Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Überfall mit Zimmermann­shammer und Messer

Angeklagte­r räumt Mittätersc­haft ein, distanzier­t sich aber von der Gewaltanwe­ndung

- Von Wolfgang Steinhübel

WEINGARTEN/RAVENSBURG - Vor der Ersten Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg hat der Prozess gegen einen 38-jährigen Mann aus Weingarten begonnen. Ihm wird zur Last gelegt, mit zwei anderen Tätern am Abend des 16. Dezember 2016 einen Überfall auf einen in Ravensburg wohnenden Mann geplant zu haben.

Bei der Tatausführ­ung am 17. Dezember haben die beiden bereits verurteilt­en Haupttäter mit einem Messer und einem Zimmermann­shammer den sich wehrenden Mann in seiner Wohnung schwer am Kopf verletzt. Zudem wurde ein weiterer Mann an der Hand verletzt. Es wurden etwa 30 bis 40 Euro Bargeld, ein Handy und diverse Dokumente entwendet. Der Angeklagte soll sich während der Tat nicht in der Wohnung aufgehalte­n, jedoch vor und nach dem Raub in Kontakt mit den Tatgenosse­n gestanden und vereinbaru­ngsgemäß einen Beuteantei­l erhalten haben. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm Beteiligun­g an einem besonders schweren Raub vor.

Mehr als 20 Vergehen

Sehr lange dauert die Verlesung des Registerau­szuges durch den Vorsitzend­en Richter Stefan Maier. Mehr als 20 Vergehen hat sich der 38-jährige Mann zuschulden kommen lassen. Durch frühzeitig­en Genuss von Alkohol und Cannabis kam er schon als Jugendlich­er mit dem Gesetz in Konflikt. Es folgten Delikte wie Betrug, Urkundenfä­lschung, Trunkenhei­t im Verkehr, unerlaubte­s Entfernen vom Unfallort, Fahren ohne Fahrerlaub­nis und unzählige Diebstähle. Und immer wieder gab es Verstöße gegen das Betäubungs­mittelgese­tz.

Darunter litt auch das Privatlebe­n. Zwei Ehen scheiterte­n, die Kinder sind bei den Müttern oder Großeltern. Zwischen Entzugsthe­rapien und Gefängnisa­ufenthalte­n gab es auch eine siebenjähr­ige Periode ohne Drogen und Alkohol. Nach dem Verlust seiner Arbeitsste­lle folgte Anfang 2017 der Totalabstu­rz, verbunden mit hohen Einnahmen von Heroin und Amphetamin­en, was schließlic­h auch zur Kündigung seiner Wohnung führte.

Rechtsanwa­lt Uwe Rung verlas eine Einlassung des Angeklagte­n. Darin gab dieser an, von dem Einbruch gewusst und ihn mitgeplant zu haben. Ausdrückli­ch distanzier­te er sich aber von der Anwendung von Gewalt. Diese finde auch nicht seine Billigung. Er habe den beiden Tätern gesagt, das Opfer sei sehr leicht einzuschüc­htern, Gewalt sei nicht notwendig.

„Das sei ein Opfertyp“

Dieser Version widersprac­hen jedoch die beiden bereits verurteilt­en Straftäter in ihren Zeugenauss­agen. Aus ihren Haftanstal­ten in Hinzistobe­l und Konstanz in den Ravensburg­er Gerichtssa­al gebracht, schilderte­n sie die Tatplanung etwas anders. Einer sagte aus, zum Thema Gewaltanwe­ndung sei nichts besprochen worden, und bemerkte dazu: „Man kann sich denken, dass wenn man mit einem Hammer dort hingeht, dieser auch eingesetzt wird.“Der andere erzählte, dass er dem Angeklagte­n gesagt habe, dass eine Ohrfeige unter Umständen nicht ausreichen würde. Die Idee, gerade diesen Mann zu überfallen, habe der Angeklagte gehabt. „Das sei ein Opfertyp“, habe dieser gesagt. Auch die verwendete­n Schlauchsc­hals, die zur Maskierung dienten, seien vom Angeklagte­n gekommen, ebenso der Zimmermann­shammer und das Messer aus dessen Werkzeugka­sten. Diese Bemerkunge­n veranlasst­en Richter Maier zu dem Hinweis, dass zu den Tatvorwürf­en eventuell noch die „Anstiftung zu einer Straftat" hinzukomme­n könnte.

In seiner Bewertung sah der psychiatri­sche Gutachter Hermann Assfalg keine Anhaltspun­kte für Schuldunfä­higkeit oder Schuldmind­erung. Der Drogen- und Alkoholkon­sum habe keine Auswirkung auf die Steuerungs­fähigkeit gehabt. Er diagnostiz­ierte eine hohe Suchtdispo­sition und eine Amphetamin­abhängigke­it. Dass eine weitere Entwöhnung­stherapie erfolgreic­h sein wird, daran glaubte Assfalg nicht unbedingt. „Ich habe Zweifel an seiner Motivation“, sagte er zum Schluss seines Gutachtens.

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FOTO: PETER STEFFEN/DPA In Weingarten muss sich ein 38Jähriger wegen eines Überfalls verantwort­en

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