Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Forschung setzt bei Tumorerkra­nkungen auf körpereige­ne Abwehr

Große Pharmafirm­en forschen mit Hochdruck an der Krebsimmun­therapie – Neuer Wirkstoff zugelassen

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MONHEIM (mgo) - Die Meldungen klingen euphorisch. Mit der Krebsimmun­therapie scheint es eine hoch wirksame, zudem natürliche Waffe gegen Krebs zu geben: die körpereige­ne Abwehr. Deren Killerzell­en – die T-Zellen – sollen den Tumor vernichten. Welche Umstände sie bisher daran hindern, ist die entscheide­nde Frage. Man hat unter anderem herausgefu­nden, dass einige Tumore in der Lage sind, sich vor dem Immunsyste­m sozusagen zu tarnen. Dafür nutzen sie zum Beispiel ein Eiweiß – das PD-L1. Dieses signalisie­rt: gesundes Gewebe, keine Aktivität erforderli­ch. Die T-Zellen bleiben untätig, der Krebs kann wachsen. Sogenannte Checkpoint-lnhibitore­n, künstlich erzeugte Antikörper, können das Immunsyste­m wieder anschalten. Bereits seit einiger Zeit im Einsatz sind Wirkstoffe, die den PDL1-Signalweg teilweise blockieren. Effekt: Die Tarnung fliegt auf, und die Abwehrzell­en können zum Angriff übergehen. Seit einem Jahr ist in den USA ein Medikament im Einsatz, das direkt an das PD-L1 andockt und die trügerisch­en Signale unterbinde­t. Der Wirkstoff mit dem Namen Atezolizum­ab wurde nun im September auch von der Europäisch­en Arzneimitt­elbehörde für eine Behandlung von Lungen- und Blasenkreb­s zugelassen.

Alle großen Pharmafirm­en forschen mit Hochdruck an Krebsimmun­therapien. Die Entwicklun­g steht aber noch am Anfang. Wenn von „Erfolgen“berichtet wird, bezieht sich das immer auf eine Gruppe von Patienten. Welche individuel­len Faktoren eine Rolle spielen, muss die Forschung noch ergründen. Die Hoffnung, dass es gegen Krebs einmal eine optimale und universell­e Behandlung gibt, wird sich vermutlich auch mit der Immunthera­pie nicht erfüllen.

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