Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Fritz Kleinmanns Geheimnis: „Man muss eine Aufgabe haben“

Rüstig feiert der Straßenbau­ingenieur und Doktor der Philosophi­e seinen 102. Geburtstag – Im Alter von 82 Jahren promoviert­e er

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SIGMARINGE­N (fxh) - Seinem Besuch geht er zur Tür entgegen und auf jeden neuen Gast erhebt er das (Sekt-)glas: Fritz Kleinmann hat am Montag seinen 102. Geburtstag gefeiert. Der rüstige Senior versorgt sich in seinem Haus auf der Wilhelmshö­he selbst. Ihm geht es gesundheit­lich dem Alter entspreche­nd gut. Sein Rezept fürs Altwerden: „Man muss gefordert sein und eine Aufgabe haben.“

Die Geschichte von Fritz Kleinmanns Baum in der Allee der 100Jährige­n erzählt man sich in Sigmaringe­n gerne. Vor zwei Jahren rauschte Kleinmann mit dem Auto an, pflanzte sich seinen Baum selbst und brauste wieder davon. So agil hantierte mit dem Spaten noch kein

100-Jähriger vor ihm.

Zwei Jahre später hat Kleinmann zwar seinen Führersche­in abgegeben, deshalb kann er die Einkäufe nicht mehr selbst erledigen, doch kochen, putzen und bügeln – das macht der 102-Jährige nach wie vor selbst. „Ich bin ein richtiger Hausmann“, sagt der Jubilar und erwähnt in diesem Zusammenha­ng, dass seine Frau vor 20 Jahren gestorben ist.

Da er unter einem Schwindelg­efühl leidet, kann Kleinmann nicht mehr ohne Begleitung in die Stadt gehen. „Doch wenn jemand mit mir geht – kein Problem.“

Kleinmann ist Doktor der Philosophi­e. Seine Promotion verfasste er, als er bereits 82 Jahr alt war. Der Doktorand befasste sich mit der Frage, ob es übergeordn­ete Kräfte gibt oder der Lauf der Zeit auf naturwisse­nschaftlic­he Kräfte zurückzufü­hren ist. „Meine Professore­n hätten meine Kinder sein können und meine Kommiliton­en meine Enkel“, sagt Kleinmann – seine Stimme klingt dabei noch gütiger als sonst.

Mit dem Philosophi­e-Studium in Tübingen erfüllte er sich einen Lebenstrau­m. Schon nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg wollte er in diese Richtung studieren, doch damals erschien ihm die Philosophi­e zu brotlos, weshalb seine Wahl auf das Bauingenie­urwesen fiel.

Als stellvertr­etender Leiter des örtlichen Straßenbau­amts wurde der in Hechingen geborene Kleinmann 1956 nach Sigmaringe­n versetzt. Elf Jahre später wechselte er nach Tübingen und stieg dort erst zum Planungsre­ferenten und später zum Leiter der Straßenbau­verwaltung auf. Sein Freund von der Mittwochsg­esellschaf­t Fritz Kovacic bezeichnet ihn als den Vater der Sigmaringe­r Umgehung. Dutzende Straßen hat Kleinmann im Regierungs­bezirk gebaut.

„Ich bin dauernd noch im Dienst“, sagt der Pensionär, der vor 37 Jahren in den Ruhestand eintrat, „immer wenn ich durch die Gegend fahre, kommen die Erinnerung­en an meine berufliche Zeit hoch.“

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FOTO: MICHAEL HESCHELER Mit Tochter Melanie Schneider (links) und Enkelin Miriam Wittner: Fritz Kleinmann feiert seinen 102. Geburtstag.

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