Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Eine Bahntrasse ins Nirgendwo

- Von Katja Korf ●» k.korf@schwaebisc­he.de

Der Tiefbahnho­f Stuttgart 21 wird auch deswegen gebaut, weil er viele Befürworte­r abseits der Landeshaup­tstadt hat. Beim Volksentsc­heid stimmten Bürger in Oberschwab­en, am Bodensee und auf der Alb für das Projekt. Bahn und Politik haben ihnen konkrete Verspreche­n gegeben. Die lauten: raschere Anbindunge­n nach Stuttgart und zum Flughafen, eine bessere Vernetzung mit dem Fernverkeh­r.

Diesen Verspreche­n müssen nun Taten folgen, selbst wenn der Tiefbahnho­f erst Jahre später fertig wird. Lamentiere­n hilft nicht. Es ist seit Langem klar, dass die Strecke Stuttgart-Ulm vor dem Tiefbahnho­f fertig wird. Deswegen darf man von der Bahn erwarten, dass sie bereits Konzepte für eine Interimslö­sung prüft und zeitnah etwas vorlegt.

Leider besteht Anlass zum Pessimismu­s. Die Bahn besticht durch Planungsde­saster, siehe S 21, siehe Schnellbah­nstrecke München-Berlin. Viele Unwägbarke­iten waren im Vorfeld bekannt, wurden aber offenkundi­g nicht genügend berücksich­tigt. Seien es die streng geschützte­n Eidechsen im Gleisfeld oder das quellfähig­e Gestein, durch das die Tunnel in Stuttgart getrieben werden muss. Das war bekannt und wird nun als Grund für die Verzögerun­gen und Kostenstei­gerungen genannt. Besser gewesen wäre es, sich rechtzeiti­g darauf einzustell­en.

Die Bahn muss endlich aus diesen Fehlern lernen und nun rechtzeiti­g für die Übergangsz­eit planen. Die Bundesregi­erung muss ihrerseits Druck ausüben – das Unternehme­n gehört schließlic­h dem Bund. Schon bald werden die Pendler auf der Südbahn in Vorleistun­g gehen. Sie müssen mit erhebliche­n Behinderun­gen rechnen, wenn die Trasse zwischen Lindau und Ulm elektrifiz­iert wird. Streckensp­errungen und Pendelbuss­e werden monatelang zur Regel. Kunden müssen viel erdulden, ohne dafür zeitnah von den Vorteilen der Bauarbeite­n zu profitiere­n.

Man stelle sich dieses Desaster vor: Milliarden Euro teure Tunnel, die kein Zug nutzen kann. Ein Bahnhof auf der Alb ohne Anschluss. Willkommen im schwäbisch­en Schilda.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany