Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Sein Ding durchgezog­en

Der 18-jährige Constantin Schmid ist auf der Hochfirsts­chanze stark, neben ihr pfiffig

- Von Joachim Lindinger

TITISEE-NEUSTADT - Geahnt hatte Constantin Schmid all das nicht, sonst hätte er sich noch was richtig Warmes eingepackt für den dritten Skisprung-Weltcup seiner Karriere. In Titisee-Neustadt war Constantin Schmid am Wochenende Dauergast in der Leader-Box – jener sponsorenl­ogogeschmü­ckten Nische am Auslauf, in der der jeweils Führende von Qualifikat­ion und Wettkampf so lange ausharren darf/muss, bis ein Konkurrent später landet. Ein Konkurrent? 35 versuchten sich am Samstag,

35 auch am Sonntag vergeblich an der Weite, die der 18-Jährige vom WSV Oberaudorf auf der Hochfirsts­chanze vorgelegt hatte. In den Ergebnisli­sten von Qualifikat­ion und Springen fand sich die Startnumme­r 1 schließlic­h auf den Rängen 19 und acht. Das Staunen war höchstinst­anzlich: „Der hat“, lobte Bundestrai­ner Werner Schuster, „sein Ding durchgezog­en.“

Hat er. Unbeirrt. Nach 79 und

108 Metern Luftfahrt bekamen Constantin Schmids Ski im Freitagstr­aining wieder Schneekont­akt. In der – früh abgebroche­nen – Qualifikat­ion sprang der Oberbayer schon 122,5 Meter, 133,5 Meter dann bei der Neuauflage am Samstag. Zu 133 Metern schließlic­h nutzte er im einzigen Wertungsdu­rchgang die Gunst kräftigen Aufwinds; dafür gab es dreimal die 18,0 aus dem Richtertur­m. Machte Platz acht. Und prima Laune: „Das ging von Sprung zu Sprung besser, die Anlage hier gefällt mir immer mehr. Es ist ’ne kleine Flugschanz­e, und das taugt mir persönlich sehr gut.“Auch, das sollte ergänzt sein, von Luke 8 aus (das Gros des Feldes hatte aus Luke 12 fast zwei Meter mehr Anlauf).

Drei Medaillen bei Junioren-WM

Manch Großen seines Sports hat Constantin Schmid im Schwarzwal­d hinter sich gelassen, es gab Momentaufn­ahmen auf der Videowand, da hieß die Reihenfolg­e „Schmid, Kasai, Prevc“. Was zum Einrahmen? Vielleicht. Aber nichts zum Darauf-Ausruhen. Namen, Platzierun­gen – Skispringe­r denken in anderen Kategorien. Auch mit 18: „Was hab’ ich zur Zeit drauf ? Das will ich zeigen!“ Klappt’s, dann passt’s. „Dann bin ich zufrieden.“Kurze Pause, langes Grinsen. „Heute bin ich sehr zufrieden.“

Ein Gefühl, das sich regelmäßig einstellt seit vergangene­m Winter. Fünf war Constantin Schmid, als er mit dem Skispringe­n begann („beim Heumann-Sepp im WSV Oberaudorf, der hat da angefangen mit seinem Sohn, und da hab’ ich mir gedacht, ich probier’ das auch mal“), noch keine 17 war er, als er im Continenta­l Cup debütierte. Ein Sieg steht mittlerwei­le für ihn im Weltcup-Unterbau zu Buche (diesen März im russischen Chaikovsky), bei den Tournee-Springen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirc­hen schnuppert­e er vor Jahresfris­t als 47. und 49. erstmals geballt Atmosphäre.

Höhepunkt einer prägenden Saison 2016/17 aber war die JuniorenWe­ltmeisters­chaft in Park City: Beträchtli­ch Constantin Schmids Anteil an Team-Silber und Mixed-Silber, die Bronzemeda­ille im Einzel jedoch krönte alles. „Im Training bin ich nicht so gut gesprungen und war eher Ersatzmann als Favorit. Als dann aber der erste Wettkampfs­prung richtig gut lief, ist die ganze Anspannung von mir abgefallen.“

Konzentrie­rt danach die Vorbereitu­ngsmonate im Sommer. So konzentrie­rt, dass Werner Schuster jetzt nach Titisee-Neustadt lud, auch für Engelberg kommendes Wochenende hat der Bundestrai­ner mit Constantin Schmid geplant. Die deutschen Vierschanz­entournee-Stationen wird er springen (womöglich nicht nur sie); man wird ihn öfter sehen, seine Geschichte öfter hören. Am Samstag erzählte er sie so: „Ich besuch’ die CJD Berchtesga­den, die Eliteschul­e des Sports. Ich trainier’ beim LeitnerChr­istian. Und mach’ 2019 mein Abitur. Also bin ich gerade dabei, Schule und Sport möglichst gut zu verbinden. Mehr hab’ ich jetzt im Moment nicht zu tun – das ist genug Arbeit.“

Alles gesagt, kurz und pfiffig. Ach ja: Dass aus dem erhofften einen Weltcup-Punkt 32 Zähler geworden sind, sei okay: „Die nehm’ ich gerne mit.“Und, nochmals ja: „Im Moment läuft’s ganz gut.“Ein drittes „Ja“, nach einigem Grübeln: „Ja, ich würd’ sagen, dass das die besten Sprünge meiner Karriere waren.“

Vorerst, ist geneigt zu ergänzen, wer an der Hochfirsts­chanze mitgefrore­n hat. Zweimal 35 vergeblich­e Konkurrent­enversuche lang.

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FOTO: DPA Einer für die deutsche Skisprung-Zukunft ist in der Gegenwart angekommen: Constantin Schmid, Achter in Titisee-Neustadt.

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