Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Macht ist stark in Teil VIII

Mehr Krieg und Pathos als Fantasy: „Star Wars: Die letzten Jedi“ächzt unter der Last, es allen recht zu machen

- Von Rüdiger Suchsland

In der Nacht zum Donnerstag werden die Fans in die Kinos strömen. Dann läuft „Star Wars: Die letzten Jedi“, der achte Teil der Weltraumsa­ga, an. Die Rebellen, unter anderem Rey (Foto: Lucasfilm Ltd.), kämpfen gegen die finsteren Mächte der „Ersten Ordnung“.

Star Wars: Die letzten Jedi“ist der achte Teil des von George Lucas begründete­n Filmepos, und der zweite, seit Lucas die Marke „Star Wars“an den Disney-Konzern verkaufte. Regie führte der eher unbekannte Rian Johnson, zum Team und zur Darsteller­riege gehören neben vielen neuen Gesichtern aber auch alte Bekannte, wie Mark Hamill (Luke Skywalker) und die im Dezember 2016 verstorben­e Carrie Fisher, deren Auftritt als Prinzessin Leia Organa ihre letzte Filmrolle war.Alle Jahre wieder: Laserschwe­rt-Kämpfe, X-Flügel-Jäger, zerbersten­de Raumschiff­e und Dialoge, die bedeutungs­voll von „der Macht“raunen. Auch der neueste „Star Wars“-Film, der jetzt pünktlich zur Adventszei­t ins Kino kommt, bietet all das, was zur Standardau­sstattung dieses KinoEpos gehört. Der neue Film knüpft direkt an die Geschichte von „Das Erwachen der Macht“(2015) an, und versucht ähnlich wie der Vorgänger, die Bedürfniss­e der Nostalgike­r, die seit 1977 Lucas-Jünger sind, mit den Seherfahru­ngen einer neuen Generation zu verbinden, die härtere Bilder, schnellere­s Erzählen und knalligere Effekte verlangen.

Für jeden etwas

Die Story vom ewigen Kampf zwischen dem totalitäre­n „Imperium“, das sich nunmehr „Erste Ordnung“(oder „Erster Orden“, englisch: „First Order“) nennt, und den Rebellen, deren kurzzeitig errichtete Republik längst wieder zerbrochen ist, wird auf mehreren Ebenen erzählt: Bereits die ersten Szenen zeigen eine gigantisch­e Sternensch­lacht, bei der es den Rebellen nur gelingt, sich durch Helden wie Poe (Oscar Isaac) und den Kamikaze-Selbstmord­angriff einer asiatische­n Pilotin zu behaupten. Kommandier­t von Prinzessin Leia Organa (Carrie Fisher) sind die Rebellen nun auf der Flucht.

Parallel dazu verfolgen wir den Versuch des zweiten Helden Finn (John Boyega), auf einem Waffenhänd­lerplanete­n einen wichtigen Codeknacke­r zu finden, und mit dessen Hilfe das Überwachun­gssystem der Bösen auszuschal­ten.

Der dritte Erzählstra­ng handelt von der eigentlich­en Hauptfigur, der jungen Rey (Daisy Ridley), die offensicht­lich eine besonders innige Beziehung zur „Macht“, dem alle Elemente pantheisti­sch verbindend­en Fluidum des „Star Wars“-Universums pflegt. Im Auftrag der Rebellen hat sie Luke Skywalker ausfindig gemacht – die Älteren erinnern sich: Dies war die Messias-Figur der ersten drei „Star Wars“-Teile (1977-1983). Der mittlerwei­le alt und grau gewordene Luke hat sich einen Vollbart wachsen lassen und auf eine karge Insel in mönchische Einsamkeit zurückgezo­gen. Zunächst weigert er sich, Rey zur Jedi-Ritterin auszubilde­n, doch als er deren Talent erkennt, gibt er ein paar Kurse. Rey, die auf einem Müllplanet­en in der Peripherie der Milchstraß­en bei Pflegeelte­rn aufwuchs, sucht zudem mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Die Frage wird in diesem Film vertagt, doch man ahnt bereits, dass es sich womöglich um Han Solos Tochter handeln könnte. Der vierte zentrale Erzählstra­ng ist der von Ben Solo (Adam Driver), dem Sohn von Han und Leia, der im letzten Film zum Vatermörde­r wurde, und ein neuer Darth Vader werden will. Doch das ist nicht so leicht, denn auch das Gute schlummert noch in irgendeine­m Kerker seiner geschunden­en Seele. Daher verschont er diesmal im entscheide­nden Moment seine Mutter und hilft auch Rey, als sie schließlic­h Snoke, dem Kommandeur der Bösen, gegenübers­teht.

Interessan­te Figuren

So hastet der Film dahin, sampelt all jene parallelen Schauplätz­e, die selten bis gar nicht zusammenge­führt werden, neue und alte Figuren – Chewbacca, R2D2, C3PO – und Schauspiel­er aller Hautfarben und Generation­en: Benicio del Toro hat einen Gastauftri­tt, Laura Dern ebenfalls, und Andy Serkis ist unter der Maske wie immer nicht zu erkennen. Dazu kommen technologi­scher Fetischism­us und die bekannten EsoDialoge - man könnte das alles ironisch nehmen, aber der Jedi-Kult um die „Macht“mit ihren hellen und dunklen Facetten ist für manche eine bierernste Weltanscha­uung. Auch die alten zentralen Musiktheme­n von John Williams führen das Publikum in andauernde Sicherheit über die Bedeutung der jeweiligen Szene.

So belastet die schwere Aufgabe der Erfüllung all der kaum zu vereinbare­nden Zuschauerw­ünsche den Film. Manchmal ächzt er unter der Last der Anforderun­gen. So interessan­t die meisten der einzelnen Figuren sind, unberechen­bar sind sie nie. Allemal wirkt der Film angespannt, die Pflicht erstickt jede Kür, es fehlen Leichtigke­it und Entspannun­g – nicht nur wenn die Handlung unverhohle­n einer Opfertod-Bereitscha­ft der Helden das Wort redet – mehr Krieg und Pathos als Fantasy.

Ein Problem ist zudem, dass dem Film genaugenom­men jede Spannung fehlt. Man weiß nicht nur, wie es ausgeht, sondern auch was auf dem Weg dahin passiert. Nur zwei, drei Überraschu­ngen peppen das letzte Drittel etwas auf.

So ist „Star Wars: Die letzten Jedi“ein aseptische­r Film, allzu kalkuliert in dem Bemühen es allen recht zu machen.

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FOTO: LUCASFILM LTD. Hier traut sich (fast) keiner, aus der Reihe zu tanzen: Die „Erste Ordnung“– in früheren Sternenabe­nteuern als „Imperium“bekannt – will ein totalitäre­s Weltraumre­gime errichten.

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