Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Jugendkriminalität im Landkreis Sigmaringen steigt
Polizei: Junge Asylbewerber sind 2016 häufiger tatverdächtig als im Vorjahr
SIGMARINGEN - Im Jahr 2016 hat die Jugendkriminalität im Kreis zugenommen und auch die Anzahl nichtdeutscher jugendlicher Täter. Das hat Michael Schrimpf, Leiter des Referats Prävention vom Polizeipräsidium Konstanz, im Jugendhilfeausschuss des Kreistags berichtet.
Im Jahr 2016 wurden im Kreis Sigmaringen 668 Straftaten von Jugendlichen verübt, 485 davon von Tätern mit deutscher Staatsangehörigkeit. Die Taten, die von nicht-deutschen Tätern verübt worden sind, sind von
70 (2014) sowie 120 (2015) auf 183 im Jahr 2016 angestiegen. Zum Vergleich: 2012 und 2013 lagen sie bei etwa 90. Laut Schrimpf sind diese Zahlen auch auf den Flüchtlingszuwachs in den vergangenen zwei Jahren zurückzuführen, denn 114 junge Tatverdächtige konnten 2016 als Asylbewerber identifiziert werden. 2015 verübten 59 jugendliche Asylbewerber Straftaten, 2014, vor der Vollauslastung der Landeserstaufnahmestelle, waren es elf.
Bezogen auf die Stadt Sigmaringen waren im vergangenen Jahr 154 junge Tatverdächtige deutscher Herkunft und 116 nicht-deutscher Herkunft, davon 89 Asylbewerber.
In den Jahren 2015 und 2016 gab es einen Anstieg von Rauschgift- und Cannabisdelikten im Kreis, was aber laut Schrimpf nicht auf den Flüchtlingszuwachs zurückzuführen sei: Bei 92 von 98 Fällen waren deutsche jugendliche Staatsbürger die Täter.
32 Tatorte waren in Pfullendorf angesiedelt, 21 in Sigmaringen, zwölf Tatorte in Bad Saulgau, zwölf in Mengen, vier in Meßkirch sowie vier in Ostrach. Die zunehmende Anzahl dieser Delikte führt Schrimpf auch auf die Einrichtung einer Ermittlergruppe vor drei Jahren zurück, seitdem würden mehr Taten in diesem Bereich aufgeklärt. Er spricht dabei von einer „Aufhellung des Dunkelfelds“.
5702 Jugendstraftaten wurden der Staatsanwaltschaft von der Polizei im Jahr 2016 insgesamt im Kreis gemeldet, etwa 3700 wurden weiterverfolgt und aufgeklärt. 2015 waren es 4947, 2014: 4793. Dabei werden vermehrt 14- bis 17-Jährige Täter, Heranwachsende sind seltener Täter als in den Vorjahren. Laut Schrimpf verteilen sich die schweren Delikte auf einige wenige Jugendliche.
Die Jugendstraffälligkeit in Zusammenhang mit Alkohol bleibt im Kreis stabil, ein Anstieg ist jedoch in der Stadt Sigmaringen zu beobachten, weshalb es dort der „Beobachtung“bedürfe.
Kreisrat und Sigmaringens Bürgermeister Thomas Schärer (CDU) lobte die Transparenz der Polizeiarbeit. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass es Probleme mit straffälligen jugendlichen Asylbewerbern gibt.“Vor allem für die vielen anderen, unauffällig hier lebenden Flüchtlinge täte es ihm leid, dass diese Personengruppe durch solche Vorfälle in Misskredit gebracht würde. Er sei erstaunt, dass es auf dem riesigen Kasernen-Areal nicht möglich sei, eine Zone für den Alkoholkonsum auszuweisen. Dafür habe er kein Verständnis. „So kommt es, dass sich am Bahnhof ein entsprechendes Klientel versammelt.“Kreisrätin Erika Rimmele-Laux (Grüne) schlug vor, über Familienzentren, wie jüngst in Gammertingen oder Pfullendorf etabliert, an die Familien heranzutreten. Hubert Schatz vom Fachbereich Jugend hielt das für eine gute Idee, gab aber zu bedenken, dass dort nur Familien erreicht würden, die ohnehin offen für Gespräche seien.