Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Maestro auf Heimatbesuch
Modedesigner Karl Lagerfeld präsentiert in der Elbphilharmonie die neue Kollektion von Chanel
HAMBURG (dpa) - Er bleibt ein Hamburger Jung. „Hamburg gehört zu meinen Farben, die mich zu dem gemacht haben, was ich bin“, sagte Designer Karl Lagerfeld nach seiner exklusiven Modenschau für Chanel in der Elbphilharmonie. Den Namen der Hansestadt spricht der seit Jahrzehnten in Paris lebende Maestro immer noch aus, wie das an der Waterkant üblich ist: „Hamburch“– mit weichem g. „Die Idee mit der Elbphilharmonie kam schon, als ich das Ding zum ersten Mal gesehen habe. Als ich die Baustelle und die Pläne gesehen habe. Wissen Sie, Berlin ist für Chanel nicht das Ideale. Und ich bin nun einmal Hamburger“, sagte er.
Und so huldigte er mit seiner – im Zeichen der Handwerkskunst der Ateliers stehenden – „Métiers d’ArtKollektion“der Hansestadt und ihrem spektakulärsten Gebäude. Die atemberaubende Architektur reichte Chanel als Kulisse, es gab keine. Zu Beginn der Schau spielte ein Kammerorchester den Shanty-Klassiker „La Paloma“. Hans Albers ließ grüßen, auch bei den Entwürfen, die zunächst den Hafen beschworen. Die Models trugen Kapitänslook. Chanel hat auch immer einige Männer dabei, und die wirkten wie erfahrene Seebären in ihren Zopfstrickvarianten des dunkelblauen Troyers, dem Wind- und Wetterpullover des Nordens. Die Frauen trugen dazu hochhackige Schuhe, Strickleggings und coole Seemannsrucksäcke.
Doch es gab auch die diskrete bourgeoise Eleganz der Hanseatinnen mit feinen Tweedkostümen, mit breitem Matrosenkragen und gerne in britischen Karos. Oder als superelegante Smokings mit Culotte-Hosen und zarte schwarze Tüllkleider. Daneben ein Schuss Herbertstraße mit „leichten Mädchen“in kurzen Röckchen und etwas Glitzer.
Ein Schleier wie Hamburger Nebel
Accessoire der Stunde war die „Prinz-Heinrich“-Mütze, feminin aufgemotzt durch lange schwarze Seidenbänder oder einen zarten schwarzen Schleier. „Der Schleier erinnert auch an den Nebel hier“, sagte Lagerfeld. „Das Band mit der Schleife ist das, was man in Frankreich eine ,casquette de parité’ nennt, halb Mann, halb Frau.“
Die „Métiers d’Art“sind eine sogenannte „Zwischenkollektion“. Sie werden jenseits der Modewochen an besonderen Orten in Szene gesetzt. Vor drei Jahren etwa zog es Lagerfeld ins Salzburger Schloss Leopoldskron. In der Elbphilharmonie verzichteten sie sogar auf ein geplantes Konzert im Kleinen Saal. Ursprünglich sollte dort ein Barockorchester spielen, doch der Termin wurde verlegt. Und sogar das Parkhaus war für „normale Gäste“wegen Chanel gesperrt worden. Hamburg im „KarlFieber“. Schaulustige warteten in Menschentrauben vor der „Elphi“, um einen Blick auf die prominenten Gäste zu erhaschen. Die fuhren allerdings in abgedunkelten Limousinen direkt in das Gebäude. Unter ihnen internationale Stars wie HollywoodSchauspielerin Kristen Stewart und Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton. Das frühere Supermodel Tatjana Patitz kam ebenso zur Schau wie Model und Schauspielerin Lily-Rose Depp, die 18-jährige Tochter von Johnny Depp und Sängerin Vanessa Paradis.
Eine kleine Spitze zum Abschied
Am Ende hatte sich der ganze Aufwand gelohnt. Karl, die Mannequins und das Orchester wurden gefeiert. Und Lagerfelds neunjähriger Patensohn Hudson Kroenig, der bei der Schau als Model mitlief, turnte munter herum und rief: „It was fun“. Ein großer Spaß also. Und bei aller Liebe zu seiner Geburtsstadt wollte sich Lagerfeld doch eine kleine Spitze über die Hamburger Kaufleute nicht verkneifen: „Ich kann die Pfeffersäcke verstehen. Im Grunde bin ich auch ein Pfeffersack. Nur bin ich nicht geizig.“