Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ein bewusst geschürter Streit

- ●» Von Gabriele Lesser politik@schwaebisc­he.de

Polen lieben Superlativ­e: Man will zu den Ersten gehören, zu den Größten und Besten. Nun steht Polen erneut ganz oben auf dem Treppchen, doch es gibt keinen Grund zum Feiern. Nicht Stolz, sondern Scham verspüren die meisten Polen. Am Mittwoch eröffnete die Europäisch­e Kommission ein Rechtsstaa­tsverfahre­n gegen ein EU-Mitglied nach Artikel 7 des EU-Vertrages. Der Tag wird in die Geschichte eingehen. Denn dies passiert zum ersten Mal, seit es die Gemeinscha­ft gibt. Ausgerechn­et Polen, dessen Bürger so große Ambitionen haben, wird nun EU-weit angeprange­rt, mit seinen Gesetzen die Rechtsstaa­tlichkeit im eigenen Lande zu gefährden. „Ein trauriger Tag“, meinte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk zur Einleitung des Verfahrens gegen sein Heimatland. Ein trauriger Tag ist es für beide Seiten – für Polen und für die EU.

Polens nationalpo­pulistisch­e Regierung lacht darüber nur. Sie steuerte bewusst auf die Konfrontat­ion zu. Anders als den EU-Politikern liegt Jaroslaw Kaczynski, dem Parteivors­itzenden der nationalpo­pulistisch­en Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS), nichts an einer Verständig­ung. Im Gegenteil: je mehr Streit, desto besser, ganz nach dem Motto: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. In Polen funktionie­rt das hervorrage­nd: Die Opposition ist zerstritte­n, die Zivilgesel­lschaft machtlos. Jetzt geht es Kaczynski darum, den Streit auch in die EU zu tragen.

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