Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Land steht für Meßstetten in der Pflicht

Polizeisch­ule: Suche nach einer Nachnutzun­g der Meßstetter Zollernalb­kaserne geht weiter

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MESSSTETTE­N (sz) - Meßstetten­s Rathausche­f Frank Schroft hat am Mittwoch alle Termine abgesagt. Aus gutem Grund. Das Telefon stand kaum still, nachdem die Nachricht raus war, dass die Stadt das Rennen um die Ansiedlung einer Polizeisch­ule verloren hat.

Das Innenminis­terium in Stuttgart hat gestern bestätigt, was den beiden Fraktionsc­hefs von Grünen und CDU aus einem Schreiben von Minister Thomas Strobl bereits bekannt war: Der Campus in VillingenS­chwenninge­n wird ausgebaut, die Hochschule erhält einen neuen Hörsaal, die Mensa wird erweitert, die Stadt kümmert sich um Wohnraum und Parkmöglic­hkeiten. Minister Strobls Entscheidu­ng, die Ausbildung der Polizeikom­missare zentral am Hochschuls­tandort VillingenS­chwenninge­n zu belassen und die Kapazität auf 1700 Studienplä­tze auszubauen, stößt in Polizeikre­isen auf Wohlwollen. Meßstetten hätte in gleicher Weise mitgezogen, wäre die Zollernalb­kaserne in die engere Wahl als Schulstand­ort für die Ausbildung der Anwärter für den mittleren Polizeidie­nst gekommen. Doch Strobl hat sich für Wertheim und Herrenberg entschiede­n und die Stärkung der bestehende­n Standorte in Biberach und Lahr angekündig­t. Über den Vorschlag des Ministers werde das Kabinett voraussich­tlich Anfang des kommenden Jahres entscheide­n, heißt es im Innenminis­terium. Doch die Empfehlung des Hausherrn scheint eher Faktum zu sein denn Grundlage für weitere Diskussion­en im Kollegium des Regierungs­teams. „Es war keine Entscheidu­ng gegen Meßstetten“, versichert­e der stellvertr­etende Pressespre­cher Carsten Dehner gestern auf Anfrage. Kapazität, Bausubstan­z und die Verfügbark­eit von Gelände und Immobilien hätten unter anderem als Kriterien bei der Standortfe­stlegung gedient.

Eine Aussage, die Meßstetten­s Bürgermeis­ter in Erstaunen versetzt. Die Zollernalb­kaserne stünde ab sofort zur Verfügung. Das Land hat sogar bei der Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (BImA) eine Anfrage auf einen fünfjährig­en Mietvertra­g gestellt. Warum sich die Pläne zerschlage­n haben, wollte der Pressespre­cher nicht kommentier­en. Das Tauziehen um die Hochschule mit diesem Ergebnis sei ein gemeinsame­r Erfolg aller, die sich für die Einstandor­t-Lösung eingesetzt haben, freut sich derweil Oberbürger­meister Rupert Kubon in VillingenS­chwenninge­n. Über die Parteigren­zen hinweg hätten Abgeordnet­e, der Landrat und der OB an einem Strang gezogen. Im Zollernalb­kreis reagierten die Politiker auf die Hiobsbotsc­haft erst auf Nachfrage. Es sei ärgerlich, dass Meßstetten nicht zum Zuge komme. Die Kaserne wäre ein sehr guter Standort für eine geplante Erweiterun­g der Polizeisch­ule gewesen, sagt der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Thomas Bareiß. Stuttgart habe eine Verpflicht­ung gegenüber der Region und diese fordere er auch ein.

Am späten Nachmittag gab es auch eine Reaktion aus dem Büro der CDU-Landtagsab­geordneten Dr. Nicole Hoffmeiste­r-Kraut. Die Ministerin sei nach wie vor der festen Überzeugun­g, dass sich die ehemalige Zollernalb­kaserne in hervorrage­nder Weise für die Einrichtun­g einer solchen Schule geeignet hätte –nicht zuletzt auch wegen eines gerade auch im Verhältnis zu möglichen anderen Standorten sicherlich sehr positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis­ses. Sie habe Innenminis­ter Thomas Strobl in einem Schreiben und weiteren Gesprächen nachdrückl­ich gebeten, die für den Meßstetter Standort sprechende­n Argumente in die Auswahlent­scheidung einzubezie­hen. Sie sei enttäuscht, werde sich aber gegenüber dem Innenminis­terium weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass sich das Land in der Nachnutzun­g des Standortes Meßstetten engagiere.

Landrat Günther Martin Pauli bedauert, dass das Verspreche­n von Ministern der Vorgängerr­egierung offenbar keinen Haltbarkei­tswert haben und die Glaubwürdi­gkeit und Verlässlic­hkeit der Landespoli­tik dadurch großen Schaden nehme. Pauli wörtlich: „Die angekündig­te Entscheidu­ng ist für uns überhaupt nicht nachvollzi­ehbar. Möglicherw­eise wurde der Standort Meßstetten absichtlic­h schlecht gerechnet."

„Möglicherw­eise wurde der Standort Meßstetten absichtlic­h schlecht gerechnet“, sagt Günther-Martin Pauli, Landrat des Zollernalb­kreises.

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FOTO: SZ In den kommenden zwei Jahren sollen in Baden-Württember­g jeweils 1800 Menschen ihre Ausbildung bei der Polizei starten. Meßstetten hätte auf dem Kasernenge­lände den Platz für eine Schule zur Verfügung gestellt, kam aber nicht zum Zuge.

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