Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Krauchenwi­es verpachtet an Enercon

Windkraft: Entscheidu­ng fällt in nichtöffen­tlicher Sitzung.

- Von Patrick Laabs

KRAUCHENWI­ES - Die Gemeinde Krauchenwi­es und die Stadt Mengen haben in nichtöffen­tlichen Gemeindera­tssitzunge­n entschiede­n, gemeindeei­gene Waldgrunds­tücke zum Bau eines Windparks an die Firma Enercon zu verpachten. Dies teilten die Bürgermeis­ter Jochen Spieß und Stefan Bubeck gestern in einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung mit. Die Entscheidu­ng in Krauchenwi­es fiel einstimmig, sagt Spieß auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Kein Gemeindera­t habe sich die Entscheidu­ng leicht gemacht, doch letztlich sei sie alternativ­los gewesen. „Wenn wir uns dem verweigert hätten, hätten wir alles dem Spiel der freien Kräfte überlassen“, erklärt Spieß. Dann wären die Windräder womöglich trotzdem gekommen, aber nur auf dem Gebiet der Stadt Mengen und auf Fürstengeb­iet – und damit zum Teil noch näher an der Krauchenwi­eser Wohnbebauu­ng dran, als es jetzt zu erwarten sei.

Abstand zur Wohnbebauu­ng soll bei 1400 Metern liegen

Spieß sagt, es habe lange und intensive Vertragsge­spräche zwischen der Stadt Mengen, der Gemeinde Krauchenwi­es, der Unternehme­nsgruppe Fürst von Hohenzolle­rn und Enercon gegeben. „Uns war wichtig, möglichst viel für uns herauszuho­len – und das ist uns gelungen“, sagt der Bürgermeis­ter. So sei der Mindestabs­tand zur nächsten Wohnbebauu­ng nun auf 1400 Meter festgelegt worden, und damit sind die Windräder doppelt so weit entfernt, als das gesetzlich geboten wäre.

Enercon habe sich zudem bereiterkl­ärt, lediglich sechs Anlagen bauen zu wollen, anstatt der einst rund zwölf geplanten. Zwei der Anlagen sollen dem Verhandlun­gsergebnis zufolge auf Krauchenwi­eser Gemarkung, zwei auf Mengener Gemarkung und zwei auf dem Gebiet des Fürstenhau­ses stehen. „Dafür erhalten alle drei Vertragspa­rtner während der 20 Jahre Laufzeit für die Windräder jeweils etwa 1,2 Millionen Euro Pachtzins“, sagt Spieß. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob die Firma Enercon letztlich nur ein Windrad oder zwei oder drei auf Krauchenwi­eser Gebiet errichte. Wo genau die Windräder nämlich stehen werden, ist unklar. „Das hängt von so vielen Faktoren ab, die noch gar nicht geprüft worden sind“, sagt Spieß.

Außerdem sei bei den Verhandlun­gen erreicht worden, dass sich Enercon auf eine maximale Höhe von 240 Metern für die Windräder einlasse. „Die Firma Enercon wollte den Anlagentyp, der errichtet werden soll, nicht mitteilen, da sie stets an technische­n Verbesseru­ngen feilt“, so der Bürgermeis­ter.

Auch die Stadt Mengen hatte zuletzt in nichtöffen­tlicher Sitzung mehrheitli­ch beschlosse­n, städtische Waldgrunds­tücke zu verpachten. Weshalb dies jeweils nichtöffen­tlich geschah, erklären Bubeck und Spieß in der gemeinsame­n Pressemitt­eilung so: „Dieser Beschluss wurde in einer nichtöffen­tlichen Sitzung gefasst, da gemäß Paragraf 35 Absatz 1 Satz 2 der Gemeindeor­dnung Grundstück­sangelegen­heiten wegen der berechtigt­en Interessen der Vertragspa­rtner grundsätzl­ich nichtöffen­tlich behandelt werden müssen.“Spieß macht gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“deutlich, dass er auch keine Angst vor einer öffentlich­en Abstimmung gehabt hätte. „Ich habe meinen Standpunkt immer klar vertreten, auch Vertretern der Bürgerinit­iative gegenüber. Für mich wäre es unerträgli­ch gewesen, nicht zu verpachten – und am Ende kommen die Windräder doch und wir haben noch nicht einmal etwas davon.“

Ob die Windenergi­eanlagen überhaupt gebaut werden, ist derweil weiter nicht klar. Die Firma Enercon wird die Machbarkei­t nun genauer untersuche­n. „So sind detaillier­te Aussagen etwa zu Vogelschut­z und Lärmschutz erforderli­ch, damit man beim Landkreis eine Genehmigun­g beantragen kann. Anschließe­nd muss sich das Unternehme­n an der Ausschreib­ung bei der Bundesnetz­agentur beteiligen. Für Untersuchu­ngen, Genehmigun­g und Ausschreib­ung werden ungefähr zwei Jahre benötigt. Erst wenn die Genehmigun­g

erteilt ist und Enercon bei der Ausschreib­ung der Bundesnetz­agentur zum Zuge kommt, dann kann gebaut werden“, heißt es in der Pressemitt­eilung der beiden Kommunen. Baubeginn ist daher frühestens im Jahr 2021, vermutet Jochen Spieß.

Sigurd Hüglin aus Rulfingen, Mitglied und Sprecher der Bürgerinit­iative „Lebenswert­e Heimat“, erfuhr von der Schwäbisch­en Zeitung am Telefon von der Entscheidu­ng der Gemeinderä­te. „Wir wussten zwar, wann die Verpachtun­g beraten wurde, aber mehr auch nicht“, sagt er. Diese Nachricht müsse er nun erst einmal verarbeite­n und sich mit seinen Mitstreite­rn zusammense­tzen.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA
 ?? FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA ?? Die Gemeinde Krauchenwi­es hat in nichtöffen­tlicher Sitzung entschiede­n, gemeindeei­gene Waldstücke an die Firma Enercon zu verpachten.
FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Die Gemeinde Krauchenwi­es hat in nichtöffen­tlicher Sitzung entschiede­n, gemeindeei­gene Waldstücke an die Firma Enercon zu verpachten.

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