Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Elektrobusse aus Heidenheim
Voith steigt in die Elektromobilität ein – Erste Auslieferungen für 2019 geplant
STUTTGART - Papiermaschinen, Turbinen für Wasserkraftwerke, Antriebstechnik für Schiffe, Busse, Bahnen und Lkws – dafür steht Voith. Künftig will das Heidenheimer Familienunternehmen auch bei der Elektromobilität mitmischen. Das skizzierte Vorstandschef Hubert Lienhard auf der Jahrespressekonferenz am Donnerstag in Stuttgart. Ziel sei es, so Lienhard, Voith zu einem Systemanbieter für elektrische Antriebe und digitales Fahrzeug- und Flottenmanagement zu entwickeln.
Das Ergebnis der ersten Gehversuche auf diesem Gebiet brachte Lienhard gleich mit: Einen elektrisch angetrieben Stadtbus, der auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge im Herbst 2018 erstmals der Fachwelt vorgestellt werden soll. Das Chassis des Prototypen kommt vom polnischen Hersteller Solaris; Elektromotor, Antriebsstrang, Steuerung und Batterien sind Entwicklungen aus Heidenheim, die teilweise mit externen Partnern umgesetzt werden. Die Auslieferung der ersten E-Busse ist für das Jahr 2019 vorgesehen.
Lienhard, der im März 2018 nach zehnjähriger Amtszeit als Vorstandschef in den Aufsichtsrat von Voith wechselt, glaubt an ein Ende der Dieselbusse. Das Interesse der Städte an umweltfreundlichen und bezahlbaren Alternativen sei groß, doch gebe es die zurzeit nicht. „Da ist ein Markt und den wollen wir entwickeln“, erklärte der Voith-Chef, der perspektivisch mit einem Umsatzvolumen in diesem Geschäftsfeld „im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich“rechnet. Eines der größten Hindernisse, die aktuell noch zu hohen Kosten eines EBusses (rund 500 000 Euro), glaubt Lienhard lösen zu können. Als Bushersteller sieht er Voith gleichwohl nicht. „Wir sind Zulieferer und wollen das auch bleiben“, so Lienhard.
Richtig aufdrehen will Voith auch bei der Umsetzung seiner digitalen Agenda. 100 Millionen Euro will das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren in die Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen investieren. Erste Anwendungen gibt es bereits. Ein „elektronisches Ohr“etwa, das in Wasserkraftwerken zum Einsatz kommt, und das aus Kraftwerksgeräuschen Probleme erkennt, bevor es zum Stillstand der Turbine kommt.
Leisten können sich das die Heidenheimer. Denn das Unternehmen, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen gefeiert hat, und das zuletzt zum Teil schmerzhafte Umstrukturierungen durchmachen musste, ist „strategisch und finanziell gut aufgestellt“, fasst Lienhard die Lage zusammen. Der Verkauf der Anteile am Augsburger Roboterhersteller Kuka hat Voith rund 1,2 Milliarden Euro in die Kasse gespült und den Gewinn im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 auf 596 Millionen Euro hochschnellen lassen (2015/16: 29 Millionen Euro).
In den drei Kernbereichen Hydro, Papier und Turbo lief das Geschäft stabil. Das Betriebsergebnis legte um drei Prozent auf 304 Millionen Euro zu – wobei die Papiersparte, lange Jahre das Sorgenkind der Heidenheimer, mit einem Zuwachs um 40 Prozent auf 107 Millionen Euro herausragte. Der Umsatz ging leicht auf 4,2 Milliarden Euro zurück. Im laufenden Geschäftsjahr rechne Voith aber mit einem „spürbaren Wachstum“, so Lienhard. Darauf deuten nicht zuletzt die Auftragseingänge hin, die sechs Prozent über denen des Vorjahres liegen.