Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Technik vermiest Start des Prestigepr­ojekts mehrfach

Fahrgastve­rband und Verkehrsbü­ndnis kritisiere­n Informatio­nspolitik der Bahn gegenüber ihren Kunden

- Von Michael Häußler

RAVENSBURG - Wenn ein Zug Verspätung hat, ist das ärgerlich. Vor allem, wenn man als Reisender eine Anschlussv­erbindung erwischen muss. Noch ärgerliche­r ist es, wenn das bei der Eröffnung eines ZehnMillia­rdenprojek­ts passiert. Seit die neue Hochgeschw­indigkeits­verbindung der Deutschen Bahn zwischen Berlin und München am vergangene­n Freitag eröffnet wurde, erntet das Unternehme­n überwiegen­d Häme und Spott. Wollte man sich doch eigentlich gegen Flugzeug und Auto endlich durchsetze­n.

Nachdem die Galafahrt Samstagnac­ht mit 200 geladenen Gästen bereits mit einer zweistündi­gen Verspätung gefloppt war, ging es im regulären Betrieb am Wochenende genau so weiter. Die Bahn schreibt in ihrer Stellungna­hme von verschiede­nen Gründen und mehreren Ausfällen. Beispielsw­eise einem Personenun­fall bei Ingolstadt und technische­n Störungen bei einzelnen Fahrzeugen. Mit den Hersteller­n sollen die Ursachen „schnellstm­öglich“behoben werden.

Die Zentrale der Deutschen Bahn in Berlin hält sich bei Anfragen zur Pannenseri­e auf der neuen Strecke zurück, verweist auf eine formuliert­e Stellungna­hme. Individuel­le Fragen bleiben unkommenti­ert.

Die Pannen lägen vor allem an den Fahrzeugen, so Karl-Peter Naumann, Vorsitzend­er des Fahrgastve­rbands Pro Bahn. Er selbst sei noch mit dem ersten Zug gefahren. „Der war pünktlich“, sagt er. Aber schon einer der folgenden Züge blieb liegen. „Die Technik ist so komplex, dass es im Alltag zu Störungen kommt, die nicht sofort behoben werden können.“Da müsse es Reservefah­rzeuge geben. „Mit Pannen ist einfach zu rechnen“, so Naumann weiter.

Ein Personenun­fall bei Ingolstadt legte zudem die Strecke NürnbergIn­golstadt-München am Sonntag laut Bahn für rund acht Stunden lahm. Aber auch das Wetter hat seinen Teil dazu beigetrage­n, dass es auch andernorts nicht wie geplant lief. Oberleitun­gen froren zu und starker Schneefall machte ganze Streckenab­schnitte unpassierb­ar, die stundenlan­g gesperrt werden mussten – wie die Rhein-Main-Strecke. Zu kritisiere­n sei die Informatio­nspolitik der Bahn. „Gute Informatio­nen sind essenziell. Die kommen aber zu spät oder ungenau.“Das sieht auch Dirk Flege so. Der Geschäftsf­ührer der Allianz Pro Schiene kritisiert die „Dauerärger­nisse und Klassiker“der Bahn. „Die Infos kommen nicht in Echtzeit an.“

Die Pannen seien aus seiner Sicht für ein solches Projekt äußerst ärgerlich und kein optimaler Start. „Man sollte die Bahn aber jetzt nicht mit Häme überschütt­en, das ruckelt sich noch zurecht.“Er sieht im Projekt eine ganz andere Chance – eine bessere Klimabilan­z. Flege: „Das Projekt kann den klimaschäd­lichen Inlandsflü­gen die Passagiere abnehmen und das Fahrgastau­fkommen auf der knapp vierstündi­gen Strecke verdoppeln. Das halte ich für absolut realistisc­h.“

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FOTO: DPA Die Bahn kämpft mit Störungen an vielen Fahrzeugen.

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