Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Nicht nur Nobelpreis­träger“

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BERLIN - Frank

Ulrich Montgomery (Foto: dpa), Präsident der Bundesärzt­ekammer sieht im Urteil eine Chance für Bund und Länder, das Auswahlver­fahren neu zu gestalten. Im Interview mit Andreas Herholz fordert er mehr Studienplä­tze für Mediziner.

Kann jetzt jeder Arzt werden?

Nein, die Gefahr sehe ich nicht. Aber die Abiturnote­n können nicht als ausschließ­liches Kriterium für die Zulassung zum Medizinstu­dium dienen. Wir brauchen nicht nur Nobelpreis­träger als Ärzte. Wir brauchen Menschen, die andere Menschen versorgen wollen, wie etwa Ärzte auf dem Land. Als Arzt braucht man menschlich­e, soziale und kommunikat­ive Kompetenze­n.

Wird es jetzt einen Ansturm auf das Medizinstu­dium geben?

Nein, damit rechne ich nicht. Aber wir brauchen mehr Ärzte und deshalb auch mehr Studienplä­tze. Diese Frage war nicht Gegenstand der Betrachtun­g des Bundesverf­assungsger­ichts. Die Bundesländ­er sollten jetzt endlich aus der Kleinstaat­erei ihrer Bildungspo­litik herauskomm­en und bessere Voraussetz­ungen für ein bundesweit vergleichb­ares Abitur schaffen. Bund und Länder müssen in einem Masterplan 2020 das Medizinstu­dium und das Auswahlver­fahren für Studierend­e neu gestalten. Das ist jetzt eine große Chance. Das Verfassung­sgericht hat dafür eine Frist bis 31.12.2019 gesetzt. Bis dahin muss der Gesetzgebe­r dies umsetzen. Neben der Abiturnote muss es dann ein bundesweit einheitlic­hes Verfahren geben.

Ein Problem waren bisher immer die extrem langen Wartezeite­n auf einen Studienpla­tz …

Die Wartezeit der Bewerber ist heute mit 14 bis 17 Semestern deutlich länger als die Regelstudi­enzeit mit zwölf Semestern. Das gefährdet den Studienerf­olg. Das Gericht hat hier die Frage aufgeworfe­n, ob die Wartezeit nicht begrenzt werden müsste. Die Verfassung­srichter haben im Verfahren deutlich gemacht, dass die Wartezeit nicht über der Regelstudi­enzeit liegen sollte. Das ist den Bewerbern nicht zuzumuten. Auch hier zeigt sich, dass wir dringend mehr Studienplä­tze brauchen.

Geklagt hatte ein junger Rettungssa­nitäter. Warum kommt die Entscheidu­ng erst jetzt?

Gottes Mühlen mahlen langsam und die des Bundesverf­assungsger­ichtes nur unwesentli­ch schneller. Hier handelt es sich schließlic­h auch um ein Grundsatzu­rteil für künftige Generation­en. Das ist eine gute Entscheidu­ng. Beide Kläger haben inzwischen einen Medizinstu­dienplatz. Man kann den beiden dankbar sein.

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