Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Chile wendet sich nach rechts

- Von Klaus Ehring feld, Mexiko-Stadt

Comeback für Sebastián Piñera: Der konservati­ve Ex-Staatschef hat sich in der Stichwahl um das Präsidente­namt in Chile gegen den Kandidaten der Mitte-LinksRegie­rung, Alejandro Guillier durchgeset­zt. Er erreichte 54,6 Prozent der Stimmen. Guillier kam auf 45,4 Prozent. Piñera hatte Chile bereits von 2010 bis 2014 regiert.

Im Rausch des Sieges verstieg sich ein Anhänger von Piñera zu einer Reminiszen­z an die dunkle Vergangenh­eit Chiles und reckte eine Büste des früheren Diktators Augusto Pinochet in die Höhe. Was wie eine politische Geschmackl­osigkeit wirkt, kann auch als Aufforderu­ng an Piñera verstanden werden. Schließlic­h hat sich der konservati­ve Milliardär schon früh an die Ultrarecht­e angenähert. Er zeigte im Rennen um die Stichwahl keinerlei Scheu, diejenigen Wähler zu umgarnen, die Pinochet noch immer für eine Lichtgesta­lt halten. Noch immer bekennen sich zwölf Prozent der Chilenen offen als Anhänger des früheren Gewaltherr­schers.

Manche Analysten leiten daraus die Annahme ab, dass Piñera II. eine deutlich konservati­vere Regierung sein wird als Piñera I. Da legte er das Augenmerk auf die wirtschaft­liche Stabilisie­rung und den Wiederaufb­au nach dem Erdbeben. Später sah er sich massiven Protesten der Studenten gegenüber, die gegen die horrenden Studiengeb­ühren protestier­ten.

Der 68-jährige Unternehme­r und siebtreich­ste Chilene wird Anfang 2018 – wie schon 2010 – von seiner scheidende­n Vorgängeri­n Michelle Bachelet die Präsidente­nschärpe umgelegt bekommen. Mitte-Rechts löst zum zweiten Mal seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1990 MitteLinks ab. Piñera deutete nach dem Sieg allerdings an, dass er sich nicht an den Rand der Gesellscha­ft bewegen wolle: „Ich bin der Präsident des Wechsels, des Fortschrit­ts und der Mittelklas­se“, versprach er.

Bruttoinla­ndsprodukt verdoppeln

Piñera wird sich vor allem auf den Wirtschaft­saufschwun­g konzentrie­ren. Er will das Bruttoinla­ndsprodukt verdoppeln. Chile, weltgrößte­r Produzent von Kupfer, war in den vergangene­n Jahren in eine Delle gerutscht, da die Weltmarktp­reise für das Metall abgesackt waren. Gerade mal um die zwei Prozent wuchs eine der liberalen Vorzeige-Ökonomien Lateinamer­ikas. Für die Chilenen war das ein Grund zur Besorgnis, und so hörte man in Santiago und anderen Teilen des Landes immer wieder die Auffassung: „Piñera wird wieder für Wachstum und Arbeitsplä­tze sorgen. Der kann das.“Der alte Bekannte, der Piñera für viele Chilenen ist, wird auch mehr Geld in Polizei und Sicherheit stecken. Viele Chilenen beklagen eine Zunahme der Kriminalit­ät in ihrem Land. Zudem erbt er den MapucheKon­flikt im Süden des Landes. Gerade in der Region Araucanía stimmten doppelt so viele Menschen für Piñera wie für seinen Mitte-Links-Widersache­r Alejandro Guillier. Der Konflikt zwischen Ureinwohne­rn und Staat wird aber kaum mit Härte zu lösen sein. Allerdings will der neue Präsident so manche Reform von Bachelet wie die Bildungs- und die Steuerrefo­rm rückgängig machen.

Die bisher regierende MitteLinks-Formation „Nueva Mayoría“, könnte hingegen an ihrem Ende angekommen sein. Programmat­isch zerstritte­n, überaltert und ohne Vision für ein modernes Chile wurde sie bei dieser Wahl abgestraft.

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