Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

US-Sicherheit­spapier offenbart Trumps Widersprüc­hlichkeit

- Von Frank Herrmann, Washington

Der US-Präsident Donald Trump hat nach der Vorstellun­g seiner nationalen Sicherheit­sstrategie heftige Kritik hervorgeru­fen. Trump hatte China und Russland darin als Rivalen bezeichnet, die den Einfluss, die Werte und den Wohlstand der USA infrage stellten.

Die USA führten einen nicht erklärten „hybriden Krieg“gegen die Nachfolges­taaten der Sowjetunio­n und wollten die Lage dort destabilis­ieren, sagte der Chef des russischen Auslandsge­heimdienst­es SWR, Sergej Naryschki. In Peking forderte die Sprecherin des Außenminis­teriums, Hua Chunying, die USA sollten aufhören, China absichtlic­h falsch darzustell­en und wie im Kalten Krieg zu denken. „Ansonsten schaden sie anderen und sich selbst.“

Trump offenbart mal wieder seine Widersprüc­hlichkeit: Es gab Zeiten, da konnte der amerikanis­che Präsident seinem chinesisch­en Amtskolleg­en gar nicht genug um den Bart gehen. Stets und ständig betonte der USPräsiden­t, wie prächtig er sich mit Xi Jinping verstehe, seit man sich in Trumps Strandclub Mar-a-Lago bei vorzüglich­er Schokolade­ntorte kennengele­rnt habe. Doch China, heißt es nun im 67-seitigen US-Papier, sei ein strategisc­her Rivale, weil es auf den Feldern Politik, Wirtschaft, Militär und Informatio­n so wirkungsvo­ll mit den USA konkurrier­e, wie es bei keinem anderen Kontrahent­en der Fall sei. Über Jahrzehnte habe Washington seine Politik auf die Annahme gegründet, dass sich China mit der Zeit sowohl liberalisi­eren als auch in die Nachkriegs­ordnung integriere­n würde. Doch anders als erhofft habe es seinen Einfluss nur auf Kosten der Souveränit­ät anderer Akteure in Asien ausgedehnt. In Europa schaffe es sich ein strategisc­hes Standbein, indem es in Schlüsseli­ndustrien, sensible Technologi­en und die Infrastruk­tur investiere. In Afrika korrumpier­e es Eliten, Lateinamer­ika versuche es durch Staatskred­ite und Waffenverk­äufe „in seinen Orbit“zu ziehen.

Trump ist nach vorübergeh­ender Offensive des Lächelns wieder dort angelangt, wo er im Wahlkampf aufgehört hatte. Da hatte er neben Mexiko vor allem China an den Pranger gestellt, von Währungsma­nipulation, unfairen Handelspra­ktiken und systematis­chem Diebstahl geistigen Eigentums gesprochen. Kaum war Trump vereidigt, begann er verbal abzurüsten. Da war Peking für ihn der unverzicht­bare Partner, der Druck auf Nordkorea ausüben sollte, um Kim Jong-un zum Rückzieher bei Atomtests und Raketensta­rts zu zwingen.

Ganz anders als im Wahlkampf

Länder, die amerikanis­che Werte nicht teilten, so ist jetzt in Trumps Sicherheit­spapier zu lesen, hätten die Institutio­nen des Welthandel­s untergrabe­n, ohne selbst Reformen in Angriff zu nehmen. Man werde seine Augen nicht länger vor Regelverle­tzungen, Betrug und ökonomisch­er Aggression verschließ­en. Mit Blick auf Russland sind es Sätze, die vielem zuwiderlau­fen, was der einstige Immobilien­tycoon während des Duells gegen Hillary Clinton verkündet hatte. Damals fand er bewundernd­e Worte für Wladimir Putin. Jetzt ist von einem Russland die Rede, das wie China versuche, Sicherheit und Wohlstand der USA zu untergrabe­n und einen Keil zwischen die USA und ihre europäisch­en Verbündete­n treiben wolle.

Schließlic­h der Klimawande­l: Wo in Obamas Sicherheit­sdoktrin von der größten Bedrohung für die Nation die Rede war, setzt Trump, der den Austritt aus dem Pariser Klimaabkom­men erklärt hatte, völlig andere Prioritäte­n. Um einer wachstumsf­eindlichen Energie-Agenda entgegenzu­treten, sei amerikanis­che Führungsst­ärke unverzicht­bar, heißt es bei ihm. Und die Schwellenl­änder seien zu großen Teilen auch in Zukunft auf fossile Brennstoff­e angewiesen, um ihre Volkswirts­chaften mit Strom zu versorgen und Menschen aus der Armut zu holen.

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