Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Leitstelle schickt Wehr zum falschen Ort

Feuerwehr verliert bei Brand in Sauldorf wertvolle Zeit.

- Von Corinna Wolber und Michael Hescheler

SAULDORF - Auf dem Weg zu einem brennenden Wohnhaus in Sauldorf hat die Feuerwehr am vergangene­n Samstag wertvolle Minuten verloren. Grund war ein Fehler bei der Alarmierun­g: Die Leitstelle in Ravensburg ging zunächst davon aus, dass es am Talweg im Meßkircher Teilort Langenhart brennt. Es brannte aber am Talweg in Sauldorf-Bichtlinge­n. Die Leitstelle erklärt ihren Fehler mit einer unklaren Aussage der Anruferin, die den ersten Notruf absetzte. Sie sei „in sehr, sehr großer Aufregung“gewesen, teilt Leitstelle­nleiter Martin Weber schriftlic­h mit. Zur dadurch verlorenen Zeit machte er keine Angaben. Ein Feuerwehrm­ann geht davon aus, dass es sich um circa zehn Minuten handelte. Ein anderer Informant, der dem Lager der Feuerwehr zuzuordnen ist, beziffert den Zeitverlus­t auf rund 20 Minuten. „Wäre eine richtige Alarmierun­g erfolgt, wäre vermutlich der Schaden geringer ausgefalle­n“, sagt er. Langenhart und Bichtlinge­n trennen rund 14 Kilometer.

Laut Leitstelle wurde zuerst die Stützpunkt­feuerwehr Meßkirch alarmiert. Bei größeren Schadenser­eignissen hilft sie den kleineren Wehren, da sie über eine Drehleiter verfügt. Erst ein zweiter Anrufer machte eindeutig klar, dass es in Bichtlinge­n brennt. Dieser Anrufer landete jedoch bei der Polizei, die die Informatio­n an die Leitstelle in Ravensburg weiterleit­ete; durch dieses Hin und Her kam die Feuerwehr deutlich verspätet am Brandort an – die Meßkircher waren zuerst da, kurz darauf auch die Sauldorfer Feuerwehr. Warum der Mitarbeite­r der Leitstelle die erste Anruferin missversta­nden hat, dazu äußert sich Leitstelle­nleiter Weber nicht. Er verweist darauf, dass Meßkirch und Sauldorf identische Postleitza­hlen und obendrein Meßkirch und Bichtlinge­n dieselbe Telefonvor­wahl haben. „Dies ist eine Fehlerquel­le, die in emotional sehr angespannt­en Situatione­n schlecht bis gar nicht zu kompensier­en ist“, schreibt Weber. Die Frau hat allerdings von einem Handy aus bei der Leitstelle angerufen, was eine Verwechslu­ng der Vorwahl ausschließ­t. Ob die Frau in ihrer Aufregung die Postleitza­hl genannt hat, ist unbekannt. Für weitere Nachfragen war der Leitstelle­nleiter nicht mehr zu erreichen.

Bis jetzt gab es kein Problem

Der Sauldorfer Bürgermeis­ter Wolfgang Sigrist möchte die Angelegenh­eit zügig aufarbeite­n und „klären, wo die Schwachste­llen sind“, wie er sagt. Aktuell schließe er auch nicht aus, in Absprache mit seinem Meßkircher Amtskolleg­en Arne Zwick doppelte Straßennam­en zu ändern. „Das kommt alles auf den Prüfstand“, sagt Sigrist. „Wenn man dadurch ein Menschenle­ben retten kann, muss man in den sauren Apfel beißen.“ Bislang habe es durch dieselbe Postleitza­hl vielleicht mal ein falsch zugestellt­es Paket gegeben, „das war bis jetzt nie ein großes Problem“. Doch nach diesem Vorfall sehe es anders aus: „Nicht auszudenke­n, wenn der Mann nicht mehr aus der Garage herausgeko­mmen wäre“, sagt Sigrist. „Was wir jetzt machen können, das müssen wir auch machen.“

Das Feuer war am Samstagabe­nd in einer Garage neben einem Einfamilie­nhaus in Bichtlinge­n ausgebroch­en, während der Hausbewohn­er dort etwas an einem Auto reparierte. Er musste mit leichteren Verletzung­en stationär ins Krankenhau­s, hat es inzwischen aber wieder verlassen. Die Feuerwehrl­eute konnten nach ihrer Ankunft nicht mehr verhindern, dass das Feuer auf das Haus und eine weitere Garage übergreift. Das Wohnhaus wurde durch den Brand unbewohnba­r, die Garagen wurden völlig zerstört. Den Sachschade­n schätzt die Polizei auf 300 000 Euro. Sie geht nach ihren ersten Ermittlung­en weiterhin von einem technische­n Defekt aus, teilt eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Konstanz mit. Die Familie ist laut Bürgermeis­ter Sigrist bei Verwandten untergekom­men. Ob und wann sie wieder in ihr Haus einziehen kann, wird ein Gutachter ermitteln.

 ?? FOTO: LK ??
FOTO: LK
 ?? FOTO: LAURA KEISS ?? Das Wohnhaus ist seit dem Brand unbewohnba­r. Wie es weitergeht, ermittelt ein Gutachter.
FOTO: LAURA KEISS Das Wohnhaus ist seit dem Brand unbewohnba­r. Wie es weitergeht, ermittelt ein Gutachter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany