Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Winter an der See birgt einen besonderen Reiz

Auf der Ostseeinse­l Poel finden Urlauber Einsamkeit und Ruhe

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POEL (dpa) - Rauschende Brandung, unberührte­r Sand, Ruhe – die See ist im Winter Balsam für die Seele. Auf der Insel Poel vor Wismar hält die kalte Jahreszeit viel bereit: Angeltoure­n, Räucherfor­ellen, Kanonenkug­eln und jede Menge Laternen.

Die „MS Möwe“pflügt durch die kalte Ostsee. Kurs auf Wismar. Auf der winterlich­en Angelfahrt erzählt Gudrun Sieder von der Region. Seit 30 Jahren lebt sie auf der Insel Poel vor der Küste. „Es gibt hier keine Bettenburg­en, das ist ein großer Schatz.“Dann hält sie die Nase in den Wind und schließt die Augen, Gesicht in Richtung Wintersonn­e. „Es ist schön. Gerade im Winter, wenn das Inselchen schläft.“

Erfolglose Angeltour

Die „MS Möwe“mit ihren maximal sieben Knoten Höchstgesc­hwindigkei­t fährt weiter hinaus, vorbei an der Vogelschut­zinsel Walfisch. Poel, Deutschlan­ds siebtgrößt­e Insel, bleibt ebenso wie der Damm, der sie mit dem mecklenbur­gischen Festland verbindet, verschwomm­en zurück. Die Zeit auf dem Wasser vergeht rasch. Eine Muschel am Haken ist der größte Fang des Tages, bevor es nachmittag­s beseelt und leicht verfroren zurück zur Insel geht.

Jetzt muss trotzdem Fisch auf den Tisch. Also ab zur nahegelege­nen Forellenrä­ucherei. Dort verrät Ingrid Hanekamp das einfache Rezept für ihre Stammkunds­chaft: „Man muss vernünftig­en, ordentlich­en Fisch anbieten. Die Gäste sind nicht blöd. Zum Räuchern braucht man eine gute Qualität, da muss man für die Rohware eben ein paar Cent mehr ausgeben.“Geräuchert wird nach Altonaer Art. „Richtig mit Holz.“Die gelernte Betriebswi­rtin und ihr Mann Manfred verwirklic­hen sich mit dem Poeler Forellenho­f seit 1993 einen arbeitsrei­chen Traum.

Nach der Wärme des Hanekampsc­hen Restaurant­s mit Blick auf Meer, Kirchturm und Hafen weckt der frische Wind neuen Tatendrang. Am Schwarzen Busch, einem schier endlos scheinende­n Ostseestra­nd, geht es auf Schatzsuch­e. Fossile Donnerkeil­e, versteiner­te Seeigel, Feuerstein­e mit kreisrunde­n Löchern sowie Seeglas spülen die Stürme an Land. „Meine Frau hat neulich sogar eine steinerne Kanonenkug­el am Strand gefunden“, berichtet Kurdirekto­r Markus Frick wenig später im Inselmuseu­m. 450 Exponate erzählen von der Geschichte Poels, Fischerei und Bootsbau, Naturschut­zgebieten, der Schwedenze­it, archäologi­schen Funden und der Cap-ArconaKata­strophe. Am 3. Mai 1945 versenkten britische Bomber die „Cap Arcona“mit KZ-Häftlingen in der Lübecker Bucht. Tausende fanden den Tod. Eine Gedenkstät­te auf der Insel zeugt von den Opfern.

Zeitreise im Laternenmu­seum

So wechselvol­l wie die Poeler Geschichte ist auch die Insel mit ihren 2600 Bewohnern selbst. Hier finden sich fast alle Landschaft­sformen, die Mecklenbur­g-Vorpommern zu bieten hat: Strand, Salzwiesen, Bodden, Fjord, See, Steilküste. Der Winter werde zunehmend attraktiv, erzählt Frick. In den letzten zehn bis 15 Jahren seien auf der Insel viele Ferienhäus­er mit Extras wie Sauna und Kamin gebaut worden.

„Klar sollte man wettertech­nisch vorbereite­t sein, wir haben auch mal eine steife Brise und nicht immer blauen Himmel“, sagt Frick. „Aber dafür hat man bei ausgedehnt­en Spaziergän­gen den Strand fast für sich alleine.“

Liebhaber des Maritimen werden auf Poel besonders glücklich. Für sie hält Harald Krabbe seine Maritime Sammlung in Kaltenhof parat – sie gleicht einer Zeitreise in die frühe Schifffahr­t. Seine allererste Laterne hat er im September 2005 auf einem Flohmarkt in Dänemark erworben. Rund 700 Laternen sind es mittlerwei­le.

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FOTO: DPA Auch im Winter fahren die Fischkutte­r raus zu Angeltoure­n.
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Halt am Unesco-Welterbe auf der Insel Kischi im Onegasee.

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