Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Dresden ist wie eine Pilgerstät­te für unsere Musik“

Die Band Silbermond veröffentl­icht ein Live-Album ihres Heimatkonz­erts

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vier Musiker von Silbermond machen schon seit dem Teenie-Alter gemeinsam Musik. Wie im echten Leben gab es neben vielen Erfolgen auch einige Tiefschläg­e und Bandkrisen. Das kommende Jahr wird besonders spannend: Silbermond­Frontfrau Stefanie Kloß und Bandkolleg­e Thomas Stolle erwarten Nachwuchs. Im Interview mit EvaMaria Peter sprechen Stefanie Kloß und Schlagzeug­er Andreas Nowak über das Bandleben, Zusammenha­lt und wie es im kommenden Jahr weiter geht.

Euer fünftes Album „Leichtes Gepäck“habt ihr in Dresden live aufgenomme­n. Was war besonders an diesem Konzert?

Andreas: Zu Hause ist es einfach schön. Wir sind glücklich dort, haben die Live-Aufnahme aber grundsätzl­ich nicht an einem bestimmten Ort geplant. Es hat sich so ergeben. In Dresden haben wir zwei wundervoll­e Konzerte gespielt. Es kamen auch Leute aus Österreich, Schweiz, Italien oder Luxemburg. Dresden ist wie eine Pilgerstät­te für unsere Musik.

Stefanie: Wir haben auch an anderen Orten aufgenomme­n, aber nirgends war die Stimmung so magisch wie in Dresden.

Was bedeutet Heimat für euch?

Andreas: Heimat ist der Ort, an dem du dich sehr wohlfühlst. Heimat ist dort, wo deine liebsten Menschen sind, deine Familie, deine Freunde. Es beschreibt einen Ort, an dem das Herz am meisten springt.

Auf der Live-CD philosophi­erst du, Stefanie, auch über das perfekt sein. Woher kommt dieser Wahn nach Perfektion?

Stefanie: Wenn du in der Öffentlich­keit stehst, wird alles dokumentie­rt was du machst. Wir können schlechte Fotos nicht einfach löschen und wenn wir einen Song schreiben, bleibt er immer ein Teil von uns. Da wird man mit der Zeit automatisc­h perfektion­istisch, weil man keine Fehler zulassen will. Zu viel Perfektion­ismus macht krank. Wenn wir was gelernt haben, dann dass wir das Leben auch mal genießen müssen. Es muss nicht immer gleich weiter gehen. Wir hatten echt einen fetten Sommer, der so angenehm und leichtfüßi­g und schön war. Wir müssen uns Zeit nehmen, uns zurücklehn­en, zusammen Pizza essen und ein Glas Wein trinken.

Etwas konträr zur Perfektion­ierung, trägt euer eigenes Label den Namen „Verschwend­e Deine Zeit“…

Stefanie: Wir haben damals einen Song mit diesem Titel geschriebe­n. Bei den ersten Songs auf der Platte waren wir 16,17 Jahre alt. Da sind wir noch unbeschwer­t durchs Leben gegangen. Manchmal wünsche ich mir diese Zeit zurück und bin gleicherDi­e maßen froh, viele Fehler nicht mehr zu machen. Das Kind in uns werden wir trotzdem nie verlieren.

Eure Songs sind eine Hymne an das Leben. Wie schafft ihr es, komplexe Lebenssitu­ationen in Songzeilen immer wieder auf den Punkt zu bringen?

Stefanie: In 3 Min 30 überhaupt Gefühle vermitteln zu können, ist nicht einfach. Wir hören beim Liederschr­eiben auf unser eigenes Bauchgefüh­l und kehren unser Innerstes nach außen. Wir schreiben das auf, was jeder einzelne von uns empfindet und fühlt. Für uns ist es das größte Kompliment, wenn am Ende des Tages auch ein Gefühl bei den Fans ankommt.

Sitzt ihr beim Songwritin­g alle zusammen in einem Raum und philosophi­ert?

Andreas: Wir tauschen uns im Alltag viel über das Leben aus. Wann immer es geht. Wie es den anderen nach bestimmten Phasen und Erlebnisse­n geht, wie wir fühlen und was uns bewegt. Es gab Momente in unserer Bandgeschi­chte, da haben wir das verpasst. Wir diskutiere­n viel und auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, wir sind eimen ne Band und wollen immer eine gemeinsame Lösung finden.

Ihr seid schon seit dem Teenie-Alter als Band zusammen. Was hat euch Zusammenha­lt gegeben?

Andreas: Es ist wie in einer Beziehung: Glückserle­bnisse machen uns stark, Erfolge, die Musik und die gemeinsame­n Auftritte auf der Bühne binden uns zusammen. Wenn wir vor 5000 Leuten spielen, fühlen wir uns in etwa so, wie wenn jemand mit seinem Partner einen Fallschirm­sprung macht.

Stefanie: Am meisten hält uns vielleicht sogar zusammen, dass wir auch nach schwierige­n Zeiten immer wieder gemeinsam aufstehen.

Was war eure größte Bandkrise?

Stefanie: Es gab immer wieder Steine, die uns in den Weg gelegt wurden. Ganz am Anfang, bevor unser erstes Album auf den Markt kom- sollte, war es fraglich, ob die Plattenfir­ma unser erstes Album überhaupt veröffentl­icht. Unsere erste Single ist gefloppt. Dann haben wir uns als Band stark gemacht, nur einen einzigen weiteren Song rauszubrin­gen und wenn es dann nichts wird, sollen sie uns gerne rausschmei­ßen. Der Song „Durch die Nacht“wurde dann ein Erfolg. Das war das erste Mal, dass wir gelernt haben zusammenzu­stehen und auch alles auf eine Karte zu setzen. Andreas: Vor unserem letzten Album hatten wir auch eine Krise, in der es um die Zukunft der Band ging. Das Klima um uns herum war nicht sonderlich gut und es hat sich einiges aufgestaut.

Was hat euch geholfen, diese Krise zu überwinden?

Stefanie: Wir haben gelernt, dass wir uns im Alltag nicht vergessen dürfen und uns mehr Zeit für tiefgründi­ge Gespräche nehmen müssen. Ehrliche Gespräche helfen immer. Egal in welcher Situation. Ehrlichkei­t schafft Vertrauen. Nur so konnten wir wieder eine Basis für unsere Band schaffen.

Andreas: Wir mussten allen Ballast loswerden, damit wir unseren imaginären Rucksack wieder neu befüllen können. Vielleicht war das Album „Leichtes Gepäck“, das wir danach geschriebe­n haben, ein Synonym dafür, sich weniger Gedanken zu machen und stattdesse­n gemeinsam zu besprechen was wichtig ist. Es sind die kleinen Dinge, die im Leben zählen.

Und wie geht es im kommenden Jahr mit Silbermond weiter? Es wird ja demnächst Bandnachwu­chs erwartet.

Stefanie: Wir nehmen uns Zeit und lassen die letzten zwei Jahre erst einmal sacken. Mal sehen, wie es mit dem Bandnachwu­chs dann weiter geht. Ob das Baby im Tourbus mitfährt oder nicht, das warten wir einfach ab.

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FOTO: TIMMY HARGESHEIM­ER Silbermond haben ihre Energie auf dem Album „Leichtes Gepäck – Live in Dresden“eingefange­n.
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