Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der Staatsanwalt ermittelt
Die Fehlalarmierung der Leitstelle Oberschwaben wird untersucht.
MESSKIRCH - Die Hechinger Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen in Zusammenhang mit der Fehlalarmierung der Leitstelle Oberschwaben aufgenommen. „Wir prüfen, ob es Anhaltspunkte für ein Strafverfahren gibt“, sagt Staatsanwalt Markus Engel auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen von Amts wegen aufgenommen. Unterdessen erhebt ein ehemaliger Berufsfeuerwehrmann schwere Vorwürfe gegen die Leitstelle, die die Feuerwehr statt zum Brandort in Sauldorf-Bichtlingen nach Meßkirch-Langenhart schickte. „Das Fehlverhalten ist einzig und allein auf die Leitstelle zurückzuführen“, sagt Peter Gläsner aus Veringenstadt, der als Brandoberamtsrat für den Rettungsdienst im Raum Darmstadt und Südhessen verantwortlich war.
Gläsner hat sich bei der Redaktion gemeldet, als er von der Fehlalarmierung las. „Als Einwohner des Landkreises Sigmaringen bin ich auf die Leitstelle angewiesen, wenn ich gesundheitlich in Schwierigkeiten gerate“, sagt der Ex-Berufsfeuerwehrmann. Weil sein persönliches Vertrauen in die Leitstelle gestört sei, trage er sich mit dem Gedanken, Anzeige wegen unterlassener Hilfestellung zu erstatten. Gläsner leitete die Leitstelle in Darmstadt bis zu seiner Pensionierung vor zehn Jahren. Laut seiner Einschätzung wurde der Fehler in der Leitstelle gemacht. „Der Mitarbeiter, der den Notwurf annimmt, muss den Anrufer auf eine normale Höhe runterbringen“, beschreibt der Ex-Feuerwehrmann die übliche Vorgehensweise.
Es sei die Aufgabe der Leitstelle, die richtigen Fragen zu stellen - und zwar so lange, bis belastbare Informationen vorlägen. Der Umstand, dass die Stützpunktfeuerwehr Meßkirch in den falschen Talweg ausrückte, erklärte die Leitstelle Oberschwaben mit der Aufregung während des ersten Telefongesprächs. „Die Anruferin des ersten Notrufes, der uns erreichte, war in sehr, sehr großer Aufregung“, hatte der Leiter der Leitstelle, Martin Weber, am Dienstag erklärt.
Experten finden Erläuterungen unschlüssig
Diese Erklärung kann der SZ-Informant nicht nachvollziehen. „Die Leitstelle muss die Anrufer ausquetschen bis zum Gehtnichtmehr. Man darf ein Gespräch niemands beenden, bevor jemand am Brandort ist“, sagt der Ex-Feuerwehrler. Da die Gespräche in der Leitstelle aufgezeichnet würden, könne das Gespräch jederzeit nachvollzogen werden.
Ein anderer Informant aus Rettungsdienstkreisen kann die aktuelle Diskussion, die sich um die selben Postleitzahlen und Telefonvorwahlen dreht, nicht nachvollziehen. Zu Beginn jeden Gesprächs müsse in der Leitstelle der Ortsteil in den PC eingegeben werden. Wenn ein Mitarbeiter das Stichwort „Talweg“eingibt, dann erscheinen alle Talwege im Einzugsgebiet der Leitstelle, das sich über die Landkreise Sigmaringen und Ravensburg erstreckt. Die Ankündigung von Sauldorfs Bürgermeister Sigrist, über eine Umbenennung des Talwegs nachdenken zu wollen, kann der Kenner der Rettungsdienstmaterie nicht nachvollziehen: „Dann müssten wir in jedem Ort die Hauptstraße abschaffen.“
Die Leitstelle wollte sich gestern nicht mehr detailliert äußern: „Wir sind sicher, dass sich die Staatsanwaltschaft für die Gründe und unsere Arbeitsweise interessieren wird. Dies werden wir auch umfassend darlegen und mit voller Transparenz agieren“, teilt der Ravensburger DRK-Geschäftsführer Volker Geier mit. Für ein Telefongespräch stand er wie schon am Montag und Dienstag nicht zur Verfügung.
Das sogenannte Prüfverfahren ist nach Angaben von Staatsanwalt Engel die Vorstufe zu einem Ermittlungsverfahren. Ob die Hechinger Behörde weitere Schritte einleitet, wird sie in den kommenden Tagen entscheiden. Engel nahm das Prüfverfahren von sich aus auf – eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung ist bei der Staatsanwaltschaft bislang nicht eingegangen.