Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Der alte König spaltet Italien
Sollen die sterblichen Überreste Vittorio Emanueles III. ins Pantheon oder nicht?
ROM - Die Rückkehr des letzten italienischen Königs Vittorio Emanuele III. spaltet Italiens Öffentlichkeit. Die ehemalige Königsfamilie des Hauses Savoyen hatte mit Hilfe der italienischen Luftwaffe den Transport des Sarkophags mit den sterblichen Überresten des 1947 im Exil gestorbenen Königs und seiner 1952 ebenfalls im Exil verschiedenen Frau Elena del Montenegro organisiert.
Der Sarg des letzten Königs kam aus Ägypten und wurde gleich nach Vicoforte gebracht, einer Kleinstadt im nordwestitalienischen Piemont, Stammland des Hauses Savoyen. Dort wird er seitdem in der barocken Kirche der Geburt der Heiligen Gottesmutter ausgestellt, die von Herzog Carlo Emanuele I. von Savoyen im späten 16. Jahrhundert errichtet wurde. Die Mitglieder der ehemaligen italienischen Königsfamilie und zahreiche vor allem ältere Bürger erweisen seit dem Wochenende dem Verstorbenen die letzte Ehre.
Darunter auch Vittorio Emanuele, Sohn von Umberto II., der wiederum Sohn des 1948 in Folge eines Referendums abgesetzten letzten Königs ist. Vittorio Emanuele erklärte, dass sein Großvater im römischen Pantheon seine letzte Ruhe finden sollte. In jenem antiken Tempel, der zu einer katholischen Kirche umgewandelt wurde und die sterblichen Überreste der italienischen Könige aufbewahrt. Auch Emanuele Filiberto, 1972 geborener Sohn von Vittorio Emanuele, sieht das so und verweist auf den Umstand, dass das Pantheon die „traditionelle Gruft unserer Familie ist“.
„Ein Skandal“
Diese Äußerungen sorgen in Italien für Diskussionen. Der nationale Verband der antifaschistischen Partisanen, eine immer noch einflussreiche Organisation in Italien, spricht sich entschieden gegen eine letzte Ruhe im Pantheon aus. Man erinnert daran, dass es König Vittorio Emanuele III. war, der die Politik des Duce voll mittrug, bis zum Ende des italienischen Faschismus 1945. Von Reue, sagte ein Sprecher des Verbandes, sei beim letzten König keine Spur zu finden gewesen. Der Verband erachtet es als Skandal, dass der italienische Staat für die Kosten der Überführung des letzten Königspaares aufgekommen sei.
Ruth Dureghello, Präsidentin der jüdischen Gemeinden Italiens, spricht sich ebenfalls gegen eine Beisetzung im Pantheon aus. Sie verweist auf den historisch bedeutsamen Umstand, dass „dieser König die 1938 vom faschistischen Regime verabschiedeten Rassengesetze unterzeichnet hat“. Gesetze, die Benito Mussolini infolge seiner Annäherung an das Hitler-Regime verabschiedete. Auch wenn es in Italien keine Massenvernichtung von Juden gegeben hat, sagt Ruth Dureghello, „so hat dieser König die totale gesellschaftliche Ausgrenzung der italienischen Juden und später ihre Deportation in deutsche Vernichtungslager mitgetragen“. Er sei, so die Historikerin Elena Aga Rossi, „ein Komplize gewesen, und verdient deshalb kein Staatsbeisetzung“.
Dieser Argumentation schließen sich die Politiker fast aller italienischen Parteien an. Senatspräsident Pietro Grasso erklärte in diesem Zusammenhang bereits am Sonntag, dass eine Überführung des Sarkophags ins Pantheon nach Rom „vollkommen ausgeschlossen ist“. Dass man die Rückkehr des toten Königspaares in seine Heimat jetzt erlaubt habe, sagt Grasso, sei „ein Akt der Menschlichkeit“. Die Beisetzung Vittorio Emanuele III. in Rom käme aber einer öffentlichen und institutionellen Anerkennung des Königs gleich, und sei „somit unvorstellbar“.