Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Erotikhändler Beate Uhse pleite
Erotik-Konzern stellt Insolvenzantrag – Betrieb läuft vorerst weiter
FLENSBURG (AFP) - Das Erotik-Unternehmen Beate Uhse ist pleite. Die Aktiengesellschaft hat einen Insolvenzantrag gestellt. Ziel sei jedoch, das Unternehmen zu sanieren. Die Gründerin und Tochter eines Landwirts aus dem Kreis Ravensburg muss den Niedergang ihrer Firma nicht mehr miterleben. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes starb bereits 2001.
FLENSBURG (AFP) - Die Kunden sind ins Internet verschwunden, und dort ist die Konkurrenz hart: Das Flensburger Erotik-Unternehmen Beate Uhse (BU) ist pleite. Die Aktiengesellschaft, seit 1999 an der Börse, habe Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, teilte BU am Freitag mit. Vorstandschef Michael Specht betonte, er wolle das Unternehmen in Eigenverwaltung sanieren und fortführen. Er ist erst seit April an Bord.
Jahrzehnte versorgte das Unternehmen aus Flensburg die Bundesbürger per Versandhandel mit Sexfilmen, Dessous und Sexspielzeug, die Läden in Deutschlands Innenstädten waren Publikumsmagnete. Mittlerweile ist der Katalogversand eingestellt, die Zahl der Filialen auf 43 geschrumpft. Online macht Beate Uhse mittlerweile mehr als ein Drittel des Umsatzes. Er betrug nach einer letzten „Zwischenmitteilung im zweiten Halbjahr 2016“insgesamt rund
100 Millionen Euro jährlich. Grund für die bevorstehende Zahlungsunfähigkeit ist, dass die Firma eine Anleihe nicht mehr bedienen konnte. Das Unternehmen hatte sie
2014 ausgegeben und dafür 30 Millionen Euro bekommen. Sie läuft bis
2019. In den vergangenen Monaten habe sich das Unternehmen um eine Umschuldung bemüht, erklärte Specht, und zudem mit Investoren über einen weiteren Finanzzuschuss verhandelt. Es „konnte zuletzt jedoch keine Einigung erzielt werden“.
Weltweit 345 Mitarbeiter
Specht betonte, die Insolvenz betreffe ausschließlich die Aktiengesellschaft und damit nur zehn Mitarbeiter, die nun die kommenden drei Monate Insolvenzgeld von der Bundesarbeitsagentur erhielten. Die Tochtergesellschaften hielten den Geschäftsbetrieb „uneingeschränkt aufrecht“. Das Unternehmen hat insgesamt 345 Mitarbeiter in sieben Ländern.
Der Vorstandschef übte harsche Kritik an seinen Vorgängern: Das Unternehmen habe in den letzten Jahren unter zahlreichen Managementwechseln und strategischen Fehlentscheidungen gelitten, erklärte Specht.
„Der Ausbau des Online-Handels wurde zögerlich und unsystematisch betrieben, wichtige Entwicklungen im stationären Handel wurden verpasst, die Produktpolitik war nicht strategisch, sondern zufällig und reaktiv. Die Verkaufskanäle online und Filialen führten ein asynchrones Eigenleben, anstatt den Kunden kanalübergreifend ein nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten.“So seien in Deutschland „signifikant“Marktanteile verloren gegangen. In Frankreich dagegen sei Beate Uhse noch Marktführer. Ein Neuanfang „in eine nachhaltig positive Zukunft“sei aber möglich, erklärte Specht. Die „wesentlichen Gläubiger“des Unternehmens stünden der Sanierung positiv gegenüber und hätten ihre Unterstützung zugesagt. Und Beate Uhse stehe für über 70 Jahre Branchenerfahrung und Expertise in der Erotikbranche.