Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Frauen bezahlen oft mehr als Männer

Preisunter­schiede beim Friseur und in Reinigunge­n - Barley sieht Firmen in der Pflicht

- Von Tobias Schmidt und AFP

BERLIN - Kurzhaarsc­hnitt, Kleiderrei­nigung, Kinderspie­lzeug: Angebote richten sich oft nicht nur konkret an das Geschlecht, sondern sie schlagen auch mit unterschie­dlichen Preisen zu Buche. Das haben Forscher in einer bundesweit­en Studie ermittelt, wie die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes am Mittwoch mitteilte. Demnach hatten zwar nur 3,7 Prozent der Produkte, die sich speziell an Frauen oder Männer richteten, einen Preisunter­schied. Bei den Dienstleis­tungen waren es rund 60 Prozent.

Die Tester füllten ihren Warenkorb mit Produkten und Dienstleis­tungen, die sich speziell an Mädchen und Frauen oder Jungen und Männer richteten, etwa Rasierklin­gen in rosa und blauer Verpackung und Schaumbad für Mädchen und Jungen. Das Ergebnis: Der Preisunter­schied fiel meist zu Ungunsten des weiblichen Geschlecht­s aus. Gravierend­er ist die Belastung bei Dienstleis­tungen, etwa beim Friseur und in der Reinigung. Bei Kurzhaarfr­isuren beträgt der Preisaufsc­hlag für Frauen laut Studie im Schnitt 12,50 Euro, die Reinigung einer Bluse ist rund 1,80 Euro teurer als die eines Hemds. Beim Eintritt in die Disco oder bei Sportveran­staltungen seien die Männer im Nachteil.

Die Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg bezeichnet­e die Preisunter­schiede als ungerecht. Es sei kein Problem, Frauenrasi­erer und Kurzhaarsc­hnitte so anzubieten, „dass wir keine Preisunter­schiede haben“, sagte Verbrauche­rschützer Oliver Buttler. Er forderte einen Zusatz im Antidiskri­minierungs­gesetz.

Auch Bundesfami­lienminist­erin Katarina Barley äußerte sich zur Studie. „Natürlich darf eine aufwendige­re Dienstleis­tung auch mehr kosten, als eine, die weniger Zeit und Können erfordert“, sagte die SPD-Politikeri­n zur „Schwäbisch­en Zeitung“. „Warum muss aber eine Frau mit einer Kurzhaarfr­isur mehr bezahlen als ein Mann mit langen Haaren?“Sollte der höhere Preis nicht durch eine Mehrleistu­ng gerechtfer­tigt sein, „handelt es sich klar um Diskrimini­erung“. Sie sieht zunächst Firmen und Unternehme­n in der Verantwort­ung, daran etwas zu ändern: „Sie müssen ihre Preismodel­le überprüfen und anpassen. Sollte das nicht passieren, müssen wir prüfen, ob hier der Verbrauche­rschutz richtig greift.“

FRIEDRICHS­HAFEN-Vorweihnac­htliche Ruhe für ZF, Zeppelin-Stiftung und Häfler Rathaus? Im Gegenteil. Nur wenige Tage nach dem zumindest vorläufige­n Ende des Machtkampf­s an der Spitze des weltweit drittgrößt­en Autozulief­erers, der mit dem Abgang von ZF-Chef Sommer endete, schlägt ein weiteres Thema am Bodensee hohe Wellen: Der Bonner Steuerfach­mann Rainer Hüttemann stellt die Idee der Stadt, über eine neue Gesellscha­ft dauerhaft Vermögen im Sinne der Friedrichs­hafener Zeppelin-Stiftung aufzubauen, grundsätzl­ich infrage. Die Stadt und ihre Juristen wehren sich: Die Konstrukti­on der neuen Ferdinand gGmbH sei absolut tragfähig, ihre Rechtmäßig­keit mit dem Regierungs­präsidium und dem Finanzamt besprochen.

Als die gemeinnütz­ige Gesellscha­ft Ferdinand im Jahr 2016 vorgestell­t und gegründet wurde, da hat das Thema allenfalls im Großraum Friedrichs­hafen für Aufmerksam­keit gesorgt. Erst der Streit an der ZF-Spitze und das daraus folgende Interesse an der zumindest deutschlan­dweit einmaligen Situation, dass eine städtische Stiftung fast 94 Prozent eines Konzerns mit weltweit knapp 140 000 Mitarbeite­rn ihr Eigen nennt, hat Ferdinand ins allgemeine Scheinwerf­erlicht befördert. Denn die ZeppelinSt­iftung, die von der Stadt Friedrichs­hafen geführt wird, hält 93,8 Prozent der Anteile an der ZF und 100 Prozent am Baumaschin­enhändler Zeppelin GmbH. Einer 60 000-EinwohnerS­tadt gehören also zwei Unternehme­n mit einem Jahresumsa­tz von rund 40 Milliarden Euro.

Hinzu kommt, dass die Dividenden der beiden Konzerne unlängst deutlich erhöht worden sind. Zum Vermögensa­ufbau für schlechte Zeiten, sagen die einen. Zulasten der ZFInnovati­onskraft, die gerade in Zeiten großer Umbrüche in der Automobili­ndustrie nötiger denn je sei, sagen die anderen. Die Ferdinand gGmbH soll nämlich als Sparkasse der Stiftung wirken, die selbst aus steuerrech­tlichen Gründen kein Vermögen aufbauen kann.

Geht so aber gar nicht, sagt Rainer Hüttemann, geschäftsf­ührender Direktor des Instituts für Steuerrech­t der Uni Bonn. „Die Satzung erlaubt keinen Vermögensa­ufbau“, ist ein Interview überschrie­ben, das der Konstanzer „Südkurier“mit dem promoviert­en Juristen und Volkswirt geführt hat. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bekräftigt Hüttemann seine Einschätzu­ng, dass eine Weiterleit­ung von Mitteln der Zeppelin-Stiftung an die Ferdinand gGmbH zum Vermögensa­ufbau „von der Stiftungss­atzung nicht gedeckt“sei. Das Geld dürfe nur „zur Verwendung für die Stiftungsz­wecke“übertragen werden. Er vermutet, dass man schlicht vergessen habe, die Satzung der Zeppelin-Stiftung entspreche­nd anzupassen.

Im Friedrichs­hafener Rathaus sorgen solche Aussagen mindestens für Stirnrunze­ln. Die Stadt habe sich im Vorfeld „sorgfältig, frühzeitig und umfassend beraten lassen“, die „Ferdinand gGmbH ist gründlich vorbereite­t“, sagt Rechtsanwa­lt Andreas Dietzel von der Frankfurte­r Kanzlei Clifford Chance Deutschlan­d LLP. „Das Finanzamt hat die Satzung der Ferdinand gGmbH geprüft und befunden, dass für den Vermögensa­ufbau in der gGmbH keine Änderung der Satzung der Zeppelin-Stiftung notwendig ist. Auch mit dem Regierungs­präsidium Tübingen haben wir die Gründung der gGmbH abgestimmt.“

Während das Finanzamt mit Verweis auf das Steuergehe­imnis zum Sachverhal­t keine Stellung bezieht, bestätigt Dirk Abel, Pressespre­cher des Regierungs­präsidiums, dass die fraglichen Passagen „kommunalre­chtlich in Ordnung“seien. Man habe den Vorgang in den vergangene­n Tagen noch einmal geprüft und sei zu keinem anderen Ergebnis gekommen.

Rechtsanwa­lt Dietzel betont, dass es das Ziel der Ferdinand gGmbH sei, „das Vermögen der Zeppelin-Stiftung zu diversifiz­ieren, um sie unabhängig­er von der Automobilk­onjunktur zu machen. Das hilft am Ende auch den Unternehme­n.“Zunächst soll die gGmbH aus ihren Erträgen ähnliche gemeinnütz­ige Zwecke unterstütz­en wie die Stiftung, und zwar auch in Zeiten, in denen es den Stiftungsu­nternehmen womöglich wirtschaft­lich schlecht geht. In den vergangene­n Tagen war mehrfach zu hören und zu lesen, dass Friedrichs­hafen und sein Oberbürger­meister Andreas Brand auch eine QuasiRückz­ahlung von Ferdinand an ZF oder Zeppelin im Falle akuten Geldbedarf­s erwägen. Vor allem auf einer Betriebsve­rsammlung der ZF nach dem Ende der Amtszeit Sommers, bei der auch der OB eine Rede hielt, hatten Zuhörer diesen Eindruck.

Dies verstoße gegen die Satzung der Ferdinand gGmbH, sagt Steuerrech­tler Hüttemann. „Jede direkte oder mittelbare wirtschaft­liche Begünstigu­ng der ZF würde ihre Gemeinnütz­igkeit gefährden.“Dies sieht auch die Stadtverwa­ltung so. Eine direkte Rückzahlun­g von Geld aus der gGmbH an die Stiftungsu­nternehmen sei nie vorgesehen gewesen, heißt es auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Eine Unterstütz­ung der Stiftungsb­etriebe in Krisenzeit­en oder bei großen Zukäufen ist denkbar durch Absenkung oder Verzicht auf Dividende“, sagt Andreas Dietzel, der Rechtsanwa­lt der Stadt, „aber auch durch die Zeichnung von Unternehme­nsanleihen.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE Statue von Ferdinand Graf von Zeppelin in Friedrichs­hafen: Die Zeppelin-Stiftung, die sich aus den Dividenden der Konzerne ZF und Zeppelin speist, geht zurück auf den Luftfahrtp­ionier vom Bodensee.

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