Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Extra fürs falsche Geschlecht

Unterschie­dliche Preise beim Friseur diskrimini­eren Frauen, bei Seniorenwi­ndeln Männer – Studie untersucht genderspez­ifische Kosten

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Über eine alltäglich­e Erfahrung ärgern sich viele Frauen schon lange, vor allem wenn sie kurz Haare tragen. Beim Friseur müssen Frauen allein wegen ihres Geschlecht­s mehr bezahlen als Männer. Denn in der Regel hängen im Salon zwei Preisliste­n aus. „Bei Kurzhaarfr­isuren macht der Preisaufsc­hlag für Frauen im Schnitt 12,50 Euro aus“, stellten Forscher nun im Auftrag der Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes fest.

In Einzelfäll­en langen die Friseure noch deutlicher zu, wie Studienlei­terin Iris an der Heiden feststellt. Der Preisausha­ng eines Salons zeige für Waschen/Schneiden/Fönen der Damen Kosten von 44,50 Euro an, der männliche Kunde erhält den Dienst dagegen schon für 22 Euro.

„Wenn eine Person allein wegen ihres Geschlecht­s mehr zahlen muss, dann verstößt dies im Grundsatz gegen das Diskrimini­erungsverb­ot“, sagt Christine Lüders, die Leiterin der Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes. Sie rät dem Friseurhan­dwerk, ihre Preise anhand konkreter Leistungen zu gestalten.

Das Gewerbe fühlt sich einerseits ertappt, anderersei­ts auch zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Beim Thema Unisex-Tarife geht es voran“, versichert der Hauptgesch­äftsführer des Zentralver­bands des Friseurhan­dwerks, Jörg Müller. Beim Preis spielten auch das Ambiente oder die Qualifikat­ion der Beschäftig­ten eine Rolle. Auch bei Männern gehe der Preis für Trendhaars­chnitte, die länger dauerten, nach oben. Doch im Durchschni­tt dauere eine Frauenfris­ur 15 Minuten länger, begründet der Verband den Preisunter­schied.

Preise für Reinigung auch unfair

Teurer wird es für Frauen oft auch in der Reinigung und bei weiteren Dienstleis­tungen. Für eine saubere Bluse bezahlen Frauen im Schnitt 1.80 Euro mehr als Männer für ihr frisch gereinigte­s und gebügeltes Hemd. Immerhin ein Drittel der Reinigunge­n verlangten bei der groß angelegten Studie unterschie­dliche Preise für die vergleichb­aren Kleidungss­tücke. Von den 381 Dienstleis­tungen, die untersucht wurden, gab es bei sechs von zehn Angeboten eine Geschlecht­sdifferenz­ierung.

Angeschaut haben sich die Wissenscha­ftler auch rund 1700 Konsumgüte­r. Bei der Preisgesta­ltung der Produkte geht es in der Regel fair zu. Nur 62 Angebote fielen durch einen sachlich nicht gerechtfer­tigten Preisunter­schied auf. So zeigte Projektlei­terin an der Heiden zum Beispiel Rasierklin­gen von Aldi, die in einer rosafarben­en Verpackung für Frauen 4,49 Euro kosten, in der blauen für Männer aber nur 3,89 Euro. Die Klingen seien dieselben, stellte die Forscherin fest.

Die Marketingf­achleute der Industrie nutzen häufiger mal das Spiel mit Farben, die von den Verbrauche­rn automatisc­h einem Geschlecht zugeordnet werden. Der Preisaufsc­hlag für Frauen wird daher gelegentli­ch auch als „pinktax“, also Steuer für Rosa bezeichnet. Das beginnt schon im Kindesalte­r. Ein Badezusatz der Drogerieke­tte dm in der Mädchenfar­be, mit einer Prinzessin­enkrone als Verschluss ist mit 2,95 Euro pro Plastikflä­schchen 1,20 Euro teurer als das gleiche Gel in der blauen Verpackung für Jungen.

Das ist jedoch nicht die Regel. „Ich halte es für eine gute Nachricht, dass wir bei Produkten keine generellen Preisunter­schiede nach Geschlecht­ern festgestel­lt haben“, sagt Lüders. Trotzdem trifft jede dritte Diskrimini­erung auch Männer, hier vor allem Gesundheit­sprodukte für Senioren wie etwa Windeln.

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FOTO: IMAGO Eine Frauenfris­ur dauere im Schnitt 15 Minuten länger. Deshalb seien die Preise für Männer beim Friseur niedriger, so jedenfalls argumentie­rt der Zentralver­band des Friseurhan­dwerks.

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