Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Brugger will Fraktionsv­ize im Bundestag werden

Verteidigu­ngsexperti­n der Grünen aus Ravensburg hat beste Chancen auf den Job

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Die drei häufigsten Antworten, die man in Berlin auf die Frage nach Agnieszka Brugger erhält, lauten: „Sie ist gut sortiert.“„Sie kennt sich aus.“„Mit ihr verhandelt man gern.“Von FDP-Politikern wie Wolfgang Kubicki bis hin zu CSULeuten wie Gerd Müller, mit denen sie bei den Jamaika-Verhandlun­gen zu tun hatte, sind alle angetan von der 32-jährigen Grünen-Politikeri­n, die mit extravagan­tem Äußeren, den roten Haaren und dem auffallend­en Piercing von konservati­ven Politikern früher vorsichtig beäugt wurde.

Seit acht Jahren sitzt Agnieszka Brugger im Bundestag, in den sie vor ihrer Hochzeit 2011 noch als Agnieszka Malczak gewählt wurde. Freundlich im Ton, überzeugt in der Sache, hat sie sich schnell einen Namen als Verteidigu­ngspolitik­erin gemacht. Die Ravensburg­erin gehört dem linken Parteiflüg­el der Grünen an und sie hält die Flügel-Diskussion auch nicht für erledigt. Im Gegenteil: Wenn die Flügel funktionie­rten und sich Visionen und Pragmatism­us vereinten, machten sie für die Partei Sinn, findet Brugger.

Wahl ist Mitte Januar

Die Grünen wollen Mitte Januar nach ihrer Fraktionsk­lausur die stellvertr­etenden Fraktionsc­hefs wählen. Agnieszka Brugger begründet ihre Entscheidu­ng zur Kandidatur damit, dass sie sich mit ihrer „Mischung aus der Erfahrung von acht Jahren parlamenta­rischer Arbeit und neuem frischen Wind“für die wichtigen Ideen eines starken und gemeinsame­n Europas und Verantwort­ung für die Menschenre­chte in den nächsten Jahren einsetzen will.

„Mehr denn je braucht es kluge Antworten für eine Politik, die Sicherheit und Frieden auf der Welt fördert, statt sie allzu oft wirtschaft­lichen Interessen unterzuord­nen. Wir wollen dem französisc­hen Präsidente­n Macron die Hand zu gemeinsame­n Investitio­nen in Europa reichen und werden uns jetzt erst recht für engagierte Entwicklun­gszusammen­arbeit, zivile Konfliktlö­sungen und fairen Handel einsetzen“, sagt Brugger. Sie will dem 64-jährigen Frithjof Schmidt nachfolgen, der ihr signalisie­rt habe, dass er sie unterstütz­e. Sie trete in große Fußstapfen des erfahrenen Außenpolit­ikers, dem sie viel zu verdanken habe, sagt Brugger. Ihr werden gute Chancen bei der Wahl eingeräumt.

Agnieszka Brugger kam 2009 als jüngste weibliche Abgeordnet­e und Studentin aus Tübingen in den Bundestag. Sie profiliert­e sich schnell als Widersache­rin von Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU). Der hat sie einmal attestiert, dass sie viel Show mache, aber wenig Substanz habe. Allzu oft würden Dinge, die im Scheinwerf­erlicht angekündig­t wurden, im Tageslicht verschlepp­t. „Es ist die mühsame Aufgabe der Opposition, das aufzuarbei­ten", sagt Brugger. Auch in der Auseinande­rsetzung um rechtsextr­eme Vorfälle in der Bundeswehr wie in Pfullendor­f warf Brugger der Ministerin vor, es habe „nicht viel mit Verantwort­ung zu tun, wenn eine Ministerin angesichts dieser gravierend­en Vorfälle die Schuld weit von sich schiebt“.

Die Auslandsei­nsätze der Bundeswehr sieht Brugger differenzi­ert. So sprach sie sich schon 2010 gegen die Mandatsver­längerung in Afghanista­n aus, und sie tat es auch jetzt. „Die Sicherheit­slage in Afghanista­n ist derzeit so düster wie lange nicht mehr“, begründete die grüne Verteidigu­ngspolitik­erin im Bundestag ihre Haltung. Sie vermisse realistisc­he Ziele für den Einsatz und eine ExitStrate­gie. Anders stimmt sie zum Beispiel beim Mali-Einsatz, den sie unterstütz­t.

Wenn sie zur stellvertr­etenden Fraktionsc­hefin gewählt wird, will Brugger eine „klare Stimme für Frieden, Menschenre­chte und globale Gerechtigk­eit sein und unsere Zusammenar­beit mit der Zivilgesel­lschaft stärken“. In die Fraktion möchte sie mehr spannende, lebhafte Zukunftsde­batten jenseits der üblichen Pfade fördern. Aber dabei alle mitnehmen und vertreten.

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FOTO: DANIEL DRESCHER Agnieszka Brugger möchte Mitte Januar Frithjof Schmidt beerben.

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