibt offen.