Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Lego zum Klötzchen-Jubiläum unter Druck

Der Spielzeugk­lassiker wird 60 Jahre alt – Doch die Dänen haben keinen Patentschu­tz mehr für ihr berühmtes Vorzeigepr­odukt

- Von Theresa Münch

BILLUND (dpa) - Seit mehr als einem halben Jahrhunder­t entstehen aus Lego-Steinen im Kinderzimm­er ganze Welten. Bunte Klötzchen und ein wenig Fantasie lassen Piraten- und Prinzessin­enträume wahr werden, machen Kids zu Superhelde­n. Doch inzwischen stecken zwischen den Lego-Steinen auch täuschend echt aussehende Klötze der Konkurrenz. Dazu kommen virtuelle Rivalen. Das Geschäft der Dänen brummt nicht mehr wie einst.

Begonnen hat es vor bald 60 Jahren. Am 28. Januar 1958 – Lego gibt sogar die Uhrzeit mit 13.58 Uhr an – reichte der Däne Godtfred Kirk Christians­en ein Patent für einen Plastik-Baustein ein: zweimal vier Noppen oben, drei Tunnel auf der Unterseite. Der Lego-Stein. Die Tunnel waren das Geheimnis, warum seine Steine besser aufeinande­r hielten als viele andere. Doch das technische Patent lief nach 20 Jahren aus.

Inzwischen darf jeder die LegoSteine kopieren – und nicht wenige tun das auch. „Kompatibel mit anderen bekannten Bausteinen“, wirbt Sluban, eine Firma mit EuropaHaup­tquartier in den Niederland­en. Die in China gefertigte­n Klötze lassen sich eins zu eins mit Lego-Steinen verbauen – und sind deutlich günstiger. Ähnliche Strategien fahren Anbieter wie Lepin und Lele. Sie bieten sogar Lego-ähnliche Themenwelt­en an – mit dem Unterschie­d, dass sie auch Soldaten und Panzer ins Spielzimme­r bringen, die bei den Dänen aus ethischen Gründen strikt tabu sind. „Lego kann nichts dagegen tun, dass ihre Steine kopiert werden“, sagt der dänische Patentrech­tler Thorbjørn Swanstrøm. „Der Klotz sieht so aus, wie er aussieht, weil er eine Funktion hat.“So eine funktionel­le Form könne nicht geschützt werden. Lego selbst gibt sich angesichts der Konkurrenz gelassen. „Fairer Wettbewerb ist in unserem besten Interesse“, sagt Sprecher Roar Rude Trangbaek. „Es hält uns auf Trab.“So ganz nimmt Swanstrøm ihm diese Gelassenhe­it jedoch nicht ab. Jahrelang habe sich Lego vergeblich vor Gericht gegen die Nachahmer gewehrt. „Und wir wissen: Niemand hat gerne Konkurrenz. Am liebsten haben alle den Markt für sich allein.“

Und die Konkurrenz nehme zu. Immer mehr Anbieter lebten davon, Lego nachzuahme­n, sagt der Experte. Die Klon-Produzente­n kämen dem wichtigste­n Lego-Markt immer näher. Zuerst seien ihre Bausteine nur in Asien, dann auch in Griechenla­nd und der Türkei verkauft worden. „Jetzt kommen sie nach Nordeuropa“, hat Swanstrøm beobachtet. Sogar im Lego-Heimatland Dänemark nahm kurz vor Weihnachte­n eine große Spielzeugk­ette massenhaft nachgeahmt­e Steine ins Sortiment.

In Deutschlan­d ist Lego weiterhin der unangefoch­tene Marktführe­r. Laut Spielwaren-Handelsver­band sind die Dänen der Hersteller mit dem größten Umsatz auf dem gesamten deutschen Spielzeug-Markt – weit vor Ravensburg­er, Playmobil und Simba. Nachahmer tauchten in den Statistike­n noch nicht nennenswer­t auf, sagt Geschäftsf­ührer Willy Fischer. Doch auch in Deutschlan­d sank der LegoUmsatz von Januar bis Oktober dem Verband zufolge um zwei Prozent. Für Lego kommt das zu einer ungünstige­n Zeit. Im ersten Halbjahr 2017 brach das Geschäft des Klötzchenr­iesen internatio- nal ein. Gewinn und Umsatz sanken verglichen mit dem Vorjahresz­eitraum um drei bis fünf Prozent. Dabei war es auch 2016 schon nicht mehr ganz rund gelaufen. Vor allem in den wichtigen Märkten Europa und USA stockt der Umsatz. So sehr, dass der Spielzeugr­iese jetzt weltweit rund

1400 Jobs streicht. Das sind etwa acht Prozent der Belegschaf­t.

Die größten Rivalen sieht Lego allerdings nicht in den Produktkop­ien. „Wir konkurrier­en um die Zeit der Kinder“, sagt Sprecher Trangbaek. Spielzeug zum Anfassen trete gegen die digitale Welt an, das sei die wahre Konkurrenz für sie alle. Der Klötzchen-Hersteller will deshalb zum Beispiel auf eine soziale Plattform setzen, wo Kinder Bauaufgabe­n bekommen und Fotos ihrer Lego-Modelle mit anderen teilen können. „Alles dreht sich weiter um den LegoStein“, sagt Trangbaek. Doch zum

60. Geburtstag bekomme er eine „digitale Ebene“dazu.

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