Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Christus in Abu Dhabi
„Salvator Mundi“kommt in neuen Louvre am Golf
ABU DHABI (dpa) - Nach der Versteigerung begann das Rätselraten: Wohin geht Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“? Nun ist das Geheimnis gelüftet: Das teuerste Kunstwerk der Welt kommt in das vor einem Monat eröffnete Museum Louvre Abu Dhabi.
Das Gemälde war Mitte November für 450 Millionen Dollar (etwa 383 Millionen Euro) bei Christie’s in New York versteigert worden. Der Käufer war zunächst unbekannt geblieben. Die „New York Times“berichtete am Mittwoch, es handele sich um den saudischen Prinzen Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud.
Das von Jean Nouvel errichtete spektakuläre Museum war im November eröffnet worden. Neben 300 Leihgaben aus Frankreich hat das Museum nach eigenen Angaben 600 Kunstwerke erworben.
Bei „Salvator Mundi“handelte es sich laut Christie’s um das letzte bekannte Gemälde des RenaissanceKünstlers (1452-1519) in Privatbesitz. Kritiker bezweifeln, dass Leonardo das Werk alleine erstellt hat. Lange galt es als verschollen oder zerstört, wurde Mitte der 2000er-Jahre wiederentdeckt und kam in den Besitz des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew.
Dass es nun seinen Weg in die Emirate findet, ist bemerkenswert, schon allein, weil damit ein ChristusBild bald in einem islamischen Land ausgestellt wird. Vor allem konservative und radikale Lesarten des sunnitischen Islam missbilligen die bildliche Darstellung von Propheten. Jesus Christus gilt auch Muslimen als Prophet.
Mit dem Museum will Abu Dhabi sich als weltoffenes Land präsentieren. Kritiker bemängeln jedoch, dass am reichen Golf einerseits große Summen für Werke aus der westlichen Welt ausgegeben werden, die eigene Kunst aber vernachlässigt und die Meinungsfreiheit stark eingeschränkt wird. Beobachter sehen einen „kulturellen Rüstungswettlauf“zwischen den Golfstaaten, wie das amerikanische Politmagazin „The New Republic“schrieb.
Kunst-Konkurrenz
Größter Konkurrent der Emirate ist ausgerechnet das benachbarte Katar, mit dem die Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch Saudi-Arabien und Bahrain seit einem halben Jahr in einem diplomatischen Clinch liegen. Die drei Golfländer haben eine Blockade über Katar verhängt.
Mit dem Museum für Islamische Kunst und dem Arabischen Museum für Moderne Kunst hat sich die katarische Hauptstadt Doha einen Namen unter Kunstfreunden gemacht. Als millionenschwerste Sammlerin der Region galt bislang al-Majassa bint Hamad bin Chalifa al-Thani, Schwester von Katars Emir. Das Magazin „ArtReview“kürte sie 2013 zur einflussreichsten Person im internationalen Kunstbetrieb. Auf ihrer langen Einkaufsliste standen schon Werke von Paul Cézanne, Mark Rothko und Damien Hirst. Der Käufer von „Salvator Mundi“gilt hingegen laut „New York Times“in der Kunstszene als Unbekannter.