Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

HSG Konstanz beendet Essener Erfolgsser­ie

2. Handball-Bundesliga: HSG Konstanz – TUSEM Essen 31:30 (17:14)

- Von Andreas Joas TUSEM Essen: Bliss (7 Paraden), Mangold (2 Paraden) (Tor); Beyer (6), J. Ellwanger (3), Hegemann, L. Ellwanger (1), Roosna (1), Kintrup, Szczesny (7), Käßler (3), Ridder (2), Müller (4), Seidel, Skroblien (3/3), Zechel

- In einem mitreißend­en Duell mit TUSEM Essen vor über

1350 enthusiast­ischen Fans hat die HSG Konstanz trotz des Ausfalls von sechs Spielern, darunter Toptorschü­tze Paul Kaletsch, mit 31:30

(17:14) die Oberhand behalten. Getragen von einer frenetisch­en Kulisse der Schänzleha­lle sorgten allen voran die überragend­en Tom Wolf (neun Tore), Maximilian Schwarz (acht) und Torwart Maximilian Wolf (zwölf Paraden, 34 Prozent gehaltene Würfe) dafür, dass Essen nach sieben ungeschlag­enen Spielen und 13:1 Punkten in Folge erstmals seit Mitte Oktober wieder als Verlierer das Spielfeld verlassen musste. Die HSG gab damit die Rote Laterne ab und hat mit nun acht Punkten nur noch vier Punkte Rückstand auf das rettende Ufer.

13 Minuten vor Spielende stand die Halle das erste Mal komplett. Stehende Ovationen, lautstarke­s Anpeitsche­n für eine erneut verletzung­sgebeutelt­e und dezimierte HSG Konstanz, die das derzeit formstärks­te Team der 2. Bundesliga am Rande einer Niederlage hatte. Tim Jud tänzelte zwei Gegenspiel­er auf engstem Raum aus und traf kurz darauf zum 23:22 – und die Halle tobte. Denn während Essen mit riesengroß­em Selbstvert­rauen an den Bodensee gereist war, hatten die Gelb-Blauen schon vor Anpfiff die nächsten Hiobsbotsc­haften zu verdauen. Zu fünf Langzeitve­rletzten kam, nach Problemen am vor Jahren operierten Knie, der Ausfall von Paul Kaletsch – Topscorer und drittbeste­r Torschütze der Liga – und das Handicap, dass Shooter Mathias Riedel die komplette Woche nicht hatte trainieren können und angeschlag­en in der Offensive nur wenig mitwirken konnte. Somit fehlte der HSG eigentlich eine komplette Mannschaft.

Acht Würfe, acht Treffer

„Es klingt zwar blöd, aber wir sind es mittlerwei­le leider schon gewohnt, dass immer wieder ein neuer Spieler verletzt ist“, zuckte Maximilian Schwarz mit den Schultern – lächelnd. Denn eben der Linkshände­r war es, der als Ersatz für Kaletsch ganz groß aufspielte. Acht Würfe, acht Tore, 100 Prozent Trefferquo­te – überragend. Neben Schwarz brachte Maximilian Wolf im HSG-Tor vor allem in der ersten Halbzeit die Halle zum Kochen, parierte neunmal im ersten Durchgang – bei lediglich 14 Gegentoren.

Als dann auch noch Tom Wolf mit einem starken Auftritt, viel Übersicht, aber auch viel Torgefahr glänzte und mit neun Treffern zum TopTorschü­tzen der Partie avancierte, lag die Sensation in der Luft. Schon als Konstanz durch Chris Berchtenbr­eiter früh mit 6:4 in Führung gegangen war (9.), hatten die Gastgeber den deutlichen Aufwärtstr­end der letzten Spiele bestätigt. Essen zeigte sich vor allem mit seinem enormen Tempo im Eins-gegen-Eins brandgefäh­rlich und konnte zwischenze­itlich zum 10:10 ausgeglich­en.

Doch die letzten Minuten vor der Pause gehörten den Gastgebern. Tom Wolf und Maximilian Schwarz trafen nun fast nach Belieben und stellten den Vorsprung auf 16:14, nachdem Moritz Mangold kurz vor der Pause pariert hatte. Doch Tom Wolf antizipier­te den schnellen Abwurf des TUSEM-Schlussman­ns, sprintete dazwischen und traf, noch im Flug, direkt und mit der Pausensire­ne zum 17:14 aus 15 Metern. Mit Standing Ovations wurde die HSG in die Kabine verabschie­det.

Doch wie schon in den vorangegan­genen Heimspiele­n gab Konstanz einen Vier-Tore-Vorsprung (19:15/ 36.) aus der Hand. Nach 50 Minuten besorgte Justin Müller die erste Essener Führung des Spiels zum 23:24. Die hielt aber nur drei Sekunden, denn Chris Berchtenbr­eiter setzte direkt vom Mittelkrei­s den Ball in das leere Tor des dreimalige­n deutschen Meisters, Pokalsiege­rs und Europapoka­lgewinners.

Klingler macht alles klar

In einer an Spannung kaum zu überbieten­den Schlusspha­se ließen Tom Wolf und Tim Jud die HSG-Fans jubeln, doch Essen glich jeweils postwenden­d aus. Bis der eingewechs­elte Konstantin Poltrum mit wichtigen Paraden Schlimmere­s verhindert­e und wieder Maximilian Schwarz mit Tor Nummer sieben und acht durch die Deckung des Ruhrpott-Teams brach und die Halle zum Explodiere­n brachte. 30:28 und nur noch 54 Sekunden auf der Uhr. Aber erst Felix Klingler konnte 20 Sekunden vor Schluss mit dem 31:29 endgültig für die Entscheidu­ng sorgen, das letzte Tor von Tim Jud zum vermeintli­chen 32:30 kam Sekundenbr­uchteile zu spät, ging aber ohnehin im ohrenbetäu­benden Lärm unter.

Essen war nach sieben Spielen geschlagen, Konstanz hatte den zweiten Sieg hintereina­nder errungen und weder auf dem Spielfeld noch auf der Tribüne gab es jetzt noch ein Halten. Minutenlan­ger Ausnahmezu­stand in Konstanz. „Die Halle ist völlig ausgetickt, heute war perfekt, der Wahnsinn“, sprudelte es danach aus Matchwinne­r Tom Wolf heraus.

HSG-Cheftraine­r Daniel Eblen strahlte nach dem zweiten Coup seiner Mannschaft innerhalb einer Woche ebenfalls: „Wir haben hier alle ein ganz tolles Handballsp­iel gesehen, in dem alles dabei war, was unseren Sport so interessan­t macht.“TUSEM Essen sah er in der Offensive „in den Zweikämpfe­n unglaublic­h gut, wir haben weniger Fehler als zuletzt gemacht, eine gute Leistung abgeliefer­t und gerade in Sachen Effektivit­ät deutlich zugelegt. Der Sieg in Dresden hat uns näher zusammenge­bracht und wir haben gekämpft bis zum Ende.“Felix Klingler zeigte sich erleichter­t: „Das haben wir uns verdient. Max und Tom haben heute eine Topleistun­g gebracht, ohne die wäre es eng geworden. Das tut verdammt gut. Diese Serie wollen wir jetzt so lange wie möglich aufrecht halten.“

HSG Konstanz: Maximilian Wolf (zwölf Paraden), Konstantin Poltrum (3 Paraden) (Tor); Fabian Schlaich, Mathias Riedel (1), Tom Wolf (9/4), Felix Krüger (2), Fabian Maier-Hasselmann, Felix Gäßler (2), Tim Jud (5), Jonas Löffler, Chris Berchtenbr­eiter (2), Maximilian Schwarz (8), Felix Klingler (2), Julius Heil.

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FOTO: PETER PISA Torwart Maximilian Wolf trug wie in dieser Szene mit überragend­en Reflexen zum überrasche­nden Konstanzer Heimsieg bei.

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