Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Klimaschut­z geht auch ohne Trump

Pariser Klimagipfe­l bringt Wirtschaft­svertreter und staatliche Akteure an einen Tisch

- Von Christine Longin

PARIS - Es ist eine ungewöhnli­che Mischung von Menschen gewesen, die am Dienstagna­chmittag vor dem futuristis­chen Kulturzent­rum La Seine Musicale an Land ging. Prinz Albert von Monaco, Arnold Schwarzene­gger, Sean Penn, Bill Gates, Theresa May und Alexis Tsipras waren mit dem Schiff Mirage in den Westen von Paris gekommen, um sich einer gemeinsame­n Sache zu widmen: dem Kampf gegen den Klimawande­l. Geladen hatte der französisc­he Präsident Emmanuel Macron, der nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen die Rolle des obersten Klimarette­rs übernommen hatte. Sein Satz „Make Our Planet Great Again“war die Antwort auf Trumps Kampfansag­e gewesen, Pittsburgh künftig den Vorzug vor Paris zu geben. Macrons One Planet Summit zeigte, dass Klimaschut­z auch ohne den US-Präsidente­n möglich ist.

Medienwirk­sam inszeniert­e „Monsieur Climat“das Großereign­is, das vor allem die Wirtschaft stärker am Kampf gegen den Klimawande­l beteiligen sollte. „Wir sind dabei, die Schlacht zu verlieren“, warnte Macron in seiner Eröffnungs­rede. Die Erderwärmu­ng steuere inzwischen auf über drei Grad zu. Bei der Pariser Klimakonfe­renz hatten sich mehr als 190 Staaten dazu verpflicht­et, die durch Treibhausg­ase verursacht­e Erderwärmu­ng auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. „Einige, die hier sitzen, werden in einigen Jahren nicht mehr da sein“, ergänzte Macron. Das gilt vor allem für Länder wie die Fidschi-Inseln, die überflutet zu werden drohen.

Neben den Vertretern aus 127 Ländern waren auch prominente nichtstaat­lichen Akteure wie der ehemalige New Yorker Bürgermeis­ter Mike Bloomberg gekommen. Der UN-Sondergesa­ndte für Städte und Klimawande­l ist Trump schon fast dankbar, dass er den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen angekündig­t hat. Dadurch habe der USPräsiden­t das Engagement von Bundesstaa­ten wie Kalifornie­n und Städten gestärkt. „Es gibt nichts, was Washington tun kann, um uns zu stoppen.“Der engagierte Klimaschüt­zer ist fest davon überzeugt, dass der Klimawande­l ein Thema ist, das immer mehr Bedeutung bekommt. „Schauen Sie sich die Nachrichte­n an: Überall ist von Bränden, Hurrikanen und Waldschäde­n die Rede. Die Leute sagen: Das betrifft meine Familie und ich will, dass etwas getan wird.“

Wirtschaft muss umdenken

Genau deshalb gehört der Klimaschut­z bei großen Unternehme­n inzwischen zur Geschäftsp­olitik. Mehr als 200 führende Firmen wollen künftig die Risiken, denen sie durch den Klimawande­l ausgesetzt sind, in ihren Finanzberi­chten ausweisen. „Diejenigen, die nicht auf eine grüne Wirtschaft setzen, werden in einer grauen Zukunft leben“, warnte UN-Generalsek­retär Antonio Guterres. „Die privaten Mittel müssen noch bedeutsame­r werden“, forderte auch Umweltmini­sterin Barbara Hendricks (SPD), die anstelle von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Paris gekommen war.

Musterschü­ler der Pariser Konferenz war der französisc­he Versicheru­ngskonzern AXA. Das weltgrößte Versicheru­ngsunterne­hmen will bis 2020 zwölf Milliarden Euro in klimafreun­dliche Projekte investiere­n – ein Vierfaches der bisher geplanten Summe. Gleichzeit­ig will der Konzern keine neuen Kohleminen mehr versichern. AXA setzt damit Konkurrent­en wie Allianz unter Druck, es ihm nachzutun. „Zugzwang zu erzeugen ist einer der Effekte dieses Gipfels“, sagt Lutz Weischer, Teamleiter Internatio­nale Klimapolit­ik von Germanwatc­h, der als Beobachter nach Paris gekommen war.

Wo die Konzerne in Vorleistun­g gingen, konnten die staatliche­n Vertreter nicht untätig bleiben. Neun EU-Länder, darunter Deutschlan­d, bekannten sich zur Einführung eines wirksamen CO2-Preises. Auch Stiftungen gingen Verpflicht­ungen ein. So will die Gates-Stiftung der Landwirtsc­haft mit 650 Millionen Dollar helfen, Folgen des Klimawande­ls zu bewältigen. Die Liste der Maßnahmen soll die Kritik derer entschärfe­n, die das Treffen nur als Schaufenst­erveransta­ltung sehen. „Es wäre verkürzt, von einer Show zu sprechen“, bemerkt Sven Harmeling von Care Deutschlan­d. „Wir brauchen solche Events, um Akteure zusammenzu­bringen und neue Engagement­s anzustoßen.“Kritisch sieht er aber die Rolle Deutschlan­ds in der Klimapolit­ik. „Deutschlan­d muss aufpassen, dass es den Anschluss nicht verliert.“

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FOTO: DPA Marokkos König Mohammed VI, Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Mexikos Präsident Enrique Pena Nieto (von links) zeigen beim Pariser Klimagipfe­l, dass Klimaschut­z auch ohne Trump möglich ist.

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