Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bilder, aus denen ein Film entsteht
Überlingerin Zoë Steingaß gewinnt mit ihrem Film „Tagiiir“Bundes-Schülerfilm-Preis
ÜBERLINGEN - Zoë Steingaß hatte Bilder im Kopf. Bilder, mit denen sie eine Geschichte erzählen wollte. „Für mich war es naheliegend, dass aus diesen Bildern ein Film entstehen soll“, sagt die Abiturientin der Freien Waldorfschule Überlingen. Aus dieser Idee entstand ihr erster Film „Tagiiir“, in dem sie von der Freundschaft zwischen einem Deutschen und einem syrischen Flüchtling erzählt. Für ihren Film ist sie mit dem Bundes-Schülerfilm-Preis ausgezeichnet worden.
Beim Internationalen Film Festival Hannover up-and-coming 2017 Ende November bekam sie die Auszeichnung verliehen. Damit gerechnet, dass ihr Unterrichtsprojekt einmal so erfolgreich werden würde, hat die 19-Jährige nicht. „Ich wusste zwischenzeitlich nicht einmal, was das Ergebnis meines Projekts sein wird und ob dabei überhaupt ein Film herauskommt“, sagt sie und lacht.
Eine Idee aus der Realtität
Doch auch wenn es viel Arbeit war, hat es schließlich geklappt. Rund acht Monate hat Zoë an dem Film gearbeitet. Dabei stand ihr ein rund 20köpfiges Team zur Seite. Der größte Teil davon ist oder war selbst einmal Schüler an der Waldorfschule. Allein vier Monate hat Zoë an dem Drehbuch gearbeitet. „Die Idee zur der Geschichte ist mir gekommen, weil wir an unserer Schule auch einige Mitschüler haben, die geflüchtet sind“, sagt sie. Als sie dann noch erfuhr, dass es in Überlingen eine Rüstungsfirma gibt, war der Rahmen ihrer Geschichte geboren: Der deutsche Philip, der in einer Rüstungsfabrik arbeitet, lernt den Syrer Faris kennen.
Die beiden jungen Männer freunden sich durch eine zufällige Begegnung an. Der deutsche Philip steht bei der Geschichte im Vordergrund und hat mit den subtilen Vorurteilen seiner Freunde zu kämpfen. Sie führen ein privilegiertes Leben und scheinen darüber irritiert zu sein, dass sich Philip und Faris annähern. Während er Arbeiten am Film hat sich der Titel „Tagiiir“herauskristallisiert. „Das Wort ist die deutsche Schreibweise für das arabische Wort für ,Wandlung’“, sagt Zoë. Der Titel ziele auf die Entwicklung Philips ab.
Für Zoë sei die Thematik, die sie im Film herüberbringen wollte, eine riesige Herausforderung gewesen. „Mir war es wichtig, die Geschichte aus der Perspektive des Deutschen zu erzählen. Ich wollte nicht anmaßend herüberkommen“, sagt sie. Schließlich könne sie sich nicht in einen Flüchtling hineinversetzen. „Ich weiß ja nicht, wie es ihm geht“, sagt sie.
Deshalb hat sie sich regelmäßig mit einem Mitschüler getroffen, der selbst aus seiner Heimat flüchten musste und Zoë Einblicke in seine Geschichte und Gedanken gab. Als der Film dann schließlich in der Schule gezeigt wurde, sei Zoë besonders wichtig gewesen, was ihre geflüchteten Mitschüler über den Film denken. „Denen hat es gut gefallen, einige waren sogar richtig gerührt“, sagt sie.
Regisseurin und Produzentin
Aber nicht nur die Vorbereitung auf ihr Drehbuch waren intensiv während des Projekts. Auch die Dreharbeiten haben viel Zeit beansprucht. „Ich war Regisseurin und Produzentin zugleich“, sagt Zoë. Sie musste den Überblick über das, was gerade gedreht wird, behalten und nebenbei schauen, dass für nächste Drehorte alle Genehmigungen vorliegen. „Wir haben manchmal bis vier Uhr nachts gedreht und um sieben ging es weiter“, sagt sie. Es sei sehr anstrengend gewesen, doch das Drehen habe ihr auch riesigen Spaß gemacht.
Vorerst kann der Film nicht frei zugänglich im Internet angeschaut werden, ob das auch so bleibt steht noch nicht fest. Zoë möchte nächstes Jahr einen weiteren Film drehen. Worum es gehen soll, weiß sie noch nicht. „Er wird aber in jedem Fall wieder politisch werden“, sagt sie. Bis es soweit ist, möchte sie sich erst einmal weiterhin mit ihrem Film „Tagiiir“beschäftigen. „Bald wird eine Version mit englischen Untertiteln herauskommen“, sagt die 19-Jährige. Dann soll der Film auch über die deutschsprachigen Grenzen hinaus gezeigt werden.
Nächstes Jahr macht Zoë ihr Abitur. Danach steht für sie fest, dass sie Film studieren möchte. „Am liebsten Regie“, sagt sie. Wo sie ihr Studium absolvieren möchte, weiß sie noch nicht. „Mich würde es aber auch ins Ausland ziehen“, sagt sie.