Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kästner – aktueller denn je
Kästner und der kleine Dienstag (ARD, Do., 20.15 Uhr)
– „Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist.“Von Erich Kästner stammt die Mahnung, und wer diesen Film gesehen hat, der kann sie einordnen und versteht die Aktualität. Der Autor, der mit seinen Kinderbüchern Anfang der Dreißigerjahre große Erfolge feierte, war Pazifist und musste mit ansehen, wie seine Bücher von den Braunhemden verbrannt wurden. Kästner geriet ins Visier der Gestapo, verließ aber Deutschland nicht, sondern arbeitete unter falschem Namen für die Filmindustrie. Das sind bekannte biografische Daten. Was aber bei Wikipedia nicht zu finden ist, erzählt Dorothee Schön in diesem TV-Drama, in dem neben Kästner (Florian David Fitz) dessen junger Bewunderer Hans Löhr im Focus steht. Als Siebenjähriger (Nico Ramon Kleemann) liest er das Buch „Emil und die Detektive“und ist fortan ein glühender Verehrer des Schriftstellers. Als Heranwachsender (Jascha Baum) stellt er Kästner allerdings unbequeme Fragen zu der Wahrhaftigkeit des geschriebenen Wortes. Dann muss Hans in den Krieg ziehen.
Mit leisen, einfühlsamen Szenen zeigt Regisseur Wolfgang Murnberger wie der Nationalsozialismus die Gesellschaft vergiftete, „wie Dummheit zur Volksbewegung wurde“und unbeschreibliches Leid über die Menschen brachte. Hervorragende Darsteller. Unbedingt sehenswert.